OFD Nordrhein-Westfalen - S 1301-1989/5000-St 125

Ansässigkeitsbescheinigungen nach den Doppelbesteuerungsabkommen

Bezug:

Bezug:

In zunehmendem Maße werden Ansässigkeitsbescheinigungen zur Vorlage bei ausländischen Steuerverwaltungen oder zur Vorlage bei anderen ausländischen Stellen angefordert. Hierfür werden dem Finanzamt entweder ausländische Vordrucke oder das bundeseinheitlich abgestimmte Muster einer Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt. Im Einzelfall werden die Finanzämter auch gebeten, eine formlose Ansässigkeitsbescheinigung auszustellen. Bei der Ausstellung von Ansässigkeitsbescheinigungen bitte ich folgende Grundsätze zu beachten:

1. Die Ansässigkeitsbescheinigung eines deutschen Finanzamts, mit dem der steuerliche Wohnsitz, mithin die Ansässigkeit in Deutschland bescheinigt wird, dient regelmäßig der Anwendung der in den Doppelbesteuerungsabkommen enthaltenen Quellensteuerbegrenzungen oder -befreiungen für aus dem ausländischen Quellenstaat stammende Einkünfte (in der Regel Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren oder sonstige Einkünfte) im Rahmen eines dortigen Freistellungs- bzw. Erstattungsverfahrens. Aufgrund der im jeweiligen Vordruck vom Steuerpflichtigen einzutragenden Angaben wird Deutschland als Ansässigkeitsstaat zugleich über ausländische Einkunftsquellen informiert und damit in die Lage versetzt, sein Besteuerungsrecht wahrzunehmen. Vom Steuerpflichtigen ist somit anzugeben, für welche Erträge (Beteiligungen) die Ansässigkeitsbescheinigung konkret benötigt wird. Blankobescheinigungen oder Bescheinigungen ohne Hinweis auf ein DBA sind daher nicht zu erteilen. Die Ansässigkeitsbescheinigung ist dementsprechend zu erteilen, wenn der Antragsteller zuvor das Erfordernis für die Ausstellung einer solchen Bescheinigung, z.B. durch Angabe seiner Depotbank und -nummer, der Einkunftsquelle (z.B. jeweilige ausschüttende Gesellschaft) sowie der voraussichtlich anfallenden (Dividenden)Erträge (soweit bereits bekannt) dargelegt hat (Hinweis auf die erhöhten Mitwirkungspflichten des § 90 Abs. 2 Satz 2 AO). Eine Durchschrift der erteilten Ansässigkeitsbescheinigung ist als Kontrollmitteilung zu den Akten zu nehmen.

2. Ansässigkeitsbescheinigungen sollen grundsätzlich nur auf einem offiziellen, mit der ausländischen Steuerverwaltung abgestimmten Vordruck erfolgen. Die gängigsten, mit den ausländischen Steuerverwaltungen abgestimmten offiziellen Vordrucke waren bisher unter http://www.steuerliches-info-eieincenter.de/DE/AufgabenDesBZSt/AuslaendischeFormulare/Quellensteuer/quellensteuer_node.html eingestellt. Da das BZSt die Aktualität nicht gewährleisten kann, sind die entsprechenden Vordrucke nicht mehr abrufbar. Ob es sich bei dem vorgelegten um einen offiziellen Vordruck der ausländischen Behörde handelt, obliegt grundsätzlich einer den Umständen des Einzelfalles angemessenen Prüfung.

3. Deutsche Übersetzungen sind grundsätzlich beizustellen. Werden Vordrucke in der jeweiligen Landessprache zur Bestätigung vorgelegt und enthalten diese einen englischen Untertext, sind diese wegen der zunehmenden Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft einerseits sowie der Schwierigkeiten bei der bilateralen Abstimmung von Vordrucken anderseits im Interesse der Steuerpflichtigen grds. nicht zur Erteilung einer Ansässigkeitsbescheinigung abzulehnen.

4. Frei formulierte Ansässigkeitsbescheinigungen sind nicht zu erteilen. Soweit Formulare der ausländischen Steuerverwaltung nicht vorliegen, ist das als Anlage beigefügte bundeseinheitlich entwickelte Vordruckmuster einer Ansässigkeitsbescheinigung zu verwenden. Das online ausfüllbare Formular ist im Formular-Management-System der Bundesfinanzverwaltung (www.formulare-bfinv.de) abrufbar (Rubrik Formularcenter/Steuerformulare/Doppelbesteuerung). Zurzeit stehen dort neben einer deutsch-englischen Version des Vordrucks auch Vordruckmuster mit russischer, französischer, italienischer und spanischer Übersetzung zur Verfügung.

5. Das Formular 5000-DE der französischen Steuerverwaltung (abrufbar auf dem Internetauftritt der französischen Steuerverwaltung; beachte: nicht zu verwechseln mit dem bis einschließlich 2018 möglichen vereinfachten Verfahren für deutsche Aktionäre der Sanofi S.A. [ehemals Sanofi-Aventis S.A.], s. Kurzinformation Internationales Steuerrecht Nr. 03/2019) zur Wohnsitzbescheinigung in Deutschland, in dem bei Wahl eines vereinfachten Verfahrens keinerlei Angaben zu Art und Höhe der Einkünfte gemacht werden müssen, ist nur bei Dividenden möglich. Diese Bescheinigung gilt laut den Erläuterungen zu diesem Formular nicht nur für bestimmte Ausschüttungen, sondern für ein komplettes Jahr. In diesem Fall kann die Ansässigkeitsbescheinigung nicht wegen fehlender Angaben zu Art und Höhe der Einkünfte verweigert werden. Es hat Bemühungen gegeben, Frankreich zu einer Ergänzung/Änderung des Formulars zu bewegen. Bislang ist dies jedoch noch nicht erfolgt. Bis dahin sollte der Steuerpflichtige nach den Dividenden gefragt werden, für die dieses vereinfachte Verfahren gelten soll. Er sollte zumindest die Beteiligung benennen können, aufgrund derer er eine Ausschüttung erwartet. Sollte zum Zeitpunkt der Beantragung noch keine Beteiligung an einer französischen Gesellschaft bestehen, ist keine Ansässigkeitsbescheinigung auszustellen. Die Beantragung kann vom Steuerpflichtigen nachgeholt werden, wenn er konkrete Beteiligungen besitzt.

6. Nach geltender Rechtslage ist es grundsätzlich nicht möglich die „Ansässigkeit“ für Personengesellschaften i.S. des Doppelbesteuerungsabkommens zu bescheinigen, da eine Personengesellschaft nur nach wenigen Doppelbesteuerungsabkommen selbst abkommensberechtigt ist. Im Regelfall ist auf die Abkommensberechtigung der einzelnen Gesellschafter abzustellen. Das bedeutet, dass grundsätzlich jeder einzelne Gesellschafter eine Ansässigkeitsbescheinigung seines Wohnsitzfinanzamts vorlegen muss. Aus diesem Grund kann im Abschnitt A des bundeseinheitlichen Vordruckmusters angegeben werden, dass die Bescheinigung als Gesellschafter einer Personengesellschaft benötigt wird. Hierfür sind vom Steuerpflichtigen Angaben zur Personengesellschaft zu machen.

Im Einzelfall kann die Ausstellung von Ansässigkeitsbescheinigungen für jeden Gesellschafter zu einem erheblichen administrativen Aufwand für Verwaltung und Unternehmen führen. Sollte aus diesem Grund von Seiten des Unternehmens eine (Sammel-)Ansässigkeitsbescheinigung auf den Namen der Personengesellschaft beantragt werden, bitte ich die Ausstellung grundsätzlich zu versagen und zu prüfen, ob der Personengesellschaft ggf. mit der Ausstellung einer sog. „Sitzbescheinigung“ gedient ist. Hierfür wurde ein bundeseinheitliches Muster entwickelt, welches im OASE-Vorlagenmanager unter der Vordrucknummer 605/031 eingestellt ist. Das Finanzamt bescheinigt hierdurch nicht die Ansässigkeit der Personengesellschaft, sondern bestätigt, dass das genannte Unternehmen den Ort der Geschäftsleitung in Deutschland hat oder sich der Ort der Gründung/ Eintragung in Deutschland befindet und das Unternehmen somit der deutschen Finanzverwaltung bekannt ist. Anfragenden Unternehmen ist der Vordruck zuzusenden. Der Antrag ist in zweifacher Ausfertigung bei dem für die Personengesellschaft zuständigen Finanzamt einzureichen.

7. In der Vergangenheit hat es Probleme mit Ansässigkeitsbescheinigungen für inländische Investmentvermögen (Publikums- bzw. Spezial-Sondervermögen; Publikums- bzw. Spezial-Investmentaktiengesellschaften im Sinne des InvStG) gegeben. In diesen Fällen ist es nicht zwingend, dass genaue Angaben über Art und Höhe der Einkünfte gemacht werden, sondern es reicht aus, wenn Angaben über die Art der Einkünfte (Zinsen oder Dividenden) und den Staat gemacht werden, aus dem diese Einkünfte stammen. Hintergrund hierfür ist, dass Investmentgesellschaften teilweise täglich neu über Anlagen und Investitionen entscheiden.

8. In Einzelfällen müssen die Ansässigkeitsbescheinigungen mit einer Apostille (= internationale Beglaubigung) versehen werden. Für diese besondere Form der Beglaubigung sind in NRW die jeweiligen Bezirksregierungen zuständig. Die Einholung der Apostille ist Sache des antragstellenden Steuerpflichtigen. Zur Zusammenarbeit zwischen den Finanzämtern und den Bezirksregierungen verweise ich auf meine Verfügung vom - S 1301 - 2009/0024 - St 123.

Diese Verfügung ersetzt die abgestimmten Verfügungen vom der Oberfinanzdirektionen Münster (S 1301 - 163 - St 45-32) und Rheinland (S 1301 - 1018 - St 152).

OFD Nordrhein-Westfalen v. - S 1301-1989/5000-St 125

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
EStG-Kartei NW DBA Allgemeines Karte Nr. 811
IStR 2020 S. 435 Nr. 11
VAAAH-51259