Vertragsärztliche Versorgung - Grenze für die Ausübung der abrechnungsfähigen fachärztlichen Tätigkeit als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin - Wirksamkeit einer nicht willkürlichen Grenzziehung zwischen minderjährigen und volljährigen Patienten in der maßgeblichen Gebietsdefinition der jeweiligen Weiterbildungsordnung (hier: Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Bayern idF vom )
Gesetze: § 106d Abs 2 S 1 SGB 5, § 2 Abs 2 S 2 ÄWeitBiO BY vom , Abschn B Nr 14 ÄWeitBiO BY vom
Instanzenzug: Az: S 20 KA 674/17 Urteilvorgehend Bayerisches Landessozialgericht Az: L 12 KA 3/19 Urteil
Gründe
1I. Die Beteiligten streiten um die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarabrechnung des Klägers für die Quartale 4/2016 bis 2/2017. Der als Krankenhausarzt tätige Kläger ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie. Er ist zur ambulanten vertragsärztlichen Behandlung epilepsiekranker Kinder ermächtigt. In den Honorarbescheiden für die streitbefangenen Quartale ließ die Beklagte - wie bereits in vorausgegangenen Quartalen - Behandlungen, die der Kläger gegenüber Erwachsenen erbracht hatte, unvergütet. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos. Einen in der Verhandlung vor dem LSG geschlossenen widerruflichen Vergleich, mit dem sich die Beklagte verpflichtet hatte, die Behandlung von Patienten zwischen dem vollendeten 18. und dem vollendeten 21. Lebensjahr zu vergüten, widerrief der Kläger.
2Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gem § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
3II. 1. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen entspricht.
4Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl - BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; - SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f; - juris) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer eine Frage formuliert, deren Beantwortung nicht von den Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern die mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (zu dieser Anforderung vgl - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10). Zudem muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt. Dem wird die Beschwerde des Klägers in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.
5Es fehlt bereits an der erforderlichen Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage. Zudem fehlt es an einer inhaltlichen Befassung mit der umfangreichen Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung der Fachgebietsgrenzen auch für die vertragsärztliche Tätigkeit (vgl zuletzt - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen, mwN) einschließlich des vertragsärztlichen Vergütungsanspruchs (vgl zB - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8) sowie mit Rechtsprechung des Senats zu den Fachgebietsgrenzen gerade des Arztes für Kinder- und Jugendmedizin (vgl - SozR 4-2500 § 73 Nr 1 RdNr 17; - SozR 4-2500 § 73 Nr 5 RdNr 25). Insbesondere befasst sich der Kläger nicht inhaltlich mit dem Beschluss des Senats vom (B 6 KA 12/15 B), in dem sich der Senat bereits eingehend mit der Frage des Vergütungsanspruchs für vertragsärztliche Leistungen befasst hat, die ein Arzt für Kinder- und Jugendmedizin gegenüber Erwachsenen erbracht hat. Die im dortigen Verfahren für die Beurteilung der Fachfremdheit maßgebende Weiterbildungsordnung der Sächsischen Landesärztekammer (vgl die Wiedergabe der vom Sächsischen LSG zugrunde gelegten Definition in dem Beschluss des Senats vom - B 6 KA 12/15 B - juris RdNr 11) stimmte bezogen auf die Definition des Fachgebietes der Kinder- und Jugendmedizin mit der hier noch maßgebenden, in Bayern ehemals geltenden Definition (vgl die Wiedergabe im Berufungsurteil vom - L 12 KA 3/19, Umdruck S 15) wörtlich überein. Auch mit der vom Kläger in den Vordergrund gestellten Frage, ob die Beschränkung von Ärzten für Kinder- und Jugendmedizin auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres unter medizinisch-fachlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist, hat sich der Senat in dieser Entscheidung unter Bezugnahme auf die Empfehlungen aus dem "Gutachten 2009 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen - Koordination und Integration - Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens" (BT-Drucks 16/13770 S 219 ff) befasst und die Auffassung vertreten, dass die Grenzziehung für die Behandlung von Patienten mit Eintritt der Volljährigkeit vielleicht im Einzelfall nicht immer zwingend, jedenfalls aber nicht willkürlich ist und dass eine entsprechende Beschränkung deshalb wirksam ist.
6Den zweifellos bestehenden Nachteilen einer auf die Vollendung des 18. Lebensjahres festgelegten starren Altersgrenze, die bereits in der Entscheidung des Senats vom angesprochen worden sind, hat die Ärztekammer Bayern im Übrigen mit der - für die Abrechnung in den hier streitbefangenen Quartalen noch nicht maßgebenden - Änderung der Weiterbildungsordnung (Bayerisches Ärzteblatt 2018, 695) mWv Rechnung getragen, indem sie die Gebietsdefinition der Kinder- und Jugendmedizin durch die Einfügung des Begriffs des Heranwachsenden erweitert hat. Der Kläger macht daher sinngemäß die weitere Klärungsbedürftigkeit bezogen auf eine (nicht einmal konkret bezeichnete) Rechtsfrage geltend, die sich künftig nicht mehr in derselben Weise stellen wird. Aus welchen Gründen gleichwohl ein Klärungsbedarf besteht, legt er nicht dar (zu den Anforderungen an die Darlegung der weiteren Klärungsbedürftigkeit bei einer auf bereits ausgelaufenes Recht bezogenen Rechtsfrage vgl - juris RdNr 6; - juris RdNr 12, jeweils mwN). Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, aus welchen Gründen die Entscheidung der Beklagten sowie des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts aus seiner Sicht unzutreffend sein sollen. Den an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu stellenden Anforderungen entspricht er damit nicht.
72. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Der Kläger hat als erfolgloser Rechtsmittelführer auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO).
83. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Dessen Höhe entspricht der sachlich-rechnerischen Richtigstellung, gegen die sich der Kläger wendet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2020:011220BB6KA1720B0
Fundstelle(n):
BAAAH-76909