Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Strafschärfende Berücksichtigung der hohen Rückfallgeschwindigkeit eines betäubungsmittelabhängigen Angeklagten
Instanzenzug: LG Würzburg Az: 822 Js 719/19 - 5 KLs
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge einer Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2Das Landgericht hat bei der Strafzumessung die hohe Rückfallgeschwindigkeit strafschärfend zum Nachteil des Angeklagten gewichtet, ohne dabei in seine diesbezügliche Wertung einzubeziehen, dass der Angeklagte seit vielen Jahren betäubungsmittelabhängig ist. Dies begegnet durchgreifenden Bedenken. Eine bestehende Abhängigkeit des Angeklagten von Betäubungsmitteln muss bei der Bewertung der Rückfallgeschwindigkeit maßgeblich ins Gewicht fallen, gerade wenn es – wie hier – nur um den Besitz von Betäubungsmitteln in einer Menge geht, die mit einem bloßen Eigenkonsum erklärbar sein kann. Denn der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln und damit auch der schnelle Rückfall mit einer einschlägigen Straftat sind dem Täter bei bestehender Betäubungsmittelabhängigkeit – auch ohne Vorliegen konkreter Entzugserscheinungen oder Angst vor deren Auftreten (vgl. hierzu im Zusammenhang mit § 21 StGB Rn. 8 mwN) – in geringerem Maße vorwerfbar als ohne entsprechende Abhängigkeit, weil ein solcher Täter dem Tatanreiz suchtbedingt in besonderer Weise ausgesetzt ist und diesem daher schwerer widerstehen kann. Das Landgericht ist zwar mit Blick auf die massive Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten von einer geminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten (§ 21 StGB) ausgegangen und hat der Strafzumessung den deshalb nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen zugrunde gelegt. Es hätte dem Angeklagten aber auch den Strafschärfungsgrund der Rückfallgeschwindigkeit nur nach dem Maß seiner geminderten Schuld anlasten dürfen (vgl. Rn. 4; vgl. auch ‒ 2 StR 132/14 Rn. 4).
3In Anbetracht der hohen Strafe kann der Senat nicht ausschließen, dass sich der Rechtsfehler ausgewirkt hat.
4Die Feststellungen bleiben bestehen, weil es sich bei dem zur Aufhebung führenden Rechtsfehler um einen bloßen Wertungsfehler handelt (§ 353 Abs. 2 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:040320B1STR46.20.0
Fundstelle(n):
XAAAH-49035