Online-Nachricht - Freitag, 17.04.2020

Coronavirus | 9 Punkte-Plan der BStBK und der WPK

Die BStBK und die WPK haben sich mit einem 9 Punkte-Plan an das BMF gewandt. Hierin regen sie weitere steuerliche und verfahrensrechtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise an.

Die Kammern halten folgende Maßnahmen für dringend erforderlich:

1. Abgabefristen für die Umsatzsteuervoranmeldungen verschieben

Die Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung sollte generell um 1 Monat verschoben werden, auch um das damit befasste Personal flexibler einsetzen zu können. Die Inanspruchnahme der Fristverlängerung sollte für die Unternehmen als Wahlrecht ausgestaltet werden, welches mit der verzögerten Abgabe ausgeübt wird. So ist gewährleistet, dass zu erstattende Vorsteuerüberhänge zeitnah ausgekehrt werden. Ziel sollte es sein, dass Steuerberater und ihre Mandanten keine separaten Anträge auf Fristverlängerung stellen müssen. Dies entlastet Steuerpflichtige, ihre Berater und Finanzverwaltung gleichermaßen.

2. Stundung auch für die Lohnsteuer ermöglichen

Mit dem BMF-Schreiben sowie den Gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom wurden wesentliche Erleichterungen geschaffen. Denn hiernach dürfen Unternehmen, die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen sind, bis zum u. a. die festgesetzte Umsatz-, Einkommen und Körperschaftsteuer auf Antrag stunden lassen. Leider ist die Lohnsteuer nicht von der Stundungsregelung umfasst. Um die Liquidität der Unternehmen nicht zu gefährden, sollte auch eine Stundungsregelung für die Lohnsteuer geschaffen werden.

3. Wahlrecht auf Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung)

Für alle Unternehmen sollte eine unkomplizierte und unbürokratische Möglichkeit geschaffen werden, ab dem 2. Quartal 2020 die Ist-Besteuerung gem. § 20 UStG ohne Beschränkung der Umsatzhöhe anzuwenden. Die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten gem. § 16 Abs. 1 UStG (Sollversteuerung) zwingt Unternehmer zur Abführung von Umsatzsteuer, selbst wenn diese mangels Zahlung des Leistungsempfängers noch nicht vereinnahmt wurde. Es muss verhindert werden, dass das Prinzip der Soll-Versteuerung wirtschaftlich zu einem Krisentreiber wird. Das Wahlrecht erlangt vor allem dann Bedeutung, wenn die zeitlich befristete Stundung der Umsatzsteuervoranmeldung ausläuft.

4. Zeitlich befristete Aussetzung aller steuerlichen Nebenleistungen und Aussetzung von Meldepflichten

Um Unternehmen in der Krise zu entlasten, sollten alle steuerlichen Nebenleistungen im Sinne von § 3 Abs. 4 Nr. 1-6 AO bis zum ausgesetzt werden.

Zudem sollten die Meldepflichten für Auslandssachverhalte (§ 138 Abs. 2 AO) und die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (§ 138d AO) ausgesetzt werden.

5. Unbürokratische Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) sollte im Zusammenhang mit der Corona-Krise ohne weitere Voraussetzung gewährt werden. Die Finanzverwaltung könnte beispielsweise den unbestimmten Rechtsbegriff „ohne Verschulden“ auf die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der Corona-Krise anwenden und unbürokratisch Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewähren.

6. Ermöglichung eines Verlustrücktrags

Um Unternehmen schnell die benötigte Liquidität zu verschaffen und deren Eigenkapitalbasis zu stärken, sollten sie die Möglichkeit erhalten, die aktuell entstehenden Verluste unmittelbar mit den Ergebnissen aus 2018 und 2019 zu verrechnen. Dazu müssten die Beschränkungen des § 10d EStG (Rücktrag von maximal 1.000.000 € in das Vorjahr) ausgesetzt werden. Wir regen eine unterjährige Verlustrücktragsmöglichkeit für einen Zeitraum von 2 Jahren und in Höhe von mindestens 4.000.000 € an. Die schnellste und effektivste Wirkung ließe sich erreichen, wenn die zuletzt gezahlte Einkommen- bzw. oder Körperschaftsteuer auf formlosen Antrag hin umgehend erstattet würde.

7. Schaffung eines "Corona - Abzugsbetrages"

Es wäre wünschenswert, dass Unternehmen, die im Jahr 2019 noch erfolgreich waren, steuerlich entlastet werden, um die hierdurch gewonnenen Mittel zur Bewältigung der Krise einsetzen zu können. Der Gesetzgeber sollte daher die Möglichkeit schaffen, einen gewinnwirksamen Passivposten bilden zu können (bspw. in Höhe von 300.000 €), der das Steuerergebnis im Jahr 2019 mindert. Diese Rücklage erhöht erst bei ihrer Auflösung im Jahr 2020 und 2021 das steuerliche Ergebnis. Ein solche Regelung könnte in Analogie zu § 6b EStG oder § 7g EStG geschaffen werden. Damit wäre es möglich, die Steuerzahllast des Jahres 2019 zu reduzieren bzw. eine Erstattung der Einkommen- und KörperschaftsteuerVorauszahlungen zu erhalten. Unter Bezug auf § 6c EStG soll eine Anwendung auch bei sog. § 4 (3) EStG-Rechnern gegeben sein. Wir halten es für notwendig, die Regelung auch auf betroffene Vermieter auszudehnen. Verfahrensrechtlich soll auf bestehende Grundsätze zurückgegriffen werden, ohne neue Verkomplizierungen zu schaffen. In der Anlage übersenden wir Ihnen einen entsprechenden Formulierungsvorschlag.

8. Nachteilige Auswirkungen der Corona-Krise auf Steuererleichterungen verhindern

Gesetzlich vorgesehene steuerliche Erleichterungen knüpfen in der Regel an restriktive Voraussetzungen unter stabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen an. In Folge der Corona-Krise sind diese Voraussetzungen oft nicht mehr zu erfüllen, da betriebswirtschaftlich notwendige Maßnahmen ergriffen werden müssen. Steuerliche Nachteile sollten daraus nicht resultieren.

Bei diesen Voraussetzungen handelt es sich insbesondere um Fristen, die bspw. das Aufschieben einer geplanten (Re-)Investition oder den Verkauf von einzelnen Wirtschaftsgütern des (Teil-)Betriebs bzw. dessen Einstellung mit steuerlichen Nachteilen verbinden. Dabei dürfte es in der aktuellen Situation vielfach erforderlich sein, einzelne Wirtschaftsgüter zu verkaufen oder Investitionen zu unterlassen und die dadurch geschaffene Liquidität vorzuhalten. Es sollte nicht zu einer „Strafsteuer“ kommen, wenn geplante Investitionen infolge der Corona-Krise verschoben werden müssen und dadurch z. B. die Fristen nach § 6b oder § 7g EStG nicht gehalten werden können.

Andere Regelungen machen Besteuerungskonsequenzen davon abhängig, dass ein gewisses Maß an privilegiertem Vermögen vorhanden ist (z. B. § 2 Abs. 6 InVStG, § 13a ErbStG) bzw. ein bestimmtes Maß an Liquidität nicht überschritten wird (z. B. § 13a ErbStG). Derartige Regelungen sollten bis auf weiteres ausgesetzt werden.

9. Generelle Fristverlängerung zur Abgabe der Jahressteuererklärungen

Um die Unternehmen während der Corona-Krise zu entlasten und den erhöhten Arbeitsaufwand bei den Steuerberatern abzufedern ist eine bundesweit einheitliche generelle Verlängerung der Fristen für alle noch offenen Fälle des Kalenderjahres 2018 bis zum erforderlich. Dies wäre ein gutes Signal an die Wirtschaft und würde den Druck bei allen Beteiligten erheblich mindern. Diese Maßnahme würde auch die Finanzverwaltung entlasten, die jetzt viele zusätzliche Aufgaben zu stemmen hat. Für alle Fälle des Kalenderjahres 2019 sollte die Abgabefrist bundesweit bis zum verlängert werden. Soweit erforderlich, sollten entsprechende Verlängerungen auch für die abweichenden Fristen für Land- und Forstwirtschaftliche Betriebe vorgesehen werden.

Hinweis:

Der 9 Punkte-Plan der BStBK und WPK ist auf der Homepage der BStBK veröffentlicht. Dort findet sich auch ein Formulierungsvorschlag zu § 6d EStG in Bezug auf einen "Corona - Abzugsbetrag".

Quelle: u.a. BStBK, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB SAAAH-46611