Unterbrechung der Hauptverhandlung: Sachverhandlungstermin bei Erörterung der Stellung weiterer Beweisanträge und Anordnung des Schlusses der Beweisaufnahme
Gesetze: § 229 Abs 1 StPO, § 229 Abs 4 S 1 StPO
Instanzenzug: Az: 611 KLs 12/17
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zu den erhobenen Verfahrensrügen:
1. Die vom Angeklagten M. T. erhobene Rüge einer Verletzung von § 229 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 StPO erweist sich auf der Grundlage des Revisionsvortrages jedenfalls als unbegründet.
Die Hauptverhandlung ist nicht mehr als drei Wochen - zwischen dem 5. und dem - unterbrochen gewesen, sondern am mit fristwahrender Wirkung fortgesetzt worden. Hierbei handelte es sich entgegen der Ansicht der Revision nicht nur um einen - insoweit unbeachtlichen - sogenannten „Schiebetermin“ bzw. eine Scheinverhandlung (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 254/07; vom - 3 StR 61/11).
a) Eine Hauptverhandlung gilt im Sinne des § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO als fortgesetzt und muss demgemäß nicht ausgesetzt werden, wenn in einem Fortsetzungstermin zur Sache verhandelt wird. Das ist der Fall, wenn Prozesshandlungen vorgenommen werden oder Erörterungen zu Sach- oder Verfahrensfragen stattfinden, die geeignet sind, das Verfahren inhaltlich auf den Urteilsspruch hin zu fördern und die Sache ihrem Abschluss substantiell näher zu bringen. Unter diesen Voraussetzungen ist die Dauer des Termins ebenso wenig von Belang wie die Frage, ob er noch für weitere verfahrensfördernde Handlungen hätte genutzt werden können. Gleichermaßen unschädlich ist es, wenn der Termin daneben auch der Einhaltung der Unterbrechungsfrist dient (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 61/11; vom - 5 StR 190/11).
b) Nach dieser Maßgabe hat am eine Verhandlung im Sinne des § 229 Abs. 1 StPO stattgefunden.
Dies folgt bereits aus den vom Beschwerdeführer mitgeteilten und protokollierten Vorgängen der Hauptverhandlung vom . Besonderes Gewicht kommt dabei dem Umstand zu, dass die Vorsitzende an diesem Sitzungstag den Schluss der Beweisaufnahme angeordnet hatte, § 258 Abs. 1 StPO. Der Schluss der Beweisaufnahme selbst kann als „geradezu intensivste“ Form der substanziellen Verfahrensförderung auf ein Urteil hin angesehen werden. Denn die Anordnung beinhaltet nicht nur die Feststellung eines status quo, sondern hat eigenständiges Gewicht, da zugleich unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird, dass keine Beweise mehr erhoben oder sonstige Prozesshandlungen durchgeführt werden und nunmehr die Schlussvorträge gehalten werden sollen (KK-Gmel, 8. Aufl., § 229 Rn. 6). Letzteres hatte die Strafkammer auch ersichtlich ins Auge gefasst. Der Beschwerdeführer hat insoweit mitgeteilt, der Vertreter der Staatsanwaltschaft habe nach Abschluss der Beweisaufnahme seinen Schlussvortrag halten sollen. Dass die Hauptverhandlung gleichwohl noch weiter fortgesetzt werden musste, steht der Bedeutung der Anordnung nicht entgegen.
Auch im Übrigen verhandelten die Verfahrensbeteiligten unter Leitung der Vorsitzenden zur Sache. Denn zwischen ihnen und dem Gericht wurde erörtert, ob weitere Beweisanträge gestellt werden sollen. Die Strafkammer hatte darauf hingewiesen, dass die Akte eines anderen Ermittlungsverfahrens - wie beantragt - beigezogen worden sei, der Inhalt aber nicht von Amts wegen in die Hauptverhandlung eingeführt werden solle. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft und die Verteidiger bezogen hierzu Stellung. Diese Tatsachen stellen ein Verhandeln im Sinne des § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO dar (vgl. [Mitteilung des Strafkammervorsitzenden, dass die in einem Beweisantrag benannten Zeugen für den nächsten Termin geladen werden sollen]; vom - 3 StR 262/17 [Befassung mit Verfahrensfragen]). Die relativ kurze Dauer des Termins von nur einer Viertelstunde ist dabei ohne Belang.
2. Die von den Angeklagten M. und F. T. erhobenen Rügen der Verletzung des § 52 Abs. 3 StPO bleiben ebenfalls erfolglos.
a) Ihnen liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde: Die Staatsanwaltschaft Hamburg hatte Anfang April 2015 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Brandstiftung gegen die Angeklagten T. (Grundstückspächter) und eine ihrer Töchter eingeleitet, welches am nach § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt wurde. In diesem Verfahren war der Zeuge S. (mit seiner Frau Grundstückseigentümer) am von der Polizei als Zeuge vernommen und auch über ein etwaiges Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1, Abs. 3 StPO belehrt worden. Am nahm die Staatsanwaltschaft das Verfahren wieder auf, welches sich nunmehr gegen die Angeklagten und weitere Personen, unter anderem auch den Zeugen S. und seine Ehefrau als (förmlich) Beschuldigte, richtete. Bei ihnen fand am auf richterliche Anordnung die Durchsuchung der Wohnung und der Geschäftsräume statt. Hinweise auf eine Tatbeteiligung ergaben sich aber nicht. Am stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die Zeugen mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO ein.
b) Die Eheleute S. sind in der Hauptverhandlung vom als Zeugen vernommen und nicht über ein wechselseitig bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 2., Abs. 3 StPO, sondern lediglich nach § 55 StPO belehrt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt dies einen Rechtsfehler dar, den auch der nicht mit den Zeugen im Sinne von § 52 Abs. 1 StPO verbundene und deshalb in seinem Rechtskreis nicht unmittelbar betroffene (vgl. , NStZ 1992, 195 f.; Paul, NStZ 2013, 489, 491) Angeklagte rügen kann (vgl. , BGHSt 54, 1, 6 mwN; , NStZ 2012, 221). Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil aber nicht (§ 337 Abs. 1 StPO).
Der Senat schließt aus, dass sich der Belehrungsfehler auf das Aussageverhalten der Zeugen ausgewirkt hat. Ungeachtet dessen, dass jedenfalls der Zeuge S. durch die Belehrung anlässlich der polizeilichen Vernehmung vom April 2015 sein Zeugnisverweigerungsrecht gekannt und gleichwohl umfangreiche und ausführliche Angaben gemacht hat, zeigt das Prozessverhalten beider nach § 55 StPO belehrter Zeugen in der Gesamtschau, dass sie auch bei Belehrung in der Hauptverhandlung nach § 52 Abs. 3 StPO wie geschehen ausgesagt hätten (vgl. , aaO; Urteil vom - 2 StR 233/84, NStZ 1984, 464). Zudem hat das Landgericht seine Feststellungen zu keinem Punkt maßgeblich auf deren Angaben gestützt.
Cirener
Berger
Gericke
Mosbacher
Resch
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:190121B5STR496.20.0
Fundstelle(n):
IAAAH-79208