Lückenhafte Beweiswürdigung bei fehlenden Angaben zur Einlassung des Angeklagten
Gesetze: § 261 StPO, § 337 Abs 1 StPO
Instanzenzug: LG Braunschweig Az: 8 KLs 38/17
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten G. unter Freispruch im Übrigen wegen Diebstahls in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Den Angeklagten S. hat es wegen Beihilfe zum Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die jeweils auf Verfahrensrügen und materiell-rechtliche Beanstandungen gestützten Revisionen der Angeklagten führen zur Aufhebung des Urteils.
21. Nach den Feststellungen spähten die Angeklagten zusammen mit weiteren, teils unbekannt gebliebenen Mittätern in wechselnder Beteiligung hochwertige Autos aus, die sie sodann entwendeten. Meist leitete der Angeklagte G. die Planungen der Tatausführung und organisierte die anschließende Überführung der Fahrzeuge. Diese wurden jeweils durch „Schlossziehen“ unberechtigt geöffnet. Sodann wurden sogenannte Schlüsseldummys an die einzelnen Fahrzeuge angelernt, indem mittels eines Computers, der an ihr On-Bord-Diagnosesystem angeschlossen wurde, die Fahrzeugdaten auf die Schlüsseldummys übertragen wurden. In den Fällen 2 bis 5 übernahm der Nichtrevident B. diese Aufgabe. Mit den so erstellten Zweitschlüsseln konnten die Fahrzeuge dann gestartet und von Kurieren in das osteuropäische Ausland gebracht werden, wo sie entweder weiterveräußert wurden oder als „Teilespender“ für andere Fahrzeuge dienten. In Fall 7 unterstützte der Angeklagte S. den Angeklagten G. bei der Tat.
32. Die Revisionen führen bereits mit der Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, so dass es auf die Verfahrensrügen nicht ankommt.
4a) Die Beweiswürdigung, aufgrund derer sich das Landgericht die Überzeugung von den Taten verschafft hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sie ist lückenhaft, weil Angaben dazu fehlen, ob und wie sich die Angeklagten G. und S. zu den Tatvorwürfen eingelassen haben (vgl. − 2 StR 403/14, NStZ 2015, 299). Unter sachlich-rechtlichen Gesichtspunkten ist regelmäßig eine Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten erforderlich, damit das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob sich das Tatgericht unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eine tragfähige Grundlage für seine Überzeugungsbildung verschafft und das materielle Recht richtig angewendet hat (vgl. , NStZ-RR 1999, 45).
5Den Urteilsgründen lässt sich lediglich entnehmen, dass die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten auf ihren Angaben und diejenigen zur Sache auf den geständigen Angaben des Nichtrevidenten B. zu seinen eigenen Tatbeiträgen sowie insbesondere Funkzellendaten und Telekommunikationsüberwachung beruhen. Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass die Angeklagten keine Angaben zur Sache gemacht haben.
6Auch in Anbetracht der hier gegebenen äußerst schwierigen Beweislage kann ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden.
72. Für den Fall einer erneuten Verurteilung des Angeklagten G. weist der Senat darauf hin, dass die Einziehungsentscheidung einer Bestimmung der relevanten Zeitwerte der Fahrzeuge auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung bedarf (vgl. ).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:121219B5STR444.19.0
Fundstelle(n):
XAAAH-44622