Umsatzsteuer | Vorsitzender des Verwaltungsrats eines berufsständischen Versorgungswerks unterliegt mit dieser Tätigkeit nicht der Umsatzsteuer (FG)
Die Einnahmen eines Verwaltungsratsvorsitzenden unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn der Verwaltungsratsvorsitzende weder im eigenen Namen nach außen auftritt noch gegenüber dem Versorgungswerk über die Befugnis verfügt, die für dessen Führung erforderlichen Entscheidungen zu treffen. (; Revision eingelegt, BFH-Az. V R 6/20).
Sachverhalt: Der Kläger, ein selbständiger Freiberufler, war Vorsitzender des Verwaltungsrates eines berufsständischen Versorgungswerks, das einer Berufskammer angehörte. Das Versorgungswerk wurde durch einen gewählten, nach der Satzung des Versorgungswerks ehrenamtlichen Verwaltungsrat geführt. Der Verwaltungsrat wurde durch einen Vorsitzenden, den Kläger, geleitet. Die Entscheidungen des Verwaltungsrats wurden durch Abstimmung getroffen.
Nach einer Entschädigungssatzung des Verwaltungswerks erhielt der Vorsitzende eine regelmäßige monatliche Aufwandsentschädigung sowie Fahrtkostenersatz und Sitzungsgelder.
Das Finanzamt hielt die Tätigkeit des Klägers als Verwaltungsrat für umsatzsteuerbar und - wegen der Höhe seiner Bezüge auch im Lichte des § 4 Nr. 26 UStG - steuerpflichtig.
Dem widersprach das Niedersächsische FG und entschied zugunsten des Klägers:
Der Kläger unterliegt mit seinen Einnahmen aus der Tätigkeit für das Versorgungswerk nicht der Umsatzsteuer.
Die Tätigkeit ist zwar wirtschaftlicher Natur, sie ist aber nicht i. S. von Art. 9 MwStSystRL als selbständig anzusehen, da der Kläger erstens nicht im eigenen Namen nach außen auftritt, sondern nur das Versorgungswerk vertritt, und zweitens dem Versorgungswerk gegenüber nach dessen Satzung keine individuelle Verantwortung und kein Haftungsrisiko trägt.
Der Kläger ist auch nicht deshalb unternehmerisch tätig, weil er Fahrtkostenersatz und Sitzungsgelder bezogen hat. Die Anberaumung von Sitzungen hat nicht ihm oblegen, die Beträge sind nicht hoch gewesen.
Hinweis: Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Justiz veröffentlicht. Eine Aufnahme der Entscheidung in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze. Die Revision ist beim BFH unter dem anhängig.
Das Niedersächsische FG hat - soweit ersichtlich - als erstes Finanzgericht unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH ( „IO“) zur Steuerbarkeit der Einnahmen eines Verwaltungsratsvorsitzenden Stellung genommen. Diese Entscheidung folgt der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, steht aber im Widerspruch zu der bisher von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung.
Quelle: Niedersächsisches FG, Newsletter vom (RD)
Fundstelle(n):
VAAAH-48966