FG Baden-Württemberg v. - 1 K 937/19 EFG 2021 S. 1019 Nr. 12
Gesetze: EStG 2017 § 10 Abs. 4a, EStG 2017 § 10 Abs. 1 Nr. 2, EStG 2017 § 10 Abs. 1 Nr. 3, EStG 2017 § 10 Abs. 1 Nr. 3a, EStG 2017 § 1 Abs. 3, EStG 2017 § 1 Abs. 4, EStG 2017 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 1, EStG 2017 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 2, EStG 2017 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 3, EStG 2017 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 4, EStG 2017 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 5, EStG 2017 § 9a S. 1 Nr. 3, EStG 2017 § 32a, EStG 2017 § 10c, EStG (vor 2005) § 3 Nr. 62, EStG (vor 2005) § 10 Abs. 1 Nr. 2, EStG (vor 2005) § 10 Abs. 1 Nr. 3, EStG (vor 2005) § 10 Abs. 1 Nr. 4, EStG (vor 2005) § 10 Abs. 3 S. 1, EStG (vor 2005) § 10 Abs. 3 S. 2, GG Art. 3 Abs. 1
Berechnungsgrundlagen für das Vorliegen einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung einer Rente der Deutschen Rentenversicherung
durch Anwendung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG in der Fassung des Alterseinkünftegesetzes
Leitsatz
1. Eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung liegt vor, wenn die einem
Steuerpflichtigen voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge geringer sind als die von ihm aus versteuertem
Einkommen entrichteten Altersvorsorgeaufwendungen. Die künftig (voraussichtlich) steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge
ermitteln sich dergestalt, dass der jeweilige steuerfreie Jahresbetrag der Rente im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG mit der im Zeitpunkt des Renteneintritts gegebenen durchschnittlichen weiteren statistischen
Lebenserwartung zu multiplizieren ist, wobei die Berechnung auf der Grundlage des Nominalwertprinzips vorzunehmen ist (vgl.
).
2. Maßgebend für die Ermittlung der im Zeitpunkt des Renteneintritts gegebenen durchschnittlichen weiteren statistischen Lebenserwartung
ist die im Zeitpunkt des Renteneintritts letztverfügbare Sterbetafel (Anschluss an , EFG 2020 S. 116).
3. Der aus versteuertem Einkommen geleistete Teilbetrag der Altersvorsorgeaufwendungen ist für die Veranlagungszeiträume bis
2004 in der Weise zu ermitteln, dass die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der Sozialversicherung gleichrangig am beschränkten
Sonderausgabenabzug teilnehmen. Dasselbe gilt auch für Beiträge zu privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit sie
der Erlangung eines mit dem Niveau der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen vergleichbaren Schutzes dienen. Soweit
die Beiträge einem weitergehenden Schutz dienen, nehmen sie nur nachrangig am Sonderausgabenabzug teil. Beiträge zu kapitalbildenden
Lebensversicherungen sind im Hinblick auf den beschränkten Sonderausgabenabzug nur nachrangig zu berücksichtigen, ebenso Beiträge
zu Haftpflicht- und Unfallversicherungen (Anschluss an , EFG 2020 S.
116).
4. Bei zusammenveranlagten Ehegatten ist der gewährte (begrenzte) Sonderausgabenabzug anders als bei der Einkünfteermittlung
einheitlich zu betrachten und im Verhältnis der vorrangig zu berücksichtigenden Versicherungsbeiträge beider Ehegatten aufzuteilen
und der entsprechende Anteil am Sonderausgabenabzug den jeweiligen Rentenversicherungsbeiträgen zuzuordnen.
5. In den Veranlagungszeiträumen ab 2005 ist- soweit nicht aufgrund der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG noch die Rechtslage
bis 2004 bei der Veranlagung angewendet wurde – aufgrund der veränderten Rechtslage der aus versteuertem Einkommen geleistete
Teilbetrag der Altersvorsorgeaufwendungen in der Weise zu ermitteln, dass der prozentuale Anteil der vom Kläger geleisteten
Rentenversicherungsbeiträge an der Summe der von beiden Ehegatten geleisteten Rentenversicherungsbeiträge ermittelt wird.
Dieser prozentuale Anteil am Sonderausgabenabzug entfällt auf die Rentenversicherungsbeiträge. Die nicht durch diesen anteiligen
Sonderausgabenabzug berücksichtigten Rentenversicherungsbeiträge des Steuerpflichtigen sind die von ihm aus versteuertem Einkommen
geleisteten Teilbeträge seiner Altersvorsorgeaufwendungen (Anschluss an ,
EFG 2020 S. 116).
Fundstelle(n): DStRE 2022 S. 183 Nr. 3 EFG 2021 S. 1019 Nr. 12 EStB 2021 S. 445 Nr. 10 ErbStB 2021 S. 214 Nr. 7 RAAAH-77073
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