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Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Corona-Krise
Formlose Antragstellung bei den Krankenkassen
[i]GKV-Spitzenverband, Coronavirus: Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen, NWB-Nachricht v. 30.3.2020 NWB BAAAH-45516 Derzeit stehen viele Unternehmen vor dem Problem, dass sie aufgrund der Corona-Pandemie einerseits zum Teil erhebliche Umsatzeinbußen zu verzeichnen haben, andererseits aber weiterhin Sozialversicherungsbeiträge schulden. Inwieweit das neue Maßnahmenpaket des Gesetzgebers hier weiterhelfen kann und nun mit dem Besprechungsergebnis vom vom GKV-Spitzenverband umgesetzt werden soll, wird der folgende Beitrag kurz beleuchten.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Rechtliche Ausgangslage
Nach [i]Schönfeld/Plenker, Abführung der Sozialversicherungsbeiträge, Lexikon Lohnbüro NWB LAAAD-14204 § 23 SGB IV werden Sozialversicherungsbeiträge (SV-Beiträge) spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig. Nach § 24 SGB IV werden für SV-Beiträge, die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wurden, Säumniszuschläge fällig. Aufgrund der individuellen Vollstreckungsgesetze der Bundesländer kommen beim Einzug der überfälligen SV-Beiträge weitere Mahn- und Vollstreckungskosten hinzu.
In „normalen“ Fällen von Zahlungsschwierigkeiten gab es auch schon bisher das Instrument der Stundung. § 76 SGB IV regelt, dass SV-Beiträge – zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen – gegen eine angemessene Verzinsung und Sicherheitsleistung gestundet werden können.
II. Erleichterte Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen
[i]Voraussetzungen und NachweisVor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sind die vorhandenen Instrumente für die meisten Unternehmen nicht ausreichend, da sie mit hohen Nebenkosten verbunden sind.
Wenn Unternehmen durch die Corona-Pandemie unmittelbar und nicht nur unerheblich betroffen sind, somit die sofortige Einziehung der SV-Beiträge eine erhebliche Härte darstellen würde und andere vorrangige Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen (wie z. B. das Kurzarbeitergeld) nicht greifen, kommt nun das Instrument „erleichterte Stundung von SV-Beiträgen“ in Betracht. Diese Beitragsstundungen sind stets nachrangig.
Als Nachweis gegenüber der Einzugsstelle (= Krankenkasse) soll i. d. R. eine glaubhafte Erklärung des Arbeitgebers über die erheblichen Umsatzeinbußen ausreichen. Ggf. ist hierzu ein bestätigendes Schreiben der Steuerkanzlei mitzuliefern. S. 376
III. Umsetzung in der betrieblichen Praxis
1. Antragstellung
[i]Keine Mahngebühren oder VollstreckungenIn der Praxis wird es ausreichen, wenn Arbeitgeber die erleichterte Stundung der SV-Beiträge bei den Einzugsstellen formlos beantragen. Der Antrag gilt vorerst nur für die Monate März und April 2020. Darüber hinaus werden aber auch alte Beitragsschulden erfasst, die bereits vor März 2020 aufgelaufen sind. Es werden dann weder Sicherheitsleistungen benötigt noch Stundungszinsen sowie Mahn- und Vollstreckungskosten fällig.
2. Keine Stundung bei Kurzarbeitergeld
Mit dem neuen Maßnahmenpaket des Gesetzgebers vom wurde sichergestellt, dass der Arbeitgeber bei Bezug von Kurzarbeitergeld die SV-Beiträge (für das fiktive Entgelt) von der Bundesagentur erstattet bekommt. Somit wird die erleichterte Stundung von SV-Beiträgen nur bis zur Gewährung des Kurzarbeitergeldes greifen.
3. Auswirkungen auf freiwillig gesetzlich Krankenversicherte
[i]Erleichterungen auch für freiwillige MitgliederHaben sich z. B. Selbständige für eine freiwillige Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse entschieden, schulden sie ihre Krankenversicherungsbeiträge selbst der Krankenkasse.
Die vorgenannten Erleichterungen zur erleichterten Stundung von SV-Beiträgen greifen hier identisch.
Darüber hinaus können Selbständige – wie auch schon bisher – ihren Gewinneinbruch bei der Krankenkasse und somit eine unverhältnismäßige Belastung i. S. des § 6 der Beitragsverfahrensgrundsätze für Selbstzahler anzeigen und so eine Beitragsminderung erreichen. Auch hier wird es hilfreich sein, diese Umsatzeinbußen durch ein bestätigendes Schreiben der Steuerkanzlei zu belegen.
[i]Eilts, Corona-Krise: Erleichterungen bei der sozialversicherungsrechtlichen Beitragszahlung, NWB 14/2020 S. 967 NWB XAAAH-45513 Da die Krankenkassen der vom Gesetzgeber vorgegebenen Richtung folgen, ist davon auszugehen, dass das Verfahren zur erleichterten Stundung von SV-Beiträgen unkompliziert und ohne großen bürokratischen Aufwand umgesetzt werden wird. Jetzt kommt es nur noch darauf an, dass die Betroffenen entsprechende (formfreie) Anträge bei den Krankenkassen stellen. Letztlich sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die SV-Beiträge nur gestundet – nicht erlassen! – werden, also später noch gezahlt werden müssen. Da die Sozialversicherungsträger im Umlagesystem finanziert werden, dienen die laufenden Beiträge z. B. der Finanzierung der Gesundheitsmaßnahmen und des Kurzarbeitergeldes. Die vereinfachten Stundungsmaßnahmen sind nur auf einen kurzen Zeitkorridor angelegt, da davon auszugehen ist, dass einerseits die Regelungen zum Kurzarbeitergeld und andererseits alle weiteren Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen (z. B. vereinfachter Zugang zu Krediten, Bürgschaften und steuerlichen Liquiditätshilfen) zeitnah wirksam werden. Vereinfachte Stundungen werden dann nach Ansicht der Krankenkassen nicht mehr nötig sein.