BAG Urteil v. - 3 AZR 158/19

Betriebliche Altersversorgung - Pensionskasse - Einstandspflicht

Gesetze: § 1 Abs 1 S 3 BetrAVG

Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 21 Ca 3685/17 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 6 Sa 154/18 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die von einer Pensionskasse vorgenommene Verringerung der Rentenfaktoren durch Zahlung von Zusatzbeiträgen auszugleichen.

2Die Klägerin war zunächst seit dem bei der Deutsche Verkehrs-Bank Aktiengesellschaft (im Folgenden DVB) - einer Bank - auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 11./ als kaufmännische Angestellte tätig. Der Arbeitsvertrag bestimmt auszugsweise:

3Die DVB meldete die Klägerin - nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit - zum zur Pensionskasse der Deutschen Verkehrs-Bank V.V.a.G. an.

4Die Beklagte ist durch Ausgliederung des Sortengeschäfts der DVB im Jahr 1996 entstanden.

5Zum hat die Pensionskasse der Deutschen Verkehrs-Bank V.V.a.G. ihren Versicherungsbestand auf den BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. (im Folgenden BVV) übertragen.

6Unter dem stellte der BVV für die Klägerin einen Versicherungsschein aus. Darin ist als Übertragungszeitpunkt zum BVV der genannt und als versicherter Tarif der Tarif DN ausgewiesen.

7Am schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di und dem DBV - Deutscher Bankangestellten-Verband gleichlautende Altersversorgungs-Tarifverträge (im Folgenden ATV). Diese sind zum in Kraft getreten. Darin ist ua. geregelt:

8Den ATV wendet die Beklagte - unabhängig von einer Gewerkschaftszugehörigkeit - auf die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer an. Die Klägerin ist seit Januar 2000 Mitglied des „Deutscher Bankangestellten-Verband e.V.“.

9Die Satzung des BVV bestimmt ua.:

10Dem für die Versorgungszusage der Klägerin maßgeblichen Tarif DN lag bis zum ein kalkulatorischer Rechnungszins für die Rentenfaktoren iHv. 4 vH zugrunde. Am beschloss die Mitgliederversammlung des BVV, von dem satzungsmäßigen Recht Gebrauch zu machen und ua. den Rechnungszins in dem Tarif DN von 4 vH zu reduzieren. Die Tarifbedingungen zum Tarif DN lauten seither auszugsweise:

11Die Umsetzung des Beschlusses zur Herabsetzung des Rechnungszinses führt dazu, dass die Rentenfaktoren im Tarif DN um 24,02 vH abgesenkt wurden. Die Herabsetzung gilt ab dem für bestehende Versicherungsverhältnisse und insoweit für Rentenbausteine aus Beiträgen, die ab diesem Zeitpunkt abgeführt werden. Die bis zum erworbenen Anwartschaften bleiben unberührt. Der BVV ermöglicht durch eine erhöhte Beitragsleistung, die Reduzierung der Versorgungsleistungen infolge der Absenkung des Rechnungszinses auszugleichen. Hierfür muss im Fall der Klägerin ein zusätzlicher monatlicher Beitrag iHv. 31,61 vH des bisher geleisteten Gesamtbeitrags gezahlt werden. Ausgehend von einem Tarifgehalt im Januar 2017 iHv. 3.916,00 Euro brutto und einem Beitragssatz von 6,0 vH ergibt sich ein Monatsgesamtbeitrag iHv. 234,96 Euro (3.916,00 Euro x 0,06). Bei einem Zusatzbeitrag iHv. 31,61 vH des Monatsgesamtbeitrags iHv. 234,96 Euro ergibt sich ein monatlicher Zusatzbeitrag iHv. 74,27 Euro (234,96 Euro x 0,3161).

12Die Monatsgesamtbeiträge zum BVV iHv. 6,0 vH des monatlichen Tarifgehalts führt die Beklagte ab. Getragen werden die Beiträge zu einem Drittel von der Klägerin und zu zwei Dritteln von der Beklagten.

13Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung des vollen Zusatzbeitrags iHv. 74,27 Euro monatlich zugunsten ihres Beitragskontos beim BVV. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihr am durch die Anmeldung zum BVV einzelvertraglich eine Versorgungszusage im Wege einer Pensionskassenzusage beim BVV erteilt. Jedenfalls bestehe eine entsprechende Gesamtzusage. Die Beklagte habe auch aufgrund des ATV eine entsprechende Versorgungszusage erteilt.

14Die Beklagte schulde ihr nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG ab dem die Zahlung der Zusatzbeiträge, um die Verringerung der Leistungen des BVV im Versorgungsfall infolge der Herabsenkung des kalkulatorischen Rechnungszinses auszugleichen. Die Einstandspflicht der Beklagten beziehe sich dabei nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG auch auf die von ihr finanzierten Beitragsteile. Sie treffe den Arbeitgeber bereits vor dem Eintritt des Versorgungsfalls. Er müsse deshalb eine drohende Verringerung der Versorgungsleistung durch eine erhöhte Beitragsleistung an die Pensionskasse ausgleichen.

15Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

16Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, Anspruchsgrundlage für die betriebliche Altersversorgung der Klägerin sei allein der ATV. Sie habe keine Umfassungszusage erteilt und auch nicht erklärt, für die Leistungen aus dem BVV einstehen zu wollen. Sie habe nur eine Zuwendung iHv. 1,75 vH der tariflichen Grundvergütung zugesagt, also eine reine Beitragszusage erteilt. Jedenfalls aber beinhalte § 3 ATV eine dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Fassung des Tarifs DN, der nach dem Beschluss des BVV nur noch eine Garantieverzinsung von 0,9 vH für die Zukunft vorsehe. Ob sich die Klägerin dadurch tatsächlich schlechter stelle, stehe außerdem noch gar nicht fest. Das könne erst zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls durch einen „Soll-Ist-Vergleich“ beurteilt werden. Ferner sei ein Vertrauen, ein externer Versorgungsträger behalte seine Verrentungsfaktoren im Falle jeder denkbaren wirtschaftlichen Entwicklung auch für künftige Beiträge bei, nicht geschützt.

17Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr hingegen stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

18Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die Beklagte ist nicht zur Zahlung von Zusatzbeiträgen an den BVV verpflichtet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin.

19I. Die Klage ist insgesamt zulässig. Der Klageantrag zu 2. bedarf jedoch der Auslegung.

201. Der Antrag zu 2. ist im wohlverstandenen Interesse der Klägerin auszulegen (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl.  - Rn. 11). Danach begehrt die Klägerin - ohne dass dies ausdrücklich im Antrag formuliert ist - die beantragte Feststellung erkennbar nur für die Dauer und die jeweilige Höhe der Reduzierung der Rentenfaktoren durch den BVV sowie für die Dauer des Bestehens ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten und dem daraus folgenden Bezug von Entgelt- und Entgeltersatzleistungen.

212. Das notwendige Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist gegeben. Danach kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Klage muss sich dabei nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen. Es reicht aus, wenn sie sich auf einzelne sich daraus ergebende Rechte oder Folgen beschränkt, sofern dafür ein Feststellungsinteresse besteht ( - Rn. 32 mwN).

22Die Klägerin begehrt mit ihrem Antrag zu 2. die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, für die durch die ab eintretenden Verringerungen der Rentenfaktoren durch die Leistung von Zusatzbeiträgen einzustehen. Da die Beklagte diese Einstandspflicht leugnet, steht der Klägerin auch ein Feststellungsinteresse zur Seite. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht ein, weil durch die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfachere Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen den Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl.  - Rn. 19 mwN).

23II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, zugunsten des Versorgungskontos der Klägerin beim BVV monatliche Zusatzbeiträge iHv. derzeit 74,27 Euro zu erbringen. Zwar hat die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin der Klägerin Leistungen der betrieblichen Altersversorgung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zugesagt. Diese Versorgungszusage umfasst jedoch nicht die Versorgungsleistungen, soweit sie auf den Eigenbeiträgen der Klägerin beruhen. Des Weiteren besteht eine Einstandspflicht der Beklagten nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG nicht vor dem Eintritt des Versorgungsfalls.

241. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat der Klägerin - wie vom Landesarbeitsgericht richtig erkannt - eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und nicht lediglich eine reine Beitragszusage erteilt.

25a) Eine reine Beitragszusage war und ist - auch außerhalb von § 1 Abs. 2 Nr. 2a, §§ 21 ff. BetrAVG - rechtlich ohne Weiteres möglich. Sie unterfällt aber nicht dem Recht der betrieblichen Altersversorgung. Mit ihr werden keine künftigen Versorgungsleistungen versprochen, wie dies § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verlangt, sondern nur zusätzliche Zahlungen während des aktiven Arbeitslebens, die - vergleichbar vermögenswirksamen Leistungen - zur Bildung von Vermögen oder von Versorgungsanwartschaften an Dritte oder den Arbeitnehmer auszuzahlen sind und bei denen der Arbeitnehmer das volle Anlage- und Insolvenzrisiko trägt. Auf solche Zusagen passt weder die gesetzliche Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG noch das Unverfallbarkeitsrecht nach § 2 BetrAVG (vgl.  - Rn. 29 mwN).

26b) Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat der Klägerin keine reine Beitragszusage erteilt, sondern ihr eine betriebliche Altersversorgung zugesagt, die über eine Pensionskasse iSv. § 1b Abs. 3 BetrAVG - zunächst die Pensionskasse der Deutschen Verkehrs-Bank V.V.a.G., sodann den BVV - durchgeführt wird. Dies ergibt sich bereits aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 11./, wonach die Klägerin nach Ablauf der Probezeit Mitglied der Pensionskasse wird. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat die Klägerin mit ihrem Wissen zur Pensionskasse der Deutschen Verkehrs-Bank V.V.a.G. - später überführt in den BVV - angemeldet. Das Wissen der Klägerin um diese Anmeldung folgt neben der arbeitsvertraglichen Vereinbarung jedenfalls auch aus dem Umstand, dass sie von Anfang an die Beiträge an die Pensionskasse iHv. 2 vH ihres beitragspflichtigen Gehalts getragen hat.

272. Soweit der Teil der Anwartschaft der Klägerin von der Reduzierung der Rentenfaktoren betroffen ist, der auf ihren eigenen Beiträgen beruht, ist die Beklagte jedoch schon deshalb nicht einstandspflichtig, weil keine Umfassungszusage iSv. § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG und deshalb insoweit keine betriebliche Altersversorgung vorliegt.

28a) Nach der in § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG getroffenen Bestimmung, die aufgrund des Gesetzes zur Einführung einer kapitalgedeckten Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze (Hüttenknappschaftliches Zusatzversicherungs-Neuregelungsgesetz - im Folgenden Neuregelungsgesetz) vom (BGBl. I S. 2167) mit Wirkung zum in § 1 Abs. 2 BetrAVG eingefügt wurde, liegt betriebliche Altersversorgung nämlich nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ua. an eine Pensionskasse leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst. Hierdurch unterscheidet sich die Eigenbeitragszusage iSd. Betriebsrentengesetzes von der privaten Altersvorsorge. Entscheidend ist, welche Zusagen der Arbeitgeber im Hinblick auf die Versorgungsleistungen gemacht hat. Erstreckt sich die Zusage auch auf die auf den Arbeitnehmerbeiträgen beruhenden Leistungen, folgt hieraus die gesetzliche Einstandspflicht. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/9007 S. 35): „Für den Charakter als betriebliche Altersversorgung ist entscheidend, dass eine Zusage des Arbeitgebers mit der hieraus folgenden Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 BetrAVG auch in Bezug auf die aus solchen Beiträgen beruhenden Leistungen besteht“ ( - Rn. 43).

29Hieraus ergibt sich zugleich, dass der Arbeitgeber im Falle der Co-Finanzierung der Pensionskasse durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Wahlrecht hat, ob er eine entsprechende, auch die auf den Arbeitnehmerbeiträgen beruhenden Leistungen betreffende „Umfassungszusage“ erteilt und damit korrespondierend die gesetzliche Einstandspflicht entsteht oder ob die Zusage die auf den Arbeitnehmerbeiträgen beruhenden Leistungen nicht umfassen soll. Eine solche Umfassungszusage kann sich dabei sowohl aus einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung des Arbeitgebers als auch durch Auslegung seiner Zusage oder stillschweigend - konkludent - aus den Umständen ergeben. Liegt keine ausdrückliche Zusage vor, müssen die Gesamtumstände den Schluss darauf zulassen, dass die Zusage des Arbeitgebers auch die auf den Arbeitnehmerbeiträgen beruhenden Leistungen umfassen soll (vgl.  - Rn. 40, BAGE 154, 213).

30Bei der gebotenen Würdigung, ob eine sog. Umfassungszusage vorliegt, ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die durch § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG bezweckte Klarstellung der Rechtslage zum herbeigeführt hat. Dies hat zur Folge, dass bei Zusagen, die bis zum Inkrafttreten dieser Bestimmung erteilt und mit denen beitragsbezogene Leistungen einer Pensionskasse zugesagt wurden, die auch durch den Arbeitnehmer finanziert werden, an die Annahme, die Zusage des Arbeitgebers erfasse - mit der hieraus folgenden Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG - die auf den Beiträgen der Arbeitnehmer beruhenden Leistungen, erhöhte Anforderungen zu stellen sind (vgl.  - Rn. 41, BAGE 154, 213).

31Für die Art der Zusage trägt der Versorgungsberechtigte, der Ansprüche aufgrund der Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast (vgl.  - Rn. 42, BAGE 154, 213).

32b) Daran gemessen ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die der Klägerin von der Beklagten - bzw. deren Rechtsvorgängerin - erteilte Versorgungszusage auch die Leistungen umfasst, die auf ihren Eigenbeiträgen an die Pensionskasse beruhen.

33Zwar beinhaltet die Leistungszusage der Arbeitgeberin - konkludent - die Abrede, dass für den Anspruch der Klägerin auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung die jeweils gültige Satzung und die jeweils gültigen Leistungsbedingungen der Pensionskasse maßgeblich sein sollen. Auch bestimmt sich die Höhe der jährlich erworbenen Rentenbausteine und die hieraus zu zahlende Rente ua. nach den in den einzelnen Kalenderjahren gezahlten Beiträgen. Dabei beträgt der Beitrag nach § 4 Abs. 1a Nr. 1 Satz 1 Satzung BVV mindestens 3,5 vH des laufenden Bruttoeinkommens, woran sich die Klägerin zu einem Drittel nach § 4 Abs. 1a Nr. 1 Satz 2 Satzung BVV beteiligt. Auch ist nicht erkennbar, dass die Beteiligung der Klägerin an der Finanzierung des Versorgungsversprechens in ihrem freien Belieben steht (vgl. zu diesem Aspekt  - Rn. 47 mwN). Diese Indizien könnten dafür sprechen, dass die Zusage der Arbeitgeberin auch die auf den Beiträgen der Klägerin beruhenden Leistungen umfasst.

34Diese Umstände lassen jedoch bei beitragsorientierten Versorgungszusagen, die - wie im Fall der Klägerin durch die einzelvertragliche Zusage vom 11./ - bereits vor Inkrafttreten des § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG am erteilt wurden, für sich genommen noch nicht den Schluss darauf zu, dass der Arbeitgeber damit auch die Leistungen zusagen wollte, die auf den Eigenbeiträgen der Arbeitnehmer beruhen. Vielmehr wurden damit eine Lastenverteilung und eine Berechnungsweise für die Höhe der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vereinbart. Auch aus Art. 3 Abs. 1 AVB Tarif DN ergibt sich vorliegend nichts anderes. Diese Bestimmung regelt lediglich Zahlungsmodalitäten, benennt den Arbeitgeber als Zahlstelle und ordnet dadurch lediglich im Interesse der Funktionsfähigkeit der Pensionskasse eine Haftung des Arbeitgebers auch für evtl. Eigenbeiträge der Arbeitnehmer an.

35c) Aus dem ATV kann die Klägerin für sich nichts Günstigeres herleiten, da dieser lediglich einen Beitragssatz iHv. insgesamt 3,5 vH des beitragspflichtigen Einkommens vorsieht, die Beklagte jedoch aufgrund der arbeitsvertraglichen Regelung einen Beitragsanteil iHv. 4,0 vH zu erbringen hat.

363. Die Beklagte ist aber auch hinsichtlich der auf Arbeitgeberbeiträgen beruhenden Versorgung nicht aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG verpflichtet, bereits jetzt für eine bei Eintritt des Versorgungsfalls möglicherweise erfolgende Leistungsherabsetzung durch Leistung von Zusatzbeiträgen einzustehen. Eine entsprechende Einstandspflicht kann erst bei Eintritt des Versorgungsfalls bestehen.

37a) § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG beruht auf der Erwägung, dass im Betriebsrentenrecht von jeher zwischen der arbeitsrechtlichen Grundverpflichtung und dem Durchführungsweg unterschieden wird (vgl. etwa  - zu II 1 der Gründe). Der eingeschaltete externe Versorgungsträger ist nur ein Instrument des Arbeitgebers, mit dem dieser sein im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis erteiltes Versorgungsversprechen erfüllt. Ebenso wie der Arbeitgeber im Fall einer unmittelbaren Versorgungszusage bei Eintritt des Versorgungsfalls an den Versorgungsberechtigten die Leistungen zu erbringen hat, zu denen er sich in der Versorgungszusage verpflichtet hat, ist er auch bei Erteilung einer mittelbaren Versorgungszusage an sein im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis gegebenes Versorgungsversprechen gebunden. Deshalb hat er, wenn die geschuldete Versorgung nicht auf dem vorgesehenen Durchführungsweg bewirkt wird, dh. wenn der externe Versorgungsträger nicht leistet, dem Versorgungsberechtigten die Leistungen zu verschaffen, die er ihm zugesagt hat (vgl. etwa  - aaO). Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen der externe Versorgungsträger nicht leistet, ob den Arbeitgeber hieran ein Verschulden trifft und ob er das Nichtleisten hätte verhindern können. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers führt nicht lediglich zu verschuldensabhängigen Schadensersatz-, sondern zu verschuldensunabhängigen Erfüllungsansprüchen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer ( - Rn. 56, BAGE 149, 212).

38Arbeitgeber, die - wie die Beklagte - die betriebliche Altersversorgung über einen externen Versorgungsträger durchführen, werden hierdurch nicht unverhältnismäßig belastet. Der Arbeitgeber ist bei der von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung nicht nur frei in der Entscheidung, ob er überhaupt Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erbringen will, in welchem Umfang dies der Fall sein soll und welcher Personenkreis begünstigt werden soll; er bestimmt auch den Durchführungsweg, über den seine Versorgungszusage abgewickelt werden soll und wählt innerhalb der mittelbaren Durchführungswege den Versorgungsträger aus. Er hat es deshalb in der Hand, einen Versorgungsträger zu wählen, der ihm hinreichende Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten bietet. Dies gilt selbst in Fällen, in denen - anders als vorliegend - die Versorgungszusage aus einer Zeit vor dem Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes herrührt (vgl.  - Rn. 57, BAGE 149, 212). Bei tarifvertraglichen Versorgungssystemen gilt nichts anderes; das Tarifvertragssystem ist darauf angelegt, dass Tarifverträge den Interessen beider Seiten gerecht werden (vgl.  - Rn. 47, BAGE 117, 308).

39b) Den Arbeitgeber trifft deshalb auch bei einer Pensionskassenzusage grundsätzlich die Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG und er hat deshalb bei Eintritt eines Versorgungsfalls dem Versorgungsberechtigten für die Erfüllung der diesem zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einzustehen. Welche Zusage der Arbeitgeber gegeben und für die er auch einzustehen hat, richtet sich nach den Vereinbarungen im Valutaverhältnis, die ihrerseits veränderlich sind. So kann der Arbeitgeber seine Zusage dadurch ausfüllen, dass er auf Regelungswerke (Satzung und Tarifbedingungen) des mittelbaren Versorgungsträgers dynamisch Bezug nimmt. Mit der dynamischen Verweisung auf die Satzung und die Leistungsbedingungen etwa einer Pensionskasse legt der Arbeitgeber die für das arbeitsrechtliche Grundverhältnis maßgeblichen Versorgungsbedingungen fest. Für die Erfüllung der hieraus resultierenden Verpflichtungen hat er nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG, der - außer im hier nicht vorliegenden Fall des § 21 BetrAVG - nach § 19 Abs. 1 BetrAVG (bis zum : § 17 Abs. 3 BetrAVG) nicht tarifdispositiv ist, einzustehen.

40c) Auch eine dynamische Verweisung auf die Satzung und die Leistungsbedingungen einer Pensionskasse berechtigt den Arbeitgeber jedoch nicht zu beliebigen Eingriffen in die Besitzstände der Arbeitnehmer. Vielmehr unterliegt das Gebrauchmachen von einem in der dynamischen Verweisung liegenden Änderungsvorbehalt einer Rechtskontrolle. Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit dürfen nicht verletzt werden. Aus diesen Grundsätzen folgt, dass die Gründe, die den Eingriff rechtfertigen sollen, umso gewichtiger sein müssen, je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen wird. Das gilt auch, wenn die Versorgungszusage durch eine dynamische Verweisung auf die Regelungen eines externen Durchführungswegs - hier die Satzung und die Tarifbestimmungen einer Pensionskasse - ausgestaltet ist ( - Rn. 46 ff., BAGE 149, 212).

41Die Abänderung der Versorgungszusage zulasten des Arbeitnehmers setzt daher voraus, dass dem Arbeitgeber hierfür hinreichend gewichtige Gründe zur Seite stehen. Nicht maßgeblich ist hingegen, wie sich die wirtschaftliche Lage der Pensionskasse darstellt und ob diese wegen ihrer wirtschaftlichen Lage die Leistungen herabsetzen darf. Der Arbeitgeber kann die Abänderungsmöglichkeit deshalb nicht davon abhängig machen, dass bei der Pensionskasse ein Grund für eine Herabsetzung der Leistungen vorliegt. Da davon auszugehen ist, dass sich der Arbeitgeber mit einer dynamischen Verweisung auf die Satzung und die Richtlinien einer Pensionskasse nur solche Änderungen vorbehalten will, die den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen entsprechen, ist - sofern keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Auslegung bestehen - die dynamische Verweisung so zu verstehen, dass sich der Arbeitgeber lediglich die in diesem Rahmen zulässigen Änderungen vorbehält ( - Rn. 47, BAGE 149, 212). Eine Ablösung von Versorgungsregelungen bei einer Pensionskasse ist mit Wirkung für den Arbeitgeber deshalb nur dann möglich, wenn bei diesem auch eine Direktzusage hätte abgelöst werden können (vgl.  - Rn. 61).

42d) Ob der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG bei Eintritt des Versorgungsfalls für Leistungen einzustehen hat, die sich nach der Satzung und den Tarifbedingungen in der Höhe richten, die bei der Erteilung der Versorgungszusage galten oder die nach den aufgrund der dynamischen Bezugnahme bei Eintritt des Versorgungsfalls gelten, richtet sich danach, ob es für die Änderungen hinreichende Gründe im Sinne des dreistufigen Prüfungsschemas des Senats (st. Rspr. seit  - zu B II 3 c der Gründe, BAGE 49, 57) gibt. Sind zum Zeitpunkt der Änderung solche Gründe vorhanden, richtet sich das Versorgungsversprechen nach den neuen geänderten Tarifbestimmungen mit der Folge, dass es zu keinem Auseinanderfallen von zugesagten Leistungen und den von der Pensionskasse erbrachten Leistungen führt. Fehlen derartige Gründe für die Änderung, so bleibt es bei der ursprünglichen Versorgungszusage mit der Folge, dass der Arbeitgeber für die Differenz zwischen den von ihm zugesagten Versorgungsleistungen und den von der Pensionskasse erbrachten Versorgungsleistungen nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG einzustehen hat.

43e) Diese gesetzliche Verpflichtung besteht jedoch - wie sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt - erst mit dem Eintritt des Versorgungsfalls, denn erst ab diesem Zeitpunkt ist die Zusage zu erfüllen und sind Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren. Erst zu diesem Zeitpunkt steht verbindlich fest, welche Differenz zwischen den vom mittelbaren Versorgungsträger erbrachten Leistungen im Leistungsverhältnis einerseits und den vom Arbeitgeber im Valutaverhältnis zugesagten Leistungen andererseits besteht und für die der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG unmittelbar einzustehen hat. Vorliegend geht es nicht darum, dass der Arbeitgeber der Klägerin eine betriebliche Versorgung nach der Satzung und den Tarifbedingungen des BVV bei diesem zu verschaffen hat. Ebenso wenig wird um die Einhaltung des Durchführungswegs der Pensionskassen gestritten. Die nach den maßgeblichen Versorgungsregelungen zu leistenden Beiträge führt die Beklagte ab. Die Versorgungsregelungen bestimmen den Inhalt der Verpflichtung auf Einhaltung des Durchführungswegs (grundlegend  - Rn. 22 ff., BAGE 123, 82) und damit auch die Grenzen dieser Verpflichtung. Vielmehr geht es darum, dass der Arbeitgeber im Versorgungsfall dafür einzustehen hat, dass der Arbeitnehmer die Leistungen erhält, die ihm vom Arbeitgeber für diesen Zeitpunkt zugesagt wurden. Dies setzt einen Vergleich von zugesagten und von der Pensionskasse tatsächlich erbrachten Leistungen voraus. Das kann erst bei Eintritt des Versorgungsfalls erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt kann sich der Arbeitgeber auch noch darauf berufen, dass hinsichtlich seiner ursprünglich erteilten Versorgungszusage wegen der Höhe der Versorgung, für die er einzustehen hat, eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) eingetreten ist.

44f) Damit stellt § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG in der vorliegenden Konstellation keine Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf Leistung von Zusatzbeiträgen durch die Beklagte dar.

45III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung und der Revision zu tragen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2020:120520.U.3AZR158.19.0

Fundstelle(n):
BB 2020 S. 1459 Nr. 26
LAAAH-50662