Online-Nachricht - Donnerstag, 24.10.2019

Umsatzsteuer | Ausweis eines negativen Steuerbetrages (BFH)

Bei der Prüfung, ob ein als "Belastung" bezeichnetes Dokument (nur) über Leistungen oder (auch) über Entgeltminderungen abrechnet, ist der Inhalt einer dem FA vorliegenden Konditionsvereinbarung jedenfalls dann ergänzend heranzuziehen, wenn in dem Dokument auf die Vereinbarung verwiesen wird. Ein negativer Betrag, der in einer Rechnung unrichtig oder unberechtigt ausgewiesen wird, wird nicht i.S. des § 14c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UStG geschuldet (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Kläger ist Insolvenzverwalter der Firma X, über deren Vermögen im Jahr 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. X hatte mit der Firma Y eine „Jahreskonditionsvereinbarung 2006“ für ein bestimmtes von Y geliefertes Warenvolumen und einen bestimmten Gesamtumsatz in Europa geschlossen. In dieser Jahreskonditionsvereinbarung waren detaillierte "Bonuszahlungen" geregelt, über die X mit Hilfe des Dienstleisters W gegenüber Y mit als mit "Belastung" bezeichneten Dokumenten abrechnete. Die in den einzelnen Abschlagsrechnungen bzw. in der Schlussrechnung des Jahres 2006 gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von X in seiner Umsatzsteuererklärung 2006 angemeldet und von Y als Vorsteuer abgezogen.

Im März 2016 stornierte X die Rechnungen des Jahres 2006 für bestimmte Positionen. Die geänderten Rechnungen wurden an Y übergeben, der die aufgrund der Rechnungsberichtigung entstandene Umsatzsteuernachforderung an das FA zahlte. Den Antrag des X auf Zustimmung zur Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG lehnte das FA ab. Es war der Auffassung, dass die "Belastungen" keine Rechnungen i.S.v. § 14c UStG darstellten und daher auch keine Rechnungsberichtigung möglich sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz überwiegend Erfolg (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 1.3.2018).

Der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Klage ab:

  • Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass X aufgrund eines unberechtigten Steuerausweises i.S. des § 14c Abs. 2 UStG die in den "Belastungen" ausgewiesene Umsatzsteuer geschuldet hat.

  • Es hat unzutreffend angenommen, dass die "Belastungen", soweit ihnen keine Werbeleistungen zugrunde liegen, nicht als Abrechnungen über vereinbarte Boni auszulegen ist.

  • Vielmehr hätte es zur Auslegung der "Belastungen" auch insoweit die Jahreskonditionsvereinbarung als maßgeblichen Begleitumstand heranziehen müssen.

  • Unabhängig davon hat das FG auch deshalb zu Unrecht angenommen, dass X zunächst Umsatzsteuer gemäß § 14c UStG geschuldet hat, weil X in den Belastungen keine positiven, sondern negative Beträge offen ausgewiesen hat.

  • Ein negativer Betrag, der in einer Rechnung unrichtig oder unberechtigt ausgewiesen wird, wird nicht i.S. des § 14c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UStG geschuldet.

  • Hat X aus den "Belastungen" keine Umsatzsteuer nach § 14c UStG geschuldet, muss das FA einer Berichtigung der "Belastungen" nicht zustimmen, weil kein Anwendungsfall des § 14c Abs. 2 Sätze 3 bis 5 UStG vorliegt. Die Ablehnung ist deshalb zu Recht erfolgt.

Anmerkung von Prof. Dr. Alois Nacke, Richter am BFH:

Das Besondere und für die Praxis allgemein Interessante an dieser Entscheidung ist der zweite Leitsatz. In der Tat kommt eine Umsatzsteuerschuld nicht aufgrund eines negativen Betrages, der in einer Rechnung unrichtig oder unberechtigt ausgewiesen wird, i.S. des § 14c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UStG in Betracht. Er ist kein "Mehrbetrag" i.S. des § 14c Abs. 1 UStG und auch kein "ausgewiesener Betrag" i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG oder eine "Mehrwertsteuer" i.S. des Art. 203 MwStSystRL, der bzw. die vom Rechnungsaussteller "geschuldet" werden kann. Insbesondere der Zweck der Vorschrift des § 14c UStG widerspricht einer Erfassung auch von negativen Umsatzsteuerbeträgen.

Die Vorschrift des § 14c UStG dient dazu, einer Gefährdung des Steueraufkommens durch einen unzutreffenden Steuerausweis in Rechnungen entgegenzuwirken. Es gibt aber auch Ausnahmen. Die Entscheidung weist darauf hin, dass bei Gutschriften i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG etwas anderes gelten könnte.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
CAAAH-33441