Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Revisionszulassung - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache - Verfassungsmäßigkeit einer Regelung - Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus Direktversicherungen
Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5, Art 3 GG, Art 12 GG, Art 14 GG
Instanzenzug: Az: S 7 KR 579/15 Urteilvorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Az: L 1 KR 426/17 Beschluss
Gründe
1I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X über die Festsetzung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung aus dem Kläger am 9.9. und ausgezahlten Direktlebensversicherungen über insgesamt 18 445,88 Euro. Seinen Antrag auf Rücknahme der Beitragsfestsetzungen für die Zeit ab (Bescheide vom 27. und ) lehnten die Beklagten ab (Bescheid vom , Widerspruchsbescheid vom ). Das SG Potsdam hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Berufung zurückgewiesen. Kapitalleistungen aus vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherungen seien nach ständiger Rechtsprechung des BSG und des BVerfG beitragspflichtig (Beschluss vom ). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
2II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG). Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
3Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums darzutun, weshalb deren Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt ( - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
5Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben ( - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zur Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus Direktversicherungen (vgl nur - BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 17 mwN; - SozR 4-2500 § 229 Nr 7 RdNr 18 ff mwN; vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom - 1 BvR 739/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 10 RdNr 15 f; BVerfG <Kammer> Beschluss vom - 1 BvR 1660/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 11 RdNr 14 f) hat sich der Kläger aber nicht auseinandergesetzt (grundlegend zuletzt - und - B 12 KR 17/18 R - zur Veröffentlichung in SozR bzw BSGE und SozR vorgesehen).
6Für den Fall, dass aufgrund des Beschwerdevorbringens zu Art 3, 12 und 14 GG eine Rechtsfrage zur Vereinbarkeit von Bundesrecht mit höherrangigem Recht unterstellt würde, ist deren notwendige Klärungsbedürftigkeit ebenfalls nicht hinreichend dargelegt worden. Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll ( - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; ferner zB - Juris RdNr 9 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Auch daran fehlt es.
7Soweit der Kläger rügt, das LSG habe im "Ergebnis falsch und aus nicht zutreffenden Gründen" die Berufung zurückgewiesen, und auf die Gesetzessystematik verweist, wird die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses beanstandet. Die Behauptung, die angefochtene Entscheidung sei inhaltlich unrichtig, kann aber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).
8Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
9Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2019:250719BB12KR2719B0
Fundstelle(n):
PAAAH-28763