BGH Beschluss v. - 2 StR 595/18

Entschädigung des Verletzten: Anforderungen an den Adhäsionsantrag

Gesetze: § 404 Abs 1 S 2 StPO, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO

Instanzenzug: LG Fulda Az: 122 Js 14081/17 - 1 Ks

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass der Angeklagte dem Grunde nach zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes und zum Ersatz der dem Adhäsionskläger aus der Körperverletzung entstandenen und eventuell noch entstehenden Spätfolgen verpflichtet sei. Im Übrigen hat das Landgericht von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge abgesehen. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt lediglich zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung der Adhäsionsentscheidung.

21. Die Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet.

32. Der Senat hat auf die Sachrüge den Adhäsionsausspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich geändert und ergänzt:

4a) Der Adhäsionskläger hat im Wege der Leistungsklage beantragt, den Angeklagten zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes zu verurteilen, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichts gestellt hat, sowie „festzustellen, dass die dem Nebenkläger aus der Straftat entstandenen und eventuell noch entstehenden Spätfolgen von dem Angeklagten zu ersetzen sind.“ Zudem hat er angekündigt, das Mindestmaß des begehrten Schmerzensgeldes nach Erstattung des beantragten Sachverständigengutachtens über die körperlichen Folgen der Tat zu beziffern. Dies hat er bis zum Ende der Hauptverhandlung nicht getan.

5Das Landgericht hat sich, was die Geltendmachung eines angemessenen Schmerzensgeldes anbelangt, auf den Erlass eines Grundurteils beschränkt.

6Dies ist auf der Grundlage bisheriger Rechtsprechung rechtsfehlerhaft, weil der Adhäsionsantrag nicht den Zulässigkeitsanforderungen der § 404 Abs. 1 Satz 2 StPO; § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügte. Beide Vorschriften verlangen die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag. Sie stehen der Zulässigkeit eines unbezifferten Klageantrags nur dann nicht entgegen, wenn der Umfang der beantragten Geldleistung durch Angabe einer Größenordnung eingegrenzt wird. Dadurch sollen Gericht und Gegner darüber unterrichtet werden, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 StR 585/15, juris Rn. 11; BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 396/17; vom – 4 StR 516/17, juris Rn. 14; Urteil vom – 3 StR 618/17, juris Rn. 11; Beschlüsse vom – 4 StR 484/18, juris Rn. 15; Senat, Beschluss vom – 2 StR 569/18, juris Rn. 2; jeweils unter Berufung auf ältere Rechtsprechung des VI. Zivilsenats, , NJW 1982, 340 f. und vom – VI ZR 70/82, NJW 1984, 1807; 1809 f.; gegen das Erfordernis der Nennung eines Mindestbetrags als Zulässigkeitsvoraussetzung Pardey in Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 7. Kapitel Rn. 25; Wern, ebenda, 41. Kapitel Rn. 14 unter Verweis auf Gerlach, VersR 2000, 525, der mit beachtlichen Argumenten ausführt, die Rechtsprechung des VI. Zivilsenats zur Zulässigkeit sei aufgrund neuerer Entscheidungen überholt, weil das Gericht in keiner Weise an die Betragsvorstellungen des Klägers gebunden sei und diese nur für die Beschwer und damit für den Zugang zur zweiten Instanz von Bedeutung sei; vgl. dazu auch , NJW 2015, 1252).

7Eine von dem Adhäsionskläger hingenommene gerichtliche Streitwertangabe, die als eine entsprechende Wertangabe seinerseits angesehen werden könnte (vgl. , juris Rn. 16), ist nicht erfolgt. Von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag war daher insoweit abzusehen.

8b) Entfallen muss ebenfalls die Feststellung, dass der Angeklagte verpflichtet ist, dem Adhäsionskläger bereits entstandene (materielle) Schäden zu ersetzen. Insofern hat der Adhäsionskläger nicht dargetan, welche Schäden bereits entstanden sind und warum er nicht in der Lage ist, diese schon jetzt zu beziffern. Für die Feststellungsklage mangelt es daher insoweit am Feststellungsinteresse (, juris Rn. 3; Senat, Beschluss vom – 2 StR 585/15, juris Rn. 11).

9c) Hinsichtlich der künftig noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden besteht aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung das Feststellungsinteresse. Jedoch ist die Adhäsionsentscheidung insofern im Hinblick auf § 116 SGB X bzw. § 86 VVG unter den Vorbehalt zu stellen, dass eine Ersatzpflicht nur insoweit besteht, als die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Versicherer übergegangen sind.

103. Im Hinblick auf den nur geringfügigen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:120319B2STR595.18.0

Fundstelle(n):
OAAAH-48014