OFD Frankfurt am Main - S 2230 A - 2 - St II 20

§ 13 EStG; Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Altenteilsleistungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie von Leistungen aufgrund sog. Wirtschaftsüberlassungsverträge

Die einkommensteuerrechtliche Behandlung von wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Privat- und Betriebsvermögen ist durch die (BStBl 1996 I S. 1508) und vom (BStBl 1998 I S. 1417) umfassend geregelt. Auf folgende besonders oft bei der Gewährung von Altenteilsleistungen in der Land- und Forstwirtschaft vorkommende Sachverhalte wird hingewiesen:

1 Nutzungswert der Wohnung

1.1

Altenteilsleistungen bei Nutzungswertbesteuerung

Bei den Altenteilsberechtigten sind die Altenteilsleistungen sonstige Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG. Der als Einnahme anzusetzende Wert für die Wohnungsüberlassung an den Altenteilsberechtigten ist in gleicher Höhe anzusetzen, wie er beim Altenteilsverpflichteten als Sonderausgabe abziehbar bzw. als Einkünfte zu versteuern ist (vgl. BStBl 1996 II S. 157 und a.a.O., Tz. 35.

1.2

Altenteilsleistungen nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung

Wird eine Wohnung aufgrund eines Altenteilsvertrages überlassen, ist der Nutzungswert der Wohnung, wenn § 13 Abs. 2 Nr. 2 und § 13a Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 7 EStG a.F. nicht mehr angewendet werden, weder beim Altenteilsverpflichteten als dauernde Last i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG noch beim Altenteiler als wiederkehrende Bezüge i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu erfassen. Dies ergibt sich aus der Abschaffung der Besteuerung des Nutzungswerts der eigengenutzten Wohnung. Hingegen sind beim Altenteilsverpflichteten solche mit der Wohnungsüberlassung verbundenen Aufwendungen als dauernde Last abzugsfähig, die dem Altenteiler als wiederkehrende Sachleistungen zufließen ( BStBl 1995 II S. 836). Zu erfassen sind demnach insbesondere Aufwendungen für Strom, Heizung, Wasser und Schönheitsreparaturen; nicht anzusetzen sind hingegen Absetzungen für. Abnutzung, Zinsen und anteilige – vor allem öffentliche – Lasten des Grundstücks, die vom Übernehmer als Eigentümer geschuldet werden. Gleiches gilt, wenn der Nutzungswert dem Übergeber zuzurechnen ist ( a.a.O., Tz. 34).

Fällt aufgrund eines unwiderruflich gestellten Antrags die Nutzungswertbesteuerung weg, so kann der Altenteilsverpflichtete den bei ihm für die Altenteilerwohnung bis zu diesem Zeitpunkt anzusetzenden Nutzungswert in vollem Umfang im Kalenderjahr, für das § 13 Abs. 2 Nr. 2 und § 13 a Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 7 EStG letztmals angewandt werden, als Sonderausgaben abziehen, obwohl er gemäß § 4 a Abs. 2 Nr. 1 EStG einen Teilbetrag des Nutzungswerts erst im darauffolgenden Kalenderjahr zu versteuern hat.

Beispiel:

Der Stpfl., der den Gewinn nach Durchschnittssätzen ermittelt, verzichtet ab dem Veranlagungszeitraum 1989 auf die Besteuerung des Nutzungswerts der Altenteilerwohnung. Der im EW-Bescheid enthaltene Wohnungswert beträgt 50,400 DM. Auf die Altenteilerwohnung entfallen 25.200 DM.

Lösung:


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Nutzungswert der Altenteilerwohnung
für das Wirtschaftsjahr 1987/1988:
25.200. DM : 18 = 1.400 DM
auf das Kalenderjahr 1988 entfallen
(§ 4 a Abs. 2 Nr. 1 EStG): 1.400 DM : 2 =
700 DM
Nutzungswert der Altenteilerwohnung für die
Zeit vom bis
(EW-Anteil zeitanteilig) 25.200 DM : 2: 18 = 700 DM
auf das Kalenderjahr 1988 entfallen
(§ 4 a Abs. 2 Nr. 1 EStG): 700 DM : 2 =
350 DM
Auf das Kalenderjahr 1988 entfallender
Nutzungswert der Altenteilerwohnung (Anteile
aus den Wirtschaftsjahren 1987/1988 und 1988/1989:
1.050 DM
Auf das Kalenderjahr 1989 entfallender Nutzungs-
wert der Altenteilerwohnung:
350 DM

Zwar wird im Kalenderjahr 1988 bei den Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft der Nutzungswert der Altenteilerwohnung nur mit 1.050 DM berücksichtigt, dennoch können 1.400 DM als dauernde Last abgezogen werden, da sich die Sonderausgaben nicht auf das Wirtschaftsjahr, sondern auf den Veranlagungszeitraum beziehen. Für das Kalenderjahr 1989 kann der Stpfl. insoweit keine dauernde Last mehr geltend machen.

1.3

Instandhaltungsaufwendungen für die Altenteilerwohnung

Nach dem (BStBl 2000 II S. 21) fallen unter ”Versorgungsleistungen” solche Zuwendungen zur Existenzsicherung, durch welche die Grundbedürfnisse des Berechtigten wie Wohnen, Ernährung und sonstiger Lebensbedarf abgedeckt werden. Dazu gehören auch Aufwendungen für die Instandhaltung der vom Übergeber zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung in dem bei Übergäbe vertragsgemäßen Zustand. Maßstab der Erhaltungspflicht ist der geschuldete vertragsgemäße Gebrauch, der im Regelfall durch den baulichen Zustand der Altenteilerwohnung im Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung konkretisiert wird.

Aufwendungen des Übernehmers auf das Gebäude sind nicht zuletzt wegen des offenkundigen Interesses des Eigentümers an Modernisierungsmaßnahmen als dauernde Last nur abziehbar, wenn sich der Übernehmer hierzu im Übergabevertrag klar und eindeutig gegenüber dem Übergeber verpflichtet hat. Diese Verpflichtung kann sich

  1. aus der Rechtsnatur des Altenteilsvertrages

    oder

  2. aufgrund ausdrücklicher vertraglicher Regelung ergeben.

Dabei kann aus der vertraglichen Formulierung ”die Wohnung innen und außen instand zu halten” nicht geschlossen werden, dass damit nicht nur die der Erhaltung des bei Übergabe vertragsgemäßen Zustandes dienenden Instandhaltungsaufwendungen dem Übernehmer obliegen, sondern dieser gegenüber dem Berechtigten auch zur Übernahme außergewöhnlicher Verbesserungen verpflichtet sein soll, a.a.O. Erhaltungsaufwand im Sinne der vorgenannten Regelungen meint wörtlich Wartung, Pflege, Ausbesserung, Maßnahmen zur Verhinderung oder Beseitigung von Schäden und zum Schutz vor natürlicher Abnutzung und Alterung sowie Vornahme von Schönheitsreparaturen ( a.a.O., BFH/NV 2000 S. 1089) und darf nicht mit dem steuerlichen Begriff des Erhaltungsaufwands gleichgesetzt werden, nämlich Aufwendungen für die Erneuerung von bereits vorhandenen Teilen (R 157 Abs. 1 EStR ).

Zu a)

Nach § 9 Abs. 1 AGBGB Hessen ergibt sich die Übernahme außergewöhnlicher Instandhaltungsaufwendungen nicht bereits aus der Rechtsnatur des Altenteilsvertrags, da – wenn nach dem Übergabevertrag auch Wohnung zu gewähren ist – der Verpflichtete dem Berechtigten die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Dauer in diesem Zustand zu erhalten hat. Zur Übernahme größerer Reparaturen am Gebäude ist der Übernehmer jedoch nicht verpflichtet.

Zu b)

Vom dispositiven Zivilrecht abweichende vertragliche Vereinbarungen sind steuerrechtlich anzuerkennen, soweit der Rechtscharakter der geschuldeten Leistungen als Versorgungsleistung gewahrt bleibt. Stets muss die auf dieser Rechtsgrundlage erbrachte Leistung das Versorgungsbedürfnis des Berechtigten berühren. Zudem muss sich der Übernehmer im Übergabevertrag dem Übergeber gegenüber klar und eindeutig verpflichtet haben. Einer Abziehbarkeit als Sonderausgabe steht nicht entgegen, wenn eine vertraglich geschuldete und zur Erhaltung erforderliche Maßnahme zugleich eine zeitgemäße Modernisierung bewirkt. Entscheidend ist allein, dass die Maßnahme auch insoweit ihrer Art nach lediglich zur Erfüllung des Übergabevertrags durchgeführt wird, vgl. BFH/NV 2000 S. 1089.

2 Unbare Altenteilsleistungen

2.1

Wertermittlung

Die unbaren Altenteilsleistungen sind grundsätzlich im Einzelnen nachzuweisen. Wird ein Einzelnachweis nicht geführt, ist es nicht zu beanstanden, wenn für Verpflegung und für Heizung und Beleuchtung die Werte angesetzt werden, die sich für den Veranlagungszeitraum aus der jeweils geltenden Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung (SachBezV) ergeben (vgl. BFH-Urteile vom 23.05. und , BStBl 1989 II S. 784 und S. 786). Diese Werte erhöhen sich bei einem Altenteilerehepaar um 80 v.H.

Die nach der SachBezV ermittelten Beträge für Verpflegung sind allerdings nicht anwendbar, wenn anstatt voller Verpflegung nur bestimmte Naturalien zur Verfügung gestellt werden.

Werden für die Beköstigung der Altenteiler aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auch selbstgewonnene Erzeugnisse verwandt, ist, soweit der Gewinn nicht nach Durchschnittssätzen ermittelt wird, der Eigenverbrauch entsprechend den in der Landw.-Kartei Fach 11 Karte 5 genannten Beträgen bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen.

2.2

Leistungen für Hege und Pflege

Auch wenn der Übergabevertrag den Passus ”Hege und Pflege” beinhaltet, so stellt dies nur eine Umschreibung von Dienstleistungen dar, die grundsätzlich keine dauernden Lasten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind, da sie keine unmittelbaren Aufwendungen beinhalten. Vertraglich vereinbarte persönliche Arbeitsleistungen des Altenteilsverpflichteten für den Berechtigten (Pflegetätigkeit o.a.) können nicht als dauernde Lasten berücksichtigt werden. Aufwendungen für das Begräbnis der Altenteiler, den Grabstein und Grabpflegekosten sind ebenfalls nicht als Sonderausgaben abzugsfähig ( BStBl 1985 II S. 43, und BStBl 1968 II S. 259).

Eine im Rahmen der Vermögensübergabe übernommene Pflegeverpflichtung kann aber dann als dauernde Last berücksichtigt werden, wenn in Erfüllung dieser Verpflichtung Aufwendungen entstanden sind ( BStBl 1997 II S. 47). Eine dauernde Last ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Verpflichtete die Pflege durch Dritte verrichten lässt und hierfür Aufwendungen trägt ( BStBl 1992 II S. 552).

Beinhalten die geltend gemachten Sonderausgaben des Verpflichteten auch Aufwendungen für Hege und Pflege des Altenteilers und enthält der Übergabevertrag keinen Pflegepassus, stellen die Aufwendungen keine dauernden Lasten dar. Entsprechendes gilt, wenn der Hofübernehmer die Kosten für die Unterbringung in einem Pflegeheim trägt, der Übergabevertrag aber nur die Pflege im häuslichen Bereich vorsieht.

2.3

Änderung der vereinbarten Leistungen

Da es nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen über Verträge zwischen nahen Angehörigen den Vertragspartnern nicht frei steht, ob und in welchem Umfang sie ihren Vertragspflichten nachkommen wollen, müssen die Leistungen grundsätzlich wie vereinbart erbracht werden. Andererseits liegt es in der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages begründet, dass die Vertragspartner z.B. auf veränderte Bedarfslagen angemessen reagieren. Eine Schwankung der Höhe nach muss aber, soll sie steuerlich anerkannt werden, durch i.d.R. nachweisbare Umstände veranlasst sein, die nach Maßgabe des Vertragstextes oder nach der Rechtsnatur des Vertrags rechtserheblich sind. Diese Umstände müssen eine grundsätzlich langfristig veränderte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und/oder eine andere Bedarfslage des Berechtigten anzeigen. Unter diesen Umständen können auch solche neu vereinbarten Versorgungsleistungen als dauernde Last zu berücksichtigen sein, deren Wert den Wert der ursprünglich geschuldeten Leistungen übersteigt ( a.a.O.).

Änderungen des Rechtsverhältnisses können nur für die Zukunft getroffen werden; rückwirkende Vereinbarungen sind steuerlich nicht anzuerkennen ( BFH/NV 1994 S. 704).

3. Versorgungsleistungen auf Grund sog. Wirtschaftsüberlassungsverträge

Überlassen die Eltern einem Kind den Betrieb lediglich zur Nutzung, liegt aber kein steuerlich beachtlicher Pachtvertrag, sondern ein Betriebsüberlassungsvertrag im Sinne des (BStBl 1976 II S. 335) vor, sind die. altenteilsähnlichen Zuwendungen des Kindes an die Eltern nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen. Sie stellen Sonderausgaben dar, wenn der Wert des überlassenen Betriebsvermögens nicht weniger als die Hälfte des Werts der Zuwendungen beträgt ( BStBl 1993 II S. 546).
Das unter Tzn. 1 und 2 Gesagte gilt entsprechend.

4. Kontrollmitteilungen

Im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarte Versorgungsleistungen (bei einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag alle vertragsgemäß übernommenen Leistungen, vgl. BStBl 1993 II S. 546 und 548) sind vom Berechtigten als Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen nach § 22 Nr. 1 EStG zu versteuern, soweit der Verpflichtete zum Abzug der Leistungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (Leibrente oder dauernde Last) berechtigt ist (sog. Korrespondenzprinzip;  BStBl 1996 II S. 157). Für die Steuerakten des Empfängers sind deshalb regelmäßig Kontrollmitteilungen über die beim Verpflichteten als Sonderausgaben anerkannten Leistungen zu fertigen.

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