Verfahrensrecht | Bindungswirkung eines Ablehnungsbescheids (BFH)
Wird vor Ablauf der Klagefrist ein Änderungsantrag gem. § 172 Abs. 1 Satz 3 AO gestellt, der eine den Anspruch auf Kindergeld ablehnende Einspruchsentscheidung betrifft, und wird die Angelegenheit nach der Ablehnung dieses Antrags im darauf folgenden Einspruchsverfahren erneut sachlich geprüft, umfasst die Bindungswirkung der ablehnenden Entscheidung auch die Monate bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung über den Änderungsantrag (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i. S. der §§ 8 und 8a SGB IV sind insoweit unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).
Sachverhalt: Streitig ist der Kindergeldanspruch von September 2015 bis Juni 2018. Der Kläger ist Vater eines im Dezember 1993 geborenen Sohnes, der vom bis zunächst erfolgreich eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei einer GmbH absolvierte. Anschließend wurde er vom Ausbildungsbetrieb in Vollzeit übernommen. Nach der Beendigung der Berufsausbildung hatte der Sohn durchgehend eine Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeübt. Ab September 2015 besuchte er zudem in Teilzeit eine Fachschule, um den Abschluss eines staatlich geprüften Technikers zu erwerben.
Den Antrag des Klägers vom auf Gewährung von Kindergeld für seinen Sohn ab September 2015 lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch vom wies die Familienkasse am als unbegründet zurück.
Am beantragte der Kläger, den Bescheid vom und die Einspruchsentscheidung vom nach § 172 AO zu ändern und machte geltend, er sei im Einspruchsverfahren nicht ausreichend gehört worden. Die Familienkasse behandelte das Schreiben als Antrag auf schlichte Änderung und lehnte diesen am ab, da sich der Sachverhalt nicht geändert habe. Hiergegen legte der nunmehr anwaltlich vertretene Kläger am Einspruch ein, welchen die Familienkasse am mangels des erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Erstausbildung und der weiterführenden Ausbildung als unbegründet zurückwies.
Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab ().
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger im Streitzeitraum kein Kindergeldanspruch zusteht. Der Sohn erfüllt zwar grundsätzlich die Voraussetzungen eines kindergeldrechtlichen Berücksichtigungstatbestandes, der Kindergeldanspruch ist allerdings durch § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ausgeschlossen.
Die formellen Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a, Sätze 2 und 3 AO liegen vor, insbesondere ist der Änderungsantrag am , mithin innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 47 FGO bei der Familienkasse eingegangen. Die Frist begann gem. § 122 AO frühestens - die Aufgabe der Einspruchsentscheidung zur Post noch am Montag, den unterstellt - am zu laufen.
Hierdurch konnte der Kläger auch den Kindergeldanspruch bis zum Monat der abschließenden Entscheidung über den Änderungsantrag (Einspruchsentscheidung v. ) zum Verfahrensgegenstand machen, da diese die abschließende Verwaltungsentscheidung darstellt.
Wird ein Antrag auf Kindergeld bestandskräftig abgelehnt, beschränkt sich die Bindungswirkung eines solchen Bescheides auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe (, Rz. 10).
Die im September 2015 aufgenommene Fachschulausbildung erfüllt zwar ohne weiteres die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Da der Sohn nach Abschluss der Berufsausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik parallel zum Besuch der Fachschule einer Vollzeitberufstätigkeit nachgegangen ist, entfällt jedoch die kindergeldrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG).
Das FG hat den Sachverhalt in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend gewürdigt, dass es an einer Ausbildungseinheit zwischen der Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik und der nachfolgenden Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker an der Fachschule fehlt.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
NAAAH-72388