Gerichtsstandsbestimmung: Internationale und örtliche Zuständigkeit in Verbrauchersachen bei Ansprüchen aus einem Gesellschaftsvertrag einer Kapitalanlagegesellschaft; Bestimmung mehrerer Gerichtsstände nach erfolgter Klageerhebung gegen mehrere Beklagte
Leitsatz
1. Eine Verbrauchersache im Sinne des Art. 17 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO und des Art. 15 Abs. 1 Lugano-Übk II kann auch dann vorliegen, wenn Ansprüche aus einem Gesellschaftsvertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden.
2. Die Zuständigkeit für Verbrauchersachen ist in Art. 15 bis Art. 17 Lugano-Übk II abschließend geregelt. Diese Regelung steht einer abweichenden Gerichtsstandsbestimmung nach Art. 6 Nr. 1 Lugano-Übk II oder § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entgegen.
3. Wenn die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für alle Beklagten gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht möglich ist, kann eine Bestimmung für einzelne Beklagte erfolgen.
4. Wenn nach bereits erfolgter Klageerhebung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein gemeinsamer Gerichtsstand bei einem anderen Gericht bestimmt wird, geht die Rechtshängigkeit grundsätzlich ohne weiteres auf dieses Gericht über. Werden mehrere Gerichtsstände bestimmt, obliegt die Entscheidung darüber, ob der Rechtsstreit gegen die einzelnen Beklagten vor zwei unterschiedlichen Gerichten weitergeführt werden soll, jedoch dem Kläger.
Gesetze: Art 6 Nr 1 VollstrZustÜbk 2007, Art 15 Abs 1 VollstrZustÜbk 2007, Art 16 VollstrZustÜbk 2007, Art 17 VollstrZustÜbk 2007, Art 8 Nr 1 EUV 1215/2012, Art 17 Abs 1 EUV 1215/2012, § 36 Abs 1 Nr 3 ZPO
Instanzenzug: Bayerisches Oberstes Landesgericht Az: 1 AR 88/19
Gründe
1I. Der Kläger nimmt die Beklagten vor dem Landgericht München I im Zusammenhang mit zwei Fondsbeteiligungen in Anspruch.
2Der Kläger ist seit den Jahren 2010 und 2011 mittelbar als Mehrheitskommanditist an zwei Fondsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG (nachfolgend: Fonds) beteiligt. Die Fonds und ihre Komplementärin, die Beklagte zu 1, haben ihren Sitz im Bezirk des Landgerichts München I. Geschäftsführende Kommanditistin beider Fonds ist die Beklagte zu 2, die ihren Sitz wie ihr Geschäftsführer, der Beklagte zu 5, in der Schweiz hat. Die Anteile des Klägers hält die ebenfalls in der Schweiz ansässige Beklagte zu 3 als Treuhandkommanditistin. Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 war bis August 2014 die Beklagte zu 7, die ihren Wohnsitz in Luxemburg hat. Seit Juli 2015 hat der in Berlin wohnhafte Beklagte zu 8 diese Funktion inne.
3Der Kläger wirft den Beklagten unter anderem vor, im Jahr 2013 unter Vortäuschung eines tatsächlich nicht bestehenden gesetzlichen Erfordernisses und ohne Gesellschafterbeschluss die Beklagte zu 4 als Verwahrstelle für das Vermögen der Fonds eingesetzt und durch Zahlung einer hohen, nicht marktüblichen Vergütung erhebliche Kosten zu Lasten der Fonds verursacht zu haben. Der Beklagten zu 4 habe zudem die notwendige Zulassung als Verwahrstelle gefehlt. Die Zahlungen seien dem Beklagten zu 5 und dessen Bruder, dem Beklagten zu 6, zugutegekommen. Letzterer war Geschäftsführer der Beklagten zu 4 und ist wie diese im Bezirk des Landgerichts Düsseldorf ansässig.
4Die Klage umfasst sinngemäß folgende Anträge:
1. Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 und 2 und zu 4 bis 8 im Wege der actio pro socio gesamtschuldnerisch auf Rückzahlung der an die Beklagte zu 4 geleisteten Beträge in Anspruch. Die Zahlung soll an die Fonds erfolgen.
2. Ebenfalls im Wege der actio pro socio begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagten zu 1 und 2 verpflichtet sind, unverzüglich die Auskehr der Beträge an die Anleger zu veranlassen.
3. Hilfsweise fordert der Kläger Zahlung von Schadensersatz an sich selbst.
4. Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 bis 3 ferner gesamtschuldnerisch auf Auskunft zu den weiteren Gesellschaftern der Fonds in Anspruch.
5. Daneben begehrt der Kläger von den Beklagten zu 1 bis 6 im Wege der Stufenklage Auskunft über etwaige Kick-back-Zahlungen seitens der luxemburgischen Private Equity-Gruppe, an deren Fonds die Fonds beteiligt sind, sowie die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben und
6. Zahlung der vereinnahmten Beträge an die Fonds.
7. Auch insoweit begehrt der Kläger ergänzend die Feststellung, dass die Beklagten zu 1 und 2 verpflichtet sind, unverzüglich die Auskehr der Beträge an die Anleger zu veranlassen.
8. Schließlich begehrt der Kläger die Feststellung, dass den Beklagten gegenüber den Fonds keine gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Ansprüche auf Freistellung von Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit zustehen.
5Nachdem die Beklagten zu 2 bis 8 die fehlende Zuständigkeit gerügt haben und das Landgericht München I darauf hingewiesen hat, dass es nicht für alle Klageansprüche zuständig sei, hat der Kläger das Bayerische Oberste Landesgericht um die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands ersucht. Dieses hat sich an der Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm gehindert gesehen und die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
6II. Die Vorlage ist gemäß § 36 Abs. 3 ZPO zulässig.
71. Das vorlegende Gericht (, juris) hält die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für möglich, weil es den Rechtsstreit auch hinsichtlich der Beklagten zu 2 und 3 nicht als Verbrauchersache im Sinne von Art. 17 Brüssel-Ia-VO und Art. 15 des Lugano-Übk II ansieht. Diese Auffassung steht in Widerspruch zu einer Entscheidung des , juris Rn. 28). Dass diese Entscheidung eine Gerichtsstandsbestimmung nicht zum Gegenstand hat, ist im Rahmen des § 36 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht von Bedeutung.
82. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom - X ARZ 317/19, NZG 2019, 1113 Rn. 7) steht der Vorlage auch nicht der Umstand entgegen, dass die Divergenz eine Rechtsfrage betrifft, auf deren Beantwortung es schon für die Zulässigkeit der Vorlage ankommt.
9III. Auch die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.
101. Eine Gerichtsstandsbestimmung ist - wie hier - noch nach Klageerhebung möglich (, NJW-RR 2019, 238 Rn. 10).
112. Die Beklagten, die ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten haben, werden als Streitgenossen (§§ 59, 60 ZPO) im allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten zu 1 verklagt.
12Für die Anwendung des § 60 ZPO genügt es, wenn die geltend gemachten Ansprüche in einem inneren Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt (, NJW-RR 2014, 248 Rn. 9; Beschluss vom - X ARZ 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 12).
13Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.
14Allen Klageforderungen liegt der Vorwurf einer Schädigung des Vermögens der Fonds und einer daraus resultierenden Beeinträchtigung des Wertes der Kommanditbeteiligungen des Klägers zugrunde, wenngleich durch im Einzelnen unterschiedliche Maßnahmen der Beklagten. Die Einheitlichkeit dieses Lebenssachverhalts wird nicht dadurch aufgehoben, dass sich die Pflichten, deren Verletzung der Kläger geltend macht, teilweise unterscheiden. Nach der Rechtsprechung des Senats (, NJW-RR 2011, 1137 Rn. 18) ist ferner unerheblich, dass die Klage auf verschiedene vertragliche und gesetzliche Anspruchsgrundlagen gestützt wird.
153. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist auch dann anzuwenden, wenn für einen im Ausland ansässigen Beklagten im Inland nur ein besonderer Gerichtsstand begründet ist (, NJW-RR 2013, 1399 Rn. 10, 16), wie dies im Streitfall hinsichtlich der Beklagten zu 2, 3, 5 und 7 zutrifft.
164. Der Umstand, dass der Kläger zugleich geltend macht, im Bezirk des Landgerichts München I bestehe ein gemeinsamer deliktischer oder vertraglicher Gerichtsstand, steht der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen.
17Eine Gerichtsstandsbestimmung nach dieser Vorschrift kann schon dann erfolgen, wenn das angerufene Gericht seine Zuständigkeit verneinen möchte (, NJW 2018, 2200 Rn. 15; Beschluss vom - X ARZ 317/19, NZG 2019, 1113 Rn. 10). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.
18IV. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts steht Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Lugano-Übk II der Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für alle Beklagten im Streitfall entgegen.
191. Zu Recht ist das vorlegende Gericht davon ausgegangen, dass die Bestimmung eines abweichenden Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und die Bejahung eines abweichenden Gerichtsstands nach Art. 6 Nr. 1 Lugano-Übk II ausgeschlossen sind, wenn die Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Lugano-Übk II erfüllt sind.
20a) Die Zuständigkeit für Verbrauchersachen ist in Art. 15 bis Art. 17 Lugano-Übk II abschließend geregelt.
21Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zu den in Kapitel II Abschnitt 5 der Brüssel-I-Verordnung enthaltenen Regelungen über die Zuständigkeit für Klagen aus individuellen Arbeitsverträgen entschieden, dass diese abschließenden Charakter haben und einen Rückgriff auf Art. 6 Nr. 1 der Verordnung verbieten. Er hat dies auf Art. 18 Abs. 1 Brüssel-I-VO gestützt, nach dem lediglich die Regelungen in Art. 4 und Art. 5 Nr. 5 der Verordnung unberührt bleiben (, NJW-RR 2008, 1658 Rn. 17 ff. - Glaxosmithkline u.a./Rouard). Eine entsprechende Regelung enthält Art. 17 Abs. 1 der Brüssel-Ia-VO, die auch insoweit mit dem Inhalt des Lugano-II-Übereinkommens übereinstimmt.
22b) Diese abschließende Regelung steht - anders als die Bestimmung einer ausschließlichen Zuständigkeit im nationalen Prozessrecht (dazu , NZG 2008, 553 Rn. 20; Beschluss vom - X ARZ 423/06, NJW 2007, 1365 Rn. 14) - auch einer abweichenden Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entgegen. Anderenfalls würde der durch den europäischen Gesetzgeber im internationalen Zuständigkeitsrecht getroffene Interessenausgleich beeinträchtigt (, NJW-RR 2013, 1399 Rn. 18).
232. Für die gegen die Beklagten zu 2 und 3 gerichtete Klage ist gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Lugano-Übk II eine Zuständigkeit in Augsburg begründet, die nach den aufgezeigten Grundsätzen der Bestimmung eines anderen Gerichts entgegensteht.
24a) Der Kläger hat die Vereinbarungen über seine Beteiligung an den beiden Fonds zu einem Zweck geschlossen, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
25aa) Maßgebend für die Frage, ob eine Person als Verbraucher im vorgenannten Sinne gehandelt hat, ist die Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrags verbunden mit dessen Natur und Zielsetzung (, NJW 2018, 1003 Rn. 29 - Schrems/Facebook). Die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen ist auf Verträge beschränkt, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen allein zu dem Zweck schließt, ihren Eigenbedarf beim privaten Verbrauch zu decken (, NJW 2018, 1003 Rn. 30 - Schrems/Facebook). Der Verbraucherbegriff hängt dabei nicht von den Kenntnissen und Informationen der Person ab (, NJW 2018, 1003 Rn. 39 - Schrems/Facebook).
26Dementsprechend hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits entschieden, dass der Beitritt eines Verbrauchers zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft als Verbrauchergeschäft anzusehen ist, wenn der Zweck des Beitritts vorrangig nicht darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen ( Rn. 39 - Friz/von der Heyden). Bei einer privaten Vermögensanlage ist unerheblich, woher das Geld stammt und wie hoch die Anlage ist (, juris Rn. 53 f. - AU/Reliantco Investments; , juris Rn. 18 f.).
27bb) Der Beitritt des Klägers zu den beiden Fonds ist danach, wie auch das vorlegende Gericht im Ansatz nicht verkannt hat, als Verbrauchergeschäft anzusehen.
28Der Beitritt ist nach dem maßgeblichen Sach- und Streitstand zum Zwecke der Vermögensanlage erfolgt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zu einem Zweck gehandelt hat, der zumindest teilweise seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen ist, liegen nicht vor.
29Dass der Kläger an beiden Fonds mehrheitlich beteiligt ist und erhebliches Vermögen in diese investiert hat, ist für sich betrachtet nicht erheblich. Eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit könnte vielmehr nur dann angenommen werden, wenn der Erwerb der weitaus überwiegenden Anteilsmehrheit einer unternehmerischen Tätigkeit diente. Konkrete Anhaltspunkte dafür lassen sich dem Parteivorbringen nicht entnehmen. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Verwaltung der Beteiligungen aufgrund ihres Umfangs eine kaufmännische Organisation erfordert.
30b) Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts bilden Ansprüche aus diesen Vereinbarungen die Grundlage für die gegen die Beklagten zu 2 und 3 gerichteten Klageanträge.
31aa) Die Beklagte zu 2 als geschäftsführende und die Beklagte zu 3 als Treuhandkommanditistin sind Parteien der Gesellschaftsverträge, an denen sich der Kläger durch den Beitritt zu den beiden Fonds beteiligt hat. Der Kläger ist an den Gesellschaften zwar nur mittelbar über das Treuhandverhältnis mit der Beklagten zu 3 beteiligt. Diese beiden Vertragsverhältnisse sind im Zusammenhang mit Art. 15 Abs. 1 Lugano-Übk II aber als Einheit zu betrachten.
32Die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Lugano-Übk II setzt grundsätzlich voraus, dass die Parteien des Rechtsstreits selbst Vertragspartner sind (, NJW 2018, 1003 Rn. 45 - Schrems/Facebook; Urteil vom - C-215/18, NJW-RR 2020, 552 Rn. 61-65 - Králová/Primera Air Scandinavia). Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn die Parteien durch zwei formal selbständige Vertragsverhältnisse miteinander verbunden sind, die aufgrund ihres Inhalts untrennbar miteinander verbunden sind (, NJW 2014, 530 Rn. 29 - Maletic/lastminute.com).
33Die zuletzt genannte Voraussetzung liegt im Streitfall vor.
34Die Gesellschaftsverträge der beiden Fonds stellen die Treugeber einem Direktkommanditisten gleich. Der Treuhandvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3 und der Gesellschaftsvertrag bilden damit eine untrennbare Einheit. Eine solche Vertragskonstruktion vermittelt dem Treugeber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters, einschließlich der damit verbundenen Rechte und Pflichten (, BGHZ 217, 237 = BKR 2018, 340 Rn. 18 f.; Urteil vom - II ZR 243/16, juris Rn. 15 bis 18; Urteil vom - II ZR 103/17, juris Rn. 17).
35bb) Alle gegen die Beklagten zu 2 und 3 gerichteten Klageanträge sind auf dieses Vertragsverhältnis gestützt.
36(1) Der mit dem Klageantrag zu 1 gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Rückzahlungsanspruch beruht auf dem Vorwurf, die Beklagte zu 2 habe ihren Einfluss auf die Fonds als geschäftsführende Kommanditistin zu einer Schädigung der Fonds und mittelbar auch des Klägers als Anleger genutzt. Der Anspruch betrifft daher einerseits das auf dem Gesellschaftsvertrag beruhende Organverhältnis der Beklagten zu 2, andererseits ihr Verhältnis zum Kläger als Kommanditist. Beides kann vom Gesellschaftsvertrag nicht getrennt betrachtet werden.
37Daran ändert die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs im Wege der actio pro socio (vgl. dazu etwa , NZG 2010, 783 Rn. 3; Versäumnisurteil vom - II ZR 143/17, NZG 2019, 702 Rn. 10) nichts. Die dafür in Frage kommenden Ansprüche der Fonds haben ebenfalls den Gesellschaftsvertrag zur Grundlage.
38(2) Aus denselben Gründen beruht auch der mit dem Klageantrag zu 2 gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Anspruch auf dem Gesellschaftsvertrag. Damit verlangt der Kläger von der Beklagten zu 2 einen bestimmten Gebrauch gesellschaftsvertraglich begründeter Befugnisse.
39(3) Für den hilfsweise gestellten Klageantrag zu 3 gilt nichts anderes. Diesem Antrag liegt derselbe Sachverhalt zugrunde wie dem Klageantrag zu 1.
40(4) Der mit dem Klageantrag zu 4 geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen die Beklagten zu 2 und 3 ist ebenfalls auf den Gesellschaftsvertrag gestützt und deshalb nicht anders zu beurteilen.
41(5) Die vorstehenden Erwägungen gelten sinngemäß auch für die gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 gerichteten Klageanträge zu 5 und 6. Auch diese Ansprüche können nicht unabhängig von den Gesellschaftsverträgen beurteilt werden.
42(6) Aus denselben Gründen ist schließlich auch der gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 gerichtete Klageantrag zu 8 auf den Gesellschaftsvertrag gestützt.
43cc) Die in Art. 22 Nr. 2 Lugano-Übk II vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit für bestimmte gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten steht der Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Lugano-Übk II im Streitfall nicht entgegen.
44Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfasst nur solche Rechtsstreitigkeiten, in denen eine Partei die Gültigkeit eines Beschlusses des Organs einer Gesellschaft im Hinblick auf das geltende Gesellschaftsrecht oder die satzungsmäßigen Vorschriften über das Funktionieren der Organe dieser Gesellschaft anficht (, WRP 2015, 187 Rn. 40 - flyLAL-Lithuanian Airlines; Urteil vom - C-372/07, NJW-RR 2009, 405 Rn. 26 - Howard und Davidson).
45Um eine solche Streitigkeit geht es im Streitfall nicht.
46dd) Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts führt die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Lugano-Übk II auf einzelne Gesellschafter nicht zu Anwendungsschwierigkeiten, die eine einschränkende Auslegung der Norm nahelegen könnten.
47Wie der Streitfall zeigt, kann die Anwendung der Vorschrift zwar dazu führen, dass der Gesellschaftsvertrag nur in Bezug auf einzelne Gesellschafter als Verbrauchervertrag anzusehen ist, während anderen Gesellschaftern die Rolle des Unternehmers zukommen kann. Diese Rollenverteilung ist aber jedem Verbrauchervertrag inhärent.
48Dass sich die Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Verfolgung eines gemeinsamen Ziels verpflichten, führt für die dem Streitfall zugrundeliegende Konstellation nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Wenn ein Gesellschafter seinen Beitritt erkennbar nicht zum Zwecke einer unternehmerischen Mitwirkung, sondern zum Zwecke der privaten Vermögensanlage erklärt, führt dies ungeachtet der gemeinsamen Verfolgung des Gesellschaftszwecks zu einer unterschiedlichen Rollenverteilung, die eine unterschiedliche Rechtsstellung zur Folge haben kann. Dementsprechend ist etwa bei einer Publikumsgesellschaft eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ausgeschlossen, soweit sie sich gegen Gesellschafter richten würde, die nach der Gründung der Gesellschaft rein kapitalistisch beigetreten sind und auf die Vertragsgestaltung und die Beitrittsverhandlungen und -abschlüsse erkennbar keinen Einfluss haben (, NZG 2013, 980 Rn 28).
493. Hinsichtlich der in der Schweiz bzw. in Luxemburg ansässigen Beklagten zu 5 und zu 7 kommt die Anwendung der Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Lugano-Übk II bzw. Art. 17 Abs. 1 Buchst. c Brüssel-Ia-VO demgegenüber nicht in Betracht.
50Diese Beklagten sind mit dem Kläger nicht durch einen Vertrag oder durch ein vertraglich begründetes Organverhältnis verbunden. Der Beklagte zu 5 ist nur der Beklagten zu 2 durch ein gesellschaftsvertraglich begründetes Organverhältnis und durch ein schuldrechtliches, ebenfalls vertraglich begründetes Anstellungsverhältnis verbunden. Die Beklagte zu 7 stand ausschließlich zur Beklagten zu 1 in einer solchen Beziehung. Beides genügt nach den obigen Ausführungen nicht für eine Bejahung des Verbrauchergerichtsstands, weil diese Vertragsverhältnisse nicht in untrennbarem Zusammenhang mit den vom Kläger abgeschlossenen Gesellschaftsverträgen stehen.
514. Im Hinblick auf die übrigen Beklagten, die ihren Sitz in Deutschland haben, stehen das Lugano-II-Übereinkommen und die Brüssel-Ia-Verordnung einer Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen.
52V. Die unterschiedliche Ausgangslage schließt eine Gerichtsstandsbestimmung jedoch nicht vollständig aus.
531. Wenn die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für alle Beklagten nicht möglich ist, ist eine Bestimmung für einzelne Beklagte zulässig.
54Bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO stehen Gesichtspunkte der Prozessökonomie und Zweckmäßigkeit im Vordergrund (, NJW-RR 2019, 238 Rn. 30).
55Vor diesem Hintergrund kommt eine Gerichtsstandsbestimmung auch dann in Betracht, wenn sie zwar nicht die einheitliche Prozessführung vor einem Gericht ermöglicht, aber einer Zersplitterung entgegenwirkt, indem die Anzahl der Verfahren auf das unumgängliche Minimum beschränkt wird.
562. In Anwendung dieses Grundsatzes entspricht es im Streitfall der Prozessökonomie, für die Klagen gegen die Beklagten zu 2 und 3 das Landgericht Augsburg und für die Klagen gegen die übrigen Beklagten das Landgericht München I als zuständiges Gericht zu bestimmen.
57a) Hinsichtlich der Beklagten zu 2 und 3 ist das Landgericht Augsburg aus den oben dargelegten Gründen das einzige zuständige Gericht in Deutschland.
58b) Hinsichtlich der übrigen Beklagten kommt die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands in Augsburg schon deshalb nicht in Betracht, weil keiner der Beklagten dort seinen allgemeinen Gerichtsstand hat und Art. 6 Abs. 1 Lugano-Übk II sowie Art. 8 Nr. 1 Brüssel-Ia-VO deshalb keinen Gerichtsstand in Deutschland begründen.
59Hinsichtlich dieser Beklagten entspricht es der Prozessökonomie, das Landgericht München I als zuständiges Gericht zu bestimmen.
60Dafür spricht nicht nur, dass der Rechtsstreit dort bereits anhängig ist. In diesem Bezirk liegt vielmehr auch der räumliche Schwerpunkt des Rechtsstreits.
61Die Beklagte zu 1 hat dort ihren allgemeinen Gerichtsstand. Hinsichtlich der Beklagten zu 5 und 7 ist deshalb, wie das vorlegende Gericht zu Recht ausgeführt hat, jedenfalls der gemeinsame Gerichtsstand nach Art. 6 Nr. 1 Lugano-Übk II bzw. Art. 8 Nr. 1 Brüssel-Ia-VO begründet. Vor diesem Hintergrund erscheint es zweckmäßig, dieses Gericht auch gegenüber den Beklagten zu 4, 6 und 8 für zuständig zu erklären. Engere Anknüpfungspunkte zu den Landgerichtsbezirken Düsseldorf oder Berlin sind nicht ersichtlich. Sie folgen insbesondere nicht daraus, dass die Beklagten zu 4 und 6 in Düsseldorf ansässig sind und dort die Konten der Fonds geführt werden.
62VI. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht veranlasst.
63Wie oben im Einzelnen dargelegt wurde, hat der Gerichtshof alle für die zu treffende Entscheidung relevanten Fragen bereits beantwortet. Die Anwendung der sich daraus ergebenden Grundsätze auf den Streitfall obliegt den nationalen Gerichten, in der vorliegenden Verfahrenslage also dem Senat.
64VII. Die Bestimmung eines gesonderten Gerichtsstands für die Beklagten zu 2 und 3 führt nicht automatisch zu einer Verfahrenstrennung und zur Rechtshängigkeit beim Landgericht Augsburg.
65Wenn nach bereits erfolgter Klageerhebung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein gemeinsamer Gerichtsstand bei einem anderen Gericht bestimmt wird, hat dies grundsätzlich allerdings zur Folge, dass die Rechtshängigkeit ohne weiteres auf dieses Gericht übergeht (Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 37 Rn. 7). Dieser Grundsatz greift jedoch nicht, wenn nur für einzelne Beklagte ein anderer Gerichtsstand bestimmt wird. Die Entscheidung darüber, ob der Rechtsstreit gegen die einzelnen Beklagten vor zwei unterschiedlichen Gerichten weitergeführt werden soll, obliegt dem Kläger. Dieser hat im Streitfall einen entsprechenden Antrag noch nicht gestellt.
66Der Rechtsstreit bleibt damit zunächst insgesamt beim Landgericht München I anhängig. Dem Kläger steht es frei, gemäß § 145 Abs. 1 und § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Abtrennung des gegen die Beklagten zu 2 und 3 gerichteten Verfahrens und dessen Verweisung an das Landgericht Augsburg zu beantragen oder von anderen prozessualen Möglichkeiten Gebrauch zu machen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:201020BXARZ124.20.0
Fundstelle(n):
WM 2021 S. 40 Nr. 1
ZIP 2021 S. 209 Nr. 4
TAAAH-67014