Online-Nachricht - Mittwoch, 28.04.2021

Sozialrecht | Sozialversicherungspflicht von Bürgermeistern und Ortsvorstehern (BSG)

Bürgermeister oder Ortsvorsteher von Ortsteilen einer Stadt können der Sozialversicherungspflicht unterliegen, auch wenn sie als Ehrenbeamte auf Zeit tätig werden ( sowie B 12 R 8/20).

Streitfälle: Im Verfahren B 12 R 8/20 R war der Beigeladene Bürgermeister der klagenden Stadt, die in eine Verwaltungsgemeinschaft eingebunden war. Er war nach dem Kommunalrecht ehrenamtlich tätig und erhielt dafür eine Aufwandsentschädigung von monatlich 1200 Euro. In dem Verfahren B 12 KR 25/19 R waren die Beigeladenen als Ortsvorsteher und Ehrenbeamte auf Zeit in Ortsteilen der klagenden Stadt tätig und erhielten Aufwandsentschädigungen von monatlich zwischen 221 und 250 Euro.

Die beklagten Rentenversicherungsträger forderten von den Klägerinnen nach einer Betriebsprüfung Sozialversicherungsbeiträge beziehungsweise Pauschalbeiträge auf die Aufwandsentschädigungen nach. Hiergegen haben die Klägerinnen geltend gemacht, die Bürgermeister und Ortsvorsteher seien ehrenamtlich tätig gewesen. Eine Aufwandsentschädigung sei kein Arbeitsentgelt. Sozialversicherungsbeiträge dürften darauf nicht erhoben werden.

Hierzu führten die Richter des BSG weiter aus:

  • Bei Organen juristischer Personen des öffentlichen Rechts kommt es darauf an, inwieweit sie in ihrer Tätigkeit Weisungen unterliegen und konkret in Verwaltungsabläufe eingegliedert, zum Beispiel Dienstvorgesetzte sind.

  • Ein weiteres Kriterium ist, ob die Betroffenen eine Gegenleistung erhalten, die sich als Arbeitsentgelt und nicht als Aufwandsentschädigung für eine von ideellen Zwecken geprägte Tätigkeit darstellt. Dies ist in jedem Einzelfall zu prüfen.

  • Die Gegenleistung darf unter Berücksichtigung bestimmter Merkmale - wie Höhe, Bemessung, steuerrechtliche Ehrenamts- und kommunalrechtliche Entschädigungspauschalen - nicht evident über den Ausgleich für den tatsächlichen Aufwand des Ehrenamts hinausgehen.

  • Ortsvorsteher, die im Wesentlichen ihr Wahlamt ausüben, sind grundsätzlich nicht abhängig beschäftigt. Eine dafür gezahlte Aufwandsentschädigung ist jedenfalls dann nicht beitragspflichtig, wenn sie nicht offensichtlich eine verdeckte Vergütung ist.

  • Bürgermeister sind dagegen grundsätzlich sozialversicherungspflichtig beschäftigt, wenn sie nicht nur Vorsitzende des Stadtrats, sondern auch Spitze der Verwaltung und Dienstvorgesetzte sind und dafür eine Entschädigung erhalten, die deutlich über steuerrechtliche Ehrenamtspauschalen hinausgeht.

Quelle: BSG, Pressemitteilung v. 28.4.2021 (il)

Fundstelle(n):
PAAAH-77334