Die Beteiligten streiten um die Höhe der den Klägern zu zahlenden Kosten der Unterkunft und Heizung von Dezember 2014 bis (zuletzt noch) März 2015. Der 1960 geborene Kläger zu 1), die 1962 geborene Klägerin zu 2) und der 1995 geborene Kläger zu 3) bezogen in Bedarfsgemeinschaft mit kleineren Unterbrechungen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ursprünglich gehörte auch die Tochter der Kläger zu 1) und 2), die 1993 geborene E C, zur Bedarfsgemeinschaft. Die Kläger bewohnten zunächst eine Wohnung in der L-Str. 00 in B. Mit Schreiben vom 19.10.2009 teilte die Beklagte den Klägern mit, ihre Wohnung sei mit einem monatlichen Mietzins von 569,58 EUR unangemessen. Ab dem 01.05.2010 könne nur noch eine angemessene Bruttokaltmiete von 540 EUR übernommen werden. Die Kläger reichten am 08.12.2009 bei der Beklagten eine Mietbescheinigung für die 89 Quadratmeter große Wohnung I 00 in B zu einer Kaltmiete von 386 EUR, Betriebskosten von 120 EUR und Heizkosten von 90 EUR ein. Mit Bescheid vom 11.12.2009 erteilte die Beklagte eine Zusicherung zur Übernahme der Kosten für diese Wohnung. Die Aufwendungen seien angemessen. Der Umzug sei erforderlich, weil die bisherige Wohnung unangemessen teuer gewesen sei. Die Kläger zu 1) und 2) mieteten ab dem 01.04.2010 die Wohnung I 00. Die Beklagte übernahm in der Folge die tatsächlichen Kosten für die Wohnung. Ab dem 01.08.2011 war der Kläger zu 1) als LKW-Fahrer beschäftigt. Mit Bescheid vom 04.10.2011 hob die Beklagte wegen des Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) den Bescheid vom 28.04.2011 ab dem 01.09.2011 auf. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zu 1) wurde zum 30.11.2011 gekündigt. Im Dezember 2011 beantragten die Kläger erneut Leistungen. Die Tochter E war zu diesem Zeitpunkt Zeitsoldatin und in einer Kaserne untergebracht. Sie kehrte nicht mehr in die Wohnung zurück, die Beklagte trug die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung zunächst aber weiter. Im Juli 2013 erstellte die Firma B1 & L1 im Auftrag des I1-Kreises, dem die Beklagte angehört, das "Konzept zur Ermittlung der Angemessenheit der Unterkunftskosten im I1-Kreis - Endbericht Juli 2013". Sie bediente sich bei der Erstellung des Konzepts einer sogenannten Clusteranalyse, sah den I1-Kreis als einheitlichen Vergleichsraum an und fasste innerhalb dieses Vergleichsraums Gebiete vergleichbarer Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen unabhängig von ihrer Lage zusammen. Für den I1-Kreis wurden drei Wohnungsmarkttypen gebildet, wobei der "Wohnungsmarkttyp 1" nur das Gebiet der Beklagten umfasste. Durch die Firma B1 & L1 wurden zur Ermittlung der Bestandsmieten umfangreiche Vermieterbefragungen durchgeführt. So wurden größere Vermieter und Verwalter befragt und zufällig ausgewählte 11000 weitere Haushalte angeschrieben, deren Adressen von der "E1 direkt" gekauft wurden. Die so ermittelten Bestandsmieten wurden durch Daten aus dem SGB II-Datensatz ergänzt. Die Datenerhebung erfolgte hinsichtlich der Bestands- und Neuvertragsmieten in der Zeit von September 2012 bis Januar 2013 zum Stichtag 01.09.2012. Sie bezog sowohl Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt als auch öffentlich geförderte Wohnungen ein. Zur Ermittlung der Angebotsmieten wurden Wohnungsangebote in der Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2012 über Internetportale, Anzeigenblätter etc. ermittelt und registriert. In die Datenerhebung wurden alle Wohnungsbestände und relevanten Vermietergruppen einbezogen. Substandardwohnungen ohne innenliegendes Bad und Sammelheizung, Dubletten und Wohnungen mit Besonderheiten (Freundschaftsmieten, Werkwohnungen etc.) und Wohnungen mit einer Wohnfläche unter 35 Quadratmetern, ebenso Ausreißer ("Extremwertkappung") für besonders günstige/teure Mieten, wurden ausgeschlossen. Aus diesem Datenmaterial ermittelte B1 & L1 die für Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende angemessenen Wohnungen im unteren Marktsegment, indem zunächst, differenziert nach Haushaltsgröße, die Zahl der Haushalte ermittelt wurden, die entweder selbst Grundsicherung für Arbeitsuchende, Sozialhilfe, BAföG, Berufsausbildungsbeihilfe oder Wohngeld beziehen oder mit Beziehern diesen Leistungen um preisgünstigen Wohnraum konkurrieren. Bei den konkurrierenden Nachfragern handelt es sich um Haushalte mit einem geringen Einkommen, die unabhängig von Sozialleistungen sind. Hinsichtlich der letztgenannten Gruppe nahm die Firma B1 & L1 wegen des Fehlens konkreter statistischer Daten an, dass die Nachfragegruppe 10 % der Haushalte ausmacht. Danach war ab dem 01.08.2013 im Gebiet der Beklagten für einen Dreipersonenhaushalt eine maximale Bruttokaltmiete von 444,80 EUR angemessen. Mit Schreiben vom 30.10.2013 teilte die Beklagte den Klägern mit, die Bruttokaltmiete für ihre Wohnung sei nicht angemessen. Gemäß dem Konzept sei für B nur eine Bruttokaltmiete iHv 444,80 EUR angemessen. Die Miete könne nur noch bis zum 30.11.2014 in der vollen Höhe übernommen werden. Unter dem 17.09.2014 erstellte die Firma B1 & L1 den Endbericht "KdU-Richtwerte 2014 - Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2012". Der Endbericht stützte sich weiter auf die Daten des bisherigen Konzepts, passte die hierin ermittelten Werte aber unter Berücksichtigung der Preisentwicklung zwischen September 2012 und September 2014 an. Sie legte die "Verbraucherpreisindizes NRW" zugrunde und multiplizierte die Wohnungsmiete ohne Nebenkosten mit dem Faktor 1,0329 und die Nebenkosten mit dem Faktor 1,0242. Anstelle einer angemessenen Bruttokaltmiete von 444,80 EUR errechnete sich nunmehr für den Zuständigkeitsbereich der Beklagten für einen Dreipersonenhaushalt eine angemessene Bruttokaltmiete iHv 458,40 EUR. Die Indexfortschreibung sollte ab dem 01.01.2015 Geltung haben. Mit Bescheid vom 28.11.2014 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen von Dezember 2014 bis Mai 2015. Sie berücksichtigte nur noch Kosten der Unterkunft und Heizung iHv 534,80 EUR monatlich (444,80 EUR Bruttokaltmiete zuzüglich 90 EUR Heizkosten). Die tatsächlichen Kosten der Kläger beliefen sich in diesem Zeitraum auf 566 EUR (386 EUR Kaltmiete, 90 EUR Betriebskosten, 90 EUR Heizkosten). Die Indexfortschreibung setzte die Beklagte für die Zeit ab Januar 2015 nicht um. Am 15.12.2014 erhoben die Kläger Widerspruch gegen diesen Bescheid. Mit Bescheid vom 28.12.2015 änderte die Beklagte den Bescheid vom 28.11.2014 in Ansehung der Erhöhung der Regelbedarfe zum 01.01.2015. Weitere Änderungen enthielt der Bescheid - ebenso wie ein weiterer Änderungsbescheid vom 28.01.2015 - nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2015 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.11.2014 zurück. Die Kosten der Unterkunft seien unangemessen, weil sie die von der Firma B1 & L1 ermittelten angemessenen Unterkunftskosten überstiegen. Aufgrund der Kostensenkungsaufforderung sei den Klägern eine Reduzierung der Kosten möglich gewesen. Die Kläger hätten keine Bemühungen zur Kostensenkung nachgewiesen.
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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 13.08.2020 - L 7 AS 285/18
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