Überbrückungsbeihilfe - zumutbares Angebot - Sicherungsfall
Leitsatz
1. Dem Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich steht es nicht entgegen, wenn dem Arbeitnehmer nach seiner Entlassung von den Stationierungsstreitkräften eine anderweitige zumutbare Verwendung angeboten wird. Die negative Anspruchsvoraussetzung des § 2 Ziff. 3 TV SozSich bezieht sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der Entlassung.
2. Geht ein entlassener Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften ein, enden ein aufgrund der ursprünglichen Entlassung bestehender Sicherungsfall und mit ihm der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mit dem beabsichtigten Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses.
Gesetze: § 1 TVG, § 520 Abs 2 S 3 ZPO, § 64 Abs 6 ArbGG, Art 2 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG
Instanzenzug: ArbG Würzburg Az: 3 Ca 513/17 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Nürnberg Az: 5 Sa 51/18 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV SozSich) vom .
2Der am geborene Kläger war seit dem bei den US-Stationierungsstreitkräften in deren Dienststelle in S beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme ua. der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) vom nebst Ergänzungstarifverträgen und der TV SozSich Anwendung. Letzterer bestimmt auszugsweise:
3Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund Kündigung wegen Auflösung der Dienststelle S zum . Ab war der Kläger in einer Transfergesellschaft beschäftigt. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD) gewährte ihm antragsgemäß Überbrückungsbeihilfe ab diesem Zeitpunkt. Auf weiteren Antrag bewilligte die ADD dem Kläger mit Schreiben vom Überbrückungsbeihilfe ab bis zum Arbeitsentgelt aus einem für diesen Zeitraum befristeten Arbeitsvertrag vom mit dem Freistaat Bayern.
4Am schloss der Kläger mit den US-Stationierungsstreitkräften einen neuen unbefristeten Arbeitsvertrag, beginnend ab . Auf die Bitte des Klägers um Überprüfung dieses Arbeitsvertrags teilte die ADD mit Schreiben vom mit, dass Überbrückungsbeihilfe zum Arbeitsentgelt nur aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte gezahlt werden könne. Mit E-Mail vom informierte der Kläger die US-Stationierungsstreitkräfte darüber, dass er das neue Arbeitsverhältnis zum nicht antreten werde. Die US-Stationierungsstreitkräfte baten um Rücksendung des Originalarbeitsvertrags. Dieses Arbeitsverhältnis wurde nicht in Vollzug gesetzt.
5Letztmals im September 2016 erhielt der Kläger Überbrückungsbeihilfe in Höhe von 1.075,96 Euro brutto. Mit Schreiben vom teilte ihm die ADD mit, das Entgelt aus seiner Beschäftigung beim Freistaat Bayern werde ab nicht mehr als Anknüpfleistung anerkannt. Im Hinblick auf den nicht angetretenen Arbeitsvertrag mit den US-Stationierungsstreitkräften ließen die Gesamtumstände Rückschlüsse auf einen Missbrauchstatbestand bzw. treuwidriges Verhalten zu.
6Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Weiterbezug der Überbrückungsbeihilfe scheitere nicht an § 2 Ziff. 3 TV SozSich. Das Angebot einer anderweitigen zumutbaren Beschäftigung müsse im Zeitpunkt der Entlassung vorliegen. Ein späteres Angebot seitens der Stationierungsstreitkräfte schließe Leistungen nach dem Tarifvertrag nicht aus. Er habe sich auch nicht rechtsmissbräuchlich verhalten. Die Erläuterungen zum TV SozSich regelten unter Ziff. 2.6.2.1 abschließend die Fälle eines möglichen Rechtsmissbrauchs.
7Der Kläger hat beantragt,
8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, ein Angebot einer anderweitigen zumutbaren Verwendung nach der Entlassung führe ebenfalls zu einem Anspruchsausschluss nach § 2 Ziff. 3 TV SozSich. Eine Wiederaufnahme der Tätigkeit bei den US-Stationierungsstreitkräften sei die beste Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Zudem sei das Verhalten des Klägers illoyal und rechtsmissbräuchlich. Er habe versucht, den Bedingungseintritt für den Entfall der Überbrückungsbeihilfe infolge Wiederaufnahme einer Tätigkeit bei den US-Stationierungsstreitkräften zu verhindern.
9Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Gründe
10Die Revision hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
11I. Das folgt im Hinblick auf die beantragte Feststellung der Anspruchsberechtigung des Klägers auf Zahlung der Überbrückungsbeihilfe über den hinaus bis zum bereits daraus, dass die Berufung insoweit unzulässig gewesen ist.
121. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessfortsetzungsvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung. Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Das gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat. Ist die Berufung unzulässig, hat das Revisionsgericht entweder eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung als unzulässig zu verwerfen oder die Revision zurückzuweisen ( - Rn. 14; - 8 AZR 458/16 - Rn. 10 mwN).
132. Die Berufungsbegründung muss nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung des angefochtenen Urteils und deren Entscheidungserheblichkeit ergibt. Sie soll die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter überprüfen und den Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereiten (vgl. - Rn. 7). Ausgehend von diesem Zweck muss die Berufungsbegründung auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen, lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen ( - zu 2 a der Gründe mwN).
14Ausgehend von dem dargelegten Konzentrations- und Beschleunigungszweck des Begründungserfordernisses nach § 520 ZPO kann der bloße Hinweis auf die Entscheidung eines anderen Gerichts, die zu dem vom Berufungsführer mit der Berufung angestrebten Ergebnis gekommen ist, eine eigene Auseinandersetzung des Berufungsführers mit der angefochtenen Entscheidung grundsätzlich nicht ersetzen. Aus einer solchen Bezugnahme lässt sich ohne eigenständige Würdigung dieser Entscheidung durch den Berufungsführer und ihrer Anwendung auf die anzufechtende Entscheidung nicht andeutungsweise entnehmen, mit welchen rechtlichen Argumenten die in Bezug genommene Entscheidung zu ihrem Ergebnis gekommen ist. Insbesondere lässt sich nicht erkennen, ob und inwieweit sich die Argumentation der in Bezug genommenen Entscheidung auf die tragenden Gründe der angefochtenen Entscheidung bezieht und damit überhaupt geeignet ist, diese in Frage zu stellen ( - Rn. 14; für das Revisionsverfahren - Rn. 12).
153. Diesen Begründungsanforderungen wird die Berufung des Klägers im Hinblick auf den Feststellungsantrag nicht gerecht.
16a) Das Arbeitsgericht hat diesen Antrag als unzulässig abgewiesen, da ihm das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse fehle. Der Kläger sei gehalten gewesen, etwaige Ansprüche im Wege der Leistungsklage geltend zu machen, da die monatlichen Leistungen je nach Umfang anderweitig erzielter Vergütung variierten.
17b) In der Berufungsbegründung hat der Kläger lediglich eine aus seiner Sicht vergleichbare Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom (- 13 Sa 89/99 -) benannt, in der das Gericht eine solche Feststellungsklage als zulässig angesehen habe. Weiter hat er unter Einfügung eines wörtlichen Zitats aus der Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom (- 10 Sa 2293/97 - juris-Rn. 24) ausgeführt, auch dieses Gericht habe keine Bedenken gegen die Zulässigkeit eines solchen Feststellungsantrags. Schließlich hat der Kläger noch auf die Entscheidung des - 6 AZR 397/15 - Rn. 11) verwiesen.
18Eine fallbezogene Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung liegt hierin ersichtlich nicht. Die bloße Bezugnahme auf die angeführten Entscheidungen und deren auszugsweise wörtliche Wiedergabe lässt weder erkennen, welche Ausführungen des Arbeitsgerichts die Berufung in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht beanstandet, noch welche Gründe für eine davon abweichende Auffassung sprechen und geeignet sein sollen, die tragenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, wonach wegen der schwankenden Höhe der monatlichen Überbrückungsbeihilfe ein Leistungsantrag vorrangig gewesen wäre, in Frage zu stellen. Dieser rechtliche Gesichtspunkt wird in den von der Berufung angeführten Entscheidungen nicht einmal erörtert.
19II. Bezüglich des Leistungsantrags ist die Revision ebenfalls unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger für die Monate Oktober 2016 bis April 2017 Überbrückungsbeihilfe in Höhe von insgesamt 7.531,72 Euro brutto zuzüglich Zinsen zu zahlen.
201. Der Anspruch scheitert entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts allerdings nicht daran, dass dem Kläger eine anderweitige zumutbare Verwendung im Geltungsbereich des TV AL II iSd. § 2 Ziff. 3 TV SozSich angeboten worden ist. Auch wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass dem Abschluss des Arbeitsvertrags mit den US-Stationierungsstreitkräften im August 2016 ein solches Angebot zugrunde lag, hätte das Landesarbeitsgericht die Berufung mit der von ihm gegebenen Begründung nicht zurückweisen dürfen.
21a) Entgegen seines Tarifverständnisses greift die negative Anspruchsvoraussetzung des § 2 Ziff. 3 TV SozSich nur dann, wenn dem Arbeitnehmer bis zum Zeitpunkt der Entlassung eine anderweitige zumutbare Verwendung im Geltungsbereich des TV AL II angeboten worden ist. Dass ihm zu einem späteren Zeitpunkt eine solche angeboten wird, steht dem Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach § 4 TV SozSich für sich genommen nicht entgegen. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags (vgl. zu den Grundsätzen der Tarifauslegung - Rn. 27).
22aa) Bereits der Wortlaut belegt eindeutig, dass ein Angebot einer anderweitigen zumutbaren Verwendung nach § 2 Ziff. 3 TV SozSich Ansprüchen des Arbeitnehmers nach diesem Tarifvertrag nur entgegensteht, wenn es schon im Zeitpunkt der Entlassung vorlag. Zwar haben die Tarifvertragsparteien dies in § 2 Ziff. 3 TV SozSich - anders als in § 2 Ziff. 2 TV SozSich - nicht ausdrücklich geregelt. Diese Einschränkung wird aber durch die Verwendung der Zeitform der abgeschlossenen Gegenwart (Perfekt) in § 2 Ziff. 3 TV SozSich („angeboten worden ist“) und der Verwendung der Gegenwart (Präsens) bei den Voraussetzungen des § 2 Ziff. 1 TV SozSich („entlassen werden“) deutlich. Darüber hinaus definiert § 1 Satz 1 TV SozSich den Geltungsbereich des Tarifvertrags dergestalt, dass er für Arbeitnehmer gilt, die am Tage ihrer Entlassung (erstens) unter den Geltungsbereich des TV AL II/TV AL II (Frz) fallen und (zweitens) die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 TV SozSich erfüllen. Die zeitliche Einordnung („am Tage ihrer Entlassung“) ist allen folgenden Voraussetzungen vorangestellt und bezieht sich damit auch auf § 2 Ziff. 3 TV SozSich. Die negativ formulierte Voraussetzung des fehlenden Angebots einer anderweitigen zumutbaren Verwendung muss spätestens am Tage der Entlassung bestehen. Ein erst später erfolgendes Angebot einer zumutbaren Verwendung lässt daher den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nicht untergehen.
23bb) Die Tarifsystematik spricht ebenfalls für dieses Auslegungsergebnis. § 1 iVm. § 2 TV SozSich enthält Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit überhaupt Ansprüche nach diesem Tarifvertrag entstehen. Diese müssen im Zeitpunkt der Entlassung vorliegen. In §§ 4 ff. TV SozSich sind sodann die Voraussetzungen für den konkreten Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe sowie dessen Berechnung niedergelegt, so bspw. die möglichen Anknüpfleistungen (§ 4 Ziff. 1 TV SozSich), die Berechnung (§ 4 Ziff. 3, 4 TV SozSich) oder die Anrechnung von anderen Leistungen (§ 5 TV SozSich). Diese beziehen sich auf den Zeitpunkt bzw. Zeitraum des jeweiligen Leistungsbezugs. § 8 TV SozSich enthält sodann mögliche Fälle des Anspruchsuntergangs.
24cc) Dem entspricht der Sinn und Zweck des § 2 Ziff. 3 Satz 2 TV SozSich. Diese Bestimmung soll so weit als möglich sicherstellen, dass der betroffene Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz gar nicht erst verliert. Darum soll der betroffene Arbeitnehmer eher weiter entfernt tätig werden, als aus dem Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften auszuscheiden ( - Rn. 12; - 6 AZR 92/15 - Rn. 19). Die Tarifnorm bezieht sich damit auf die Zeit vor, nicht hingegen nach der Entlassung bei den Stationierungsstreitkräften. Ist diese schon erfolgt, kann der Arbeitsplatz durch das spätere Angebot einer anderweitigen zumutbaren Verwendung nicht mehr erhalten, sondern nur noch ein neues Arbeitsverhältnis begründet werden.
25dd) Dem TV SozSich lässt sich im Übrigen an keiner Stelle entnehmen, dass er den Arbeitnehmer zu Gunsten einer Begrenzung der seitens der Beklagten zur Verfügung gestellten steuerfinanzierten sozialen Sonderleistung der Überbrückungsbeihilfe ( - Rn. 45, BAGE 164, 168) dazu zwingt, unter Hintanstellung seiner verfassungsrechtlich garantierten Rechte aus Art. 2, Art. 12 GG ein ihm nach der Entlassung unterbreitetes Angebot einer anderweitigen zumutbaren Verwendung iSd. § 2 Ziff. 3 TV SozSich im Bereich der Stationierungsstreitkräfte anzunehmen. Schlägt der betroffene Arbeitnehmer ein solches aus, nimmt er ihm durch den Tarifvertrag eröffnete und verfassungsrechtlich garantierte Gestaltungs-/Wahlmöglichkeiten wahr (vgl. dazu - Rn. 27 unter Verweis auf - Rn. 28 f., BAGE 128, 317), ohne dass sein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe dadurch berührt wird.
26ee) Von diesem Tarifverständnis geht offenbar auch die Beklagte selbst aus. In dem von ihr als Muster 2 den Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien zum TV SozSich beigefügten „Merkblatt zur Überbrückungsbeihilfe nach dem TV Soziale Sicherung“ heißt es unter Ziff. 6, dass ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nicht entsteht, wenn „dem Arbeitnehmer bis zum Tage der Entlassung ein anderweitiger zumutbarer Arbeitsplatz … angeboten worden ist“. Das fügt sich, auch wenn einseitige Auslegungen einer Tarifvertragspartei wie Rundschreiben oder von ihr erstellte Merkblätter keine Hilfsmittel der Tarifauslegung sind, wenn ihr Inhalt in den Tarifnormen keinen Ausdruck findet (vgl. - Rn. 17; - 6 AZR 338/09 - Rn. 18, BAGE 135, 318), in das gefundene Auslegungsergebnis ein.
27b) Das Landesarbeitsgericht hat weder festgestellt, dass dem Kläger im Zeitpunkt seiner Entlassung am eine anderweitige zumutbare Verwendung iSd. § 2 Ziff. 3 TV SozSich angeboten worden war, noch ergeben sich hierfür Anhaltspunkte aus dem Sachvortrag der Parteien.
282. Das angefochtene Urteil des Landesarbeitsgerichts ist gleichwohl nicht aufzuheben. Es erweist sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 561 ZPO).
29a) Schließt ein von den Stationierungsstreitkräften entlassener Arbeitnehmer mit diesen einen neuen Arbeitsvertrag ab, endet ein ursprünglich bestehender Sicherungsfall mit der Folge, dass der Arbeitnehmer ab dem beabsichtigten Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses nicht mehr berechtigt ist, Leistungen nach dem TV SozSich auf der Grundlage des ursprünglichen Sicherungsfalls zu beanspruchen. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.
30aa) Der TV SozSich dient in der Gesamtschau mit dem Abkommen zur Änderung des Zusatzabkommens vom zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom (BGBl. 1973 II S. 1022) einer Verbesserung der Rechtslage der bei den ausländischen Streitkräften beschäftigten Arbeitnehmer, insbesondere deren sozialer Sicherung (BT-Drs. 7/361 S. 2; - Rn. 20). Damit soll der besonderen sozialen Situation der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer Rechnung getragen werden. Denn zu den Eigentümlichkeiten dieser Arbeitnehmer gehört es, entsprechend den wechselnden militärischen Erfordernissen beweglich sein und bleiben zu müssen. Diese Abhängigkeit von militärischen Erfordernissen bringt für die Arbeitnehmer, insbesondere wenn sie lange bei den Alliierten beschäftigt waren, eine nicht kalkulierbare Ungewissheit mit sich, weil sie nicht voraussehen können, ob und wann ihr Arbeitseinsatz infolge von Umorganisation aus militärischen Gründen wegfällt. Ein derartiges Moment der Ungewissheit besteht bei anderen Arbeitsverhältnissen in diesem Ausmaß nicht ( - Rn. 22). Ansprüche nach dem TV SozSich sollen demgemäß nur dann und nur so lange bestehen, wie sich diese Ungewissheiten durch eine Entlassung iSd. § 2 Ziff. 1 TV SozSich noch realisieren. Das ist jedoch nicht mehr der Fall, sobald der Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften abschließt. Dann bedarf der betreffende Arbeitnehmer keiner Absicherung mehr und der Sicherungsfall endet mit dem beabsichtigten Beginn der neuerlichen Tätigkeit bei den Stationierungsstreitkräften. Erst wenn sich die dem neuen Arbeitsverhältnis innewohnenden Unwägbarkeiten in Gestalt einer weiteren Entlassung auswirken, können wieder Ansprüche nach dem TV SozSich aufgrund des neuen Sicherungsfalls entstehen.
31bb) Dem entspricht der Sinn und Zweck der Überbrückungsbeihilfe. Sie dient dazu, dem Arbeitnehmer einen Anreiz zu bieten, entweder eine anderweitige Beschäftigung aufzunehmen oder zumindest der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen ( - Rn. 25). Dieses Ziel ist erreicht, wenn der Arbeitnehmer wieder ein Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften eingegangen ist. Damit endet zugleich der ursprüngliche Sicherungsfall. Das kommt in den tariflichen Regelungen hinreichend zum Ausdruck. Wie § 4 Ziff. 1 TV SozSich, insbesondere dessen Buchst. a zeigt, sieht der Tarifvertrag Leistungen nur vor, wenn der Arbeitnehmer gar nicht oder aber außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte beschäftigt ist. Wird hingegen eine neue Beschäftigung im Bereich der Stationierungsstreitkräfte vereinbart, kann der betreffende Arbeitnehmer nach dem Willen der Tarifvertragsparteien keine Überbrückungsbeihilfe mehr beanspruchen. Dann ist der Wiedereingliederungszweck mit dem Zeitpunkt des beabsichtigten Tätigkeitsbeginns im neuen Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften erreicht. Wenn ein Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften abschließt, übt er die ihm verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechte aufgrund eigener Entscheidung dahingehend aus, dass er sich für diese Beschäftigung entscheidet. Das ist dem betreffenden Arbeitnehmer nach der tariflichen Ausgestaltung jedoch nur um den Preis des Verlusts des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe möglich.
32cc) Mit Abschluss des neuen Arbeitsvertrags mit den US-Stationierungsstreitkräften am endete vorliegend der durch die Beendigung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses zum entstandene Sicherungsfall zum beabsichtigten Tätigkeitsbeginn am . Der Kläger war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr berechtigt, Leistungen nach dem TV SozSich zu beziehen.
33b) Der Umstand, dass das am mit den US-Stationierungsstreitkräften begründete Arbeitsverhältnis, ohne vollzogen worden zu sein, später wieder geendet hat, lässt den aufgrund der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses zum entstandenen und mit dem beendeten Sicherungsfall nicht wieder aufleben. Dem TV SozSich lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass ein durch ein neues Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften beendeter Sicherungsfall nach der Beendigung dieses neuen Arbeitsverhältnisses nochmals Anknüpfungspunkt für einen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe sein kann. Vielmehr lebt ein ursprünglich vorhandener, dann aber beendeter Sicherungsfall ebenso wenig auf, wie dem Arbeitnehmer im Rahmen des ersten Sicherungsfalls nicht in Anspruch genommene Monate der Anspruchsberechtigung (§ 4 Ziff. 5 TV SozSich) als Restanspruch erhalten bleiben. Soweit sich Ziff. 2.6.1 der Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien zum TV SozSich Abweichendes entnehmen lässt, sind diese einseitigen Auslegungen einer Tarifvertragspartei kein Hilfsmittel der Tarifauslegung und findet ihr Inhalt in den Tarifnormen auch keinen Ausdruck (vgl. - Rn. 17; - 6 AZR 338/09 - Rn. 18, BAGE 135, 318). Soweit den Ausführungen des Senats in seiner Entscheidung vom (- 6 AZR 687/14 - Rn. 24 ff.) etwas anderes zu entnehmen sein sollte, hält er daran nicht fest.
34c) Die Beendigung des Arbeitsvertrags vom begründete keinen neuen Sicherungsfall. Dabei kann offenbleiben, ob der neuerliche Arbeitsvertrag mit den US-Stationierungsstreitkräften seitens des Klägers noch vor dem rechtswirksam beendet worden ist. Jedenfalls erfolgte die Beendigung nicht aufgrund einer Entlassung seitens der US-Stationierungsstreitkräfte infolge einer aus militärischen Gründen von der obersten Dienstbehörde angeordneten Auflösung von Dienststellen oder Einheiten oder deren Verlegung außerhalb des Einzugsbereichs des bisherigen ständigen Beschäftigungsortes, wie von § 2 Ziff. 1 TV SozSich vorausgesetzt (vgl. dazu - Rn. 20). Der Kläger hat das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendet, um weiterhin beim Freistaat Bayern tätig zu bleiben.
35d) Da der Leistungsantrag aufgrund der vorstehenden Erwägungen bereits dem Grunde nach nicht besteht, ist es unerheblich, dass er auch der Höhe nach unschlüssig ist. Der Kläger ist dem Einwand der Beklagten, im Falle des Bezugs anderweitiger Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Freistaat Bayern habe sich das Gehalt und damit auch die Höhe der monatlichen Überbrückungsbeihilfe verändert, nicht entgegengetreten. Gleichwohl hat er aber für die streitgegenständlichen Monate denselben Betrag geltend gemacht, den er für September 2016 erhalten hat.
36e) Der Senat kann nach Vorstehendem offenlassen, ob in einer Konstellation wie der vorliegenden, in der der Kläger sein Klagebegehren in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Klageeinreichung in einen zukunftsgerichteten Feststellungs- und einen vergangenheitsbezogenen Leistungsantrag aufteilt, im Falle der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Leistungsantrags dessen Umdeutung in einen Feststellungsantrag möglich ist (vgl. zu den generellen Voraussetzungen der Umdeutung eines Leistungsantrags - Rn. 41 f.; - zu A II 2 a der Gründe; vgl. auch - Rn. 19 f.; - VI ZR 150/82 - zu II 3 a der Gründe).
37aa) Der Bundesgerichtshof hat eine Umdeutung in Fällen bejaht, in denen die begehrte Leistung entweder bereits erfüllt war und die Klägerin keines vollstreckbaren Titels mehr bedurfte (vgl. - zu A II 2 a der Gründe) oder aber wegen verfrühten Leistungsverlangens ein Vollstreckungstitel derzeit nicht zu erreichen war und deswegen zumindest die Feststellung einer Leistungsverpflichtung dem Klägerinteresse entsprach (vgl. für auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Ansprüche eines Gesellschafters nach Auflösung der Gesellschaft - zu 2 der Gründe; - II ZR 231/93 - zu 2 und 3 der Gründe; - II ZR 111/92 -; - II ZR 195/90 - zu 1 b und 2 der Gründe; - II ZR 88/83 -; ebenso für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters nach Kündigung des Gesellschaftsvertrags - zu II 1 und III der Gründe; zu Mitwirkungspflichten bei der Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens - zu 1 und 2 der Gründe; vgl. auch zur Erbauseinandersetzung - zu 2 der Gründe unter Verweis auf -; zu einem Antrag auf Leistung künftigen Unterhaltsschadens - zu II 3 a der Gründe). Auch das Bundesarbeitsgericht hat einen weder § 258 ZPO noch § 259 ZPO unterfallenden und daher unzulässigen zukunftsbezogenen Leistungsantrag in einen Feststellungsantrag umgedeutet ( - Rn. 31 ff.).
38bb) Die Möglichkeit einer Umdeutung in der hier vorliegenden Konstellation, in der der Kläger für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum Leistung beansprucht, ist hingegen noch nicht geklärt. Der vorliegende Fall gibt dem Senat indes keine Veranlassung zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein vergangenheitsbezogener Leistungsantrag, der grundsätzlich zu einem Vollstreckungstitel führen könnte, aber unzulässig oder unbegründet ist, in einen Feststellungsantrag umgedeutet werden kann. Aus den oben unter Rn. 29 ff. dargelegten Gründen wäre ein solcher Feststellungsantrag jedenfalls unbegründet.
39III. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2019:050919.U.6AZR455.18.0
Fundstelle(n):
BB 2020 S. 435 Nr. 8
FAAAH-41514