BVerwG Beschluss v. - 1 WB 27/20

Tatbestand

1 Mit gerichtlichem Schreiben vom wurde Oberst i.G. ... als ehrenamtlicher Richter für die Entscheidung in dem Wehrbeschwerdeverfahren des Antragstellers wegen dessen planmäßiger Beurteilung vom herangezogen. Oberst i.G. ... hat am mitgeteilt, Heeresuniformträger befänden sich in seiner Personalführungsverantwortung als Unterabteilungsleiter ... Darüber hinaus sei ihm der Offizier im Verfahren 1 WB 27.20 aus Vorverwendungen (wenn auch nur oberflächlich) persönlich bekannt und er duze sich mit ihm. Inhaltlich sei er bisher mit dem Vorgang nicht befasst. Er bitte, von der Heranziehung abzusehen.

2 Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das ... hat bestätigt, dass weder Oberst i.G. ... noch das ihm unterstellte ... bei der Erstellung oder Prüfung der streitgegenständlichen Beurteilung beteiligt gewesen sind.

Gründe

3 Über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen ist im Antragsverfahren vor den Wehrdienstgerichten nach den gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 54 VwGO i.V.m. §§ 41 bis 49 ZPO zu entscheiden.

4 Oberst i.G. ... ist weder kraft Gesetzes von der Ausübung des Amtes als ehrenamtlicher Richter ausgeschlossen noch hat er mit seinem Schreiben vom von einem Verhältnis Anzeige gemacht, das seine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt. Einer Befreiung aus sonstigen Gründen steht der Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), der auch für die Heranziehung der ehrenamtlichen Richter gilt, entgegen.

5 Nach dem im Schreiben vom mitgeteilten Sachverhalt sind in der Person von Oberst i.G. ... keine gesetzlichen Ausschließungsgründe nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 41 ZPO, nach § 54 Abs. 2 VwGO oder nach der ebenfalls zu berücksichtigenden Vorschrift des § 77 WDO (i.V.m. § 80 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 3 WDO) gegeben. Er hat insbesondere nicht an dem dem gerichtlichen Verfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt.

6 Er hat auch keine Konstellation angezeigt, die seine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 und § 48 ZPO rechtfertigt. Hiernach findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines (ehrenamtlichen) Richters zu rechtfertigen. Dies setzt voraus, dass ein Beteiligter die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruhende, subjektiv vernünftigerweise mögliche Besorgnis haben kann, der Richter werde in seiner Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden oder habe sich in der Sache bereits festgelegt; insoweit genügt schon der "böse Schein" ( 1 WB 13.17 - juris Rn. 10 m.w.N.). Für sich allein nicht ausreichend ist, dass der (ehrenamtliche) Richter den Verfahrensbeteiligten kennt oder dass zwischen dem (ehrenamtlichen) Richter und dem Verfahrensbeteiligten dienstliche Beziehungen oder Kontakte bestanden oder bestehen; insoweit enthalten § 54 Abs. 2 VwGO und § 77 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1, Nr. 2 und 3 WDO abschließende Ausschließungsregelungen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 28.09 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 73 Rn. 10 und vom - 1 WB 35.14 - Rn. 7). Dienstliche Beziehungen zu einem Verfahrensbeteiligten können allenfalls dann eine Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn sie besonders eng sind oder sich zu einem engen persönlichen Verhältnis entwickelt haben ( 2 WD 14.13 - Rn. 4 m.w.N.). Nach den Angaben von Oberst i.G. ... besteht zwischen ihm und dem Antragsteller kein enges persönliches Verhältnis. Bedenken gegen die Unvoreingenommenheit von Oberst i.G. ... sind von den Beteiligten auch nach Kenntnis der Selbstanzeige nicht geltend gemacht worden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2021:110321B1WB27.20.0

Fundstelle(n):
XAAAH-79456