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Finanzgericht Nürnberg  Urteil v. - 2 K 798/15

Gesetze: UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1 ; InsO § 129/1 ; AO § 176 Abs. 1 ; AO § 218 Abs. 2

Aufrechnung gegen einen Erstattungsanspruch der Masse mit anderen Steueransprüchen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Finanzamt

Leitsatz

1. a) Im Abrechnungsverfahren kommt es allein auf die formelle Bescheidlage an. Entscheidend ist die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.

b) Das Finanzamt kann auch mit Forderungen aufrechnen, die vom Aufrechnungsgegner bestritten und noch nicht rechtskräftig festgestellt sind, sofern die Forderungen materiell-rechtlich bestehen, worüber im Festsetzungsverfahren zu entscheiden ist

c) Im Insolvenzverfahren tritt die Feststellung zur Tabelle an die Stelle des Steuerbescheids.

d) Bezieht das Finanzamt in die Berechnung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Umsatzsteuer zu berichtigende Vorsteuer ein, hat dies die Wirkung einer förmlichen Berichtigung.

2. a) Mit Erlass des Umsatzsteuerbescheids erledigen sich die den Veranlagungszeitraum betreffenden Vorauszahlungsbescheide i.S. von § 124 Abs. 2 AO auf andere Weise und verlieren ihre Wirksamkeit: Deren Regelungen nimmt der Jahressteuerbescheid in sich auf, sofern er keine Feststellungen enthält, dass die Voranmeldungen bzw. Festsetzungen der Umsatzsteuer für bestimmte Monate materiell fehlerhaft waren.

b) Die Möglichkeit zur Aufrechnung mit dem Anspruch auf die Vorauszahlung bleibt davon unberührt.

3. Die Rechtskraft der Anmeldung zur Insolvenztabelle erstreckt sich nicht auf den Entstehungsgrund des festgestellten Rechts. Zwar beinhaltet die Feststellung zur Tabelle nicht nur die Höhe des Anspruchs, sondern auch, dass er vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens insolvenzrechtlich begründet war. Daraus folgt aber noch nicht, dass der Gläubiger ihn durch eine Rechtshandlung im Sinne der Insolvenzanfechtung erlangt hat und diese Rechtshandlung anfechtbar war. Der Senat hat daher selbst zu prüfen, ob der Anspruch auf einer anfechtbaren Rechtshandlung beruht.

4. Bestellt das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt und mit Recht zum Forderungseinzug, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug für die Leistungen, die der Unternehmer bis zur Verwalterbestellung erbracht oder bezogen hat, nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berichtigen. Der BFH hat insofern seine frühere Rechtsprechung, wonach die Vorsteuer spätestens für den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zu berichtigen ist, weiterentwickelt. Soweit die Finanzverwaltung diese Grundsätze erst auf Bestellungen vorläufiger Insolvenzverwalter ab dem anwenden will, ist das Gericht daran nicht gebunden.

5. Die Möglichkeit der Aufrechnung mit der Lohnsteuer entsteht bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt, nicht erst im Zeitpunkt der Abführung der Lohnsteuer.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
UAAAH-55503

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Finanzgericht Nürnberg , Urteil v. 14.05.2019 - 2 K 798/15

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