Alterssicherung der Landwirte - Altersrente - gesetzliches Erfordernis der Hofabgabe - Nichtzulassungsbeschwerde - Beschwerdebegründung - Revisionszulassung durch BSG
Gesetze: § 21 Abs 8 S 2 ALG, § 160 Abs 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Instanzenzug: SG Aurich Az: S 9 LW 1/12 Urteilvorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Az: L 2 LW 1/13 Urteil
Gründe
1I. Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Altersrente der Alterssicherung der Landwirte.
2Der 1944 geborene Kläger entrichtete als Inhaber eines großen landwirtschaftlichen Betriebes mit einer Gesamtfläche von ca 344 ha langjährig Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse. Unter dem schloss der Kläger mit zwei weiteren Gesellschaftern einen Gesellschaftsvertrag zum Zweck der gemeinsamen Bewirtschaftung des zuvor von ihm geführten landwirtschaftlichen Betriebes. Als Einlagen hatte der Kläger in die Gesellschaft unter anderem die in seinem Eigentum bzw Nießbrauch befindlichen Flächen und Wirtschaftsgebäude und die Pachtrechte "zur Nutzung" einzubringen. Er sollte im Gegenzug einen jährlichen Vorabgewinn von 56 360 Euro, jährlich 3 % vom Schätzwert des "eisern überlassenen Inventars" sowie 10 % des verbleibenden Gewinns im steuerrechtlichen Sinn erhalten. Von der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft war er vertraglich ausgeschlossen.
3Den am gestellten Altersrentenantrag des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom ab, weil es an der nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) erforderlichen Betriebsabgabe fehle.
4Mit Urteil vom hat das SG die Klage abgewiesen. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung des § 21 Abs 8 S 2 ALG lediglich bei langjährig bestehenden Gesellschaften deren Gesellschafter Einzelunternehmern gleichstellen, jedoch keine weitere Abgabeform eröffnen wollen.
5Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung mit Urteil vom zurückgewiesen, weil, bezogen auf den vom Kläger bis zum als Einzelunternehmer geführten landwirtschaftlichen Betrieb, keiner der in § 21 ALG abschließend normierten Abgabetatbestände vorgelegen habe. Eine analoge Anwendung des § 21 Abs 8 S 2 ALG scheitere am Fehlen einer planwidrigen Gesetzeslücke. Wie die Gesetzgebungsmaterialien zeigten, habe der Gesetzgeber mit der Regelung nicht die Anforderungen an die Aufgabe eines landwirtschaftlichen Einzelunternehmens erleichtern wollen.
6Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Der Norm des § 21 Abs 8 S 2 ALG lasse sich nicht entnehmen, dass im Zeitpunkt des Eintritts der Abgabefiktion eine entsprechende Gesellschaft bereits bestanden haben müsse. Die Ungleichbehandlung des Klägers mit Unternehmern in bestehenden landwirtschaftlichen Unternehmen im Hinblick auf die Abgabefiktion in § 21 Abs 8 S 2 ALG verstoße zudem gegen Art 3 Abs 1 GG.
7II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht hinreichend dargetan hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
8Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65).
10Soweit der Kläger methodisch in Wirklichkeit eine analoge Anwendung der Vorschrift anstreben sollte - darauf lässt sein Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz aus Art 3 Abs 1 GG schließen - fehlt es für eine substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit ebenfalls an der Auseinandersetzung mit der bisher ergangenen Rechtsprechung und der veröffentlichten Literatur (vgl -, juris; grundsätzlich zu den Voraussetzungen einer Analogie vgl etwa -, juris).
11Das LSG hat seine Ablehnung einer Analogie wegen der nach seiner Ansicht fehlenden planwidrigen Regelungslücke unter anderem auf ein Urteil des BSG (vom - B 10 LW 1/09 R, SozR 4-5868 § 13 Nr 5) gestützt. Danach kann von dem gesetzlichen Erfordernis der Hofabgabe weder durch Gesetzesauslegung noch durch richterliche Rechtsfortbildung abgesehen werden. Daher hätte es einer substantiierten Darlegung bedurft, warum die Voraussetzungen der Abgabefiktion des § 21 Abs 8 S 2 ALG - anders als die Vorschrift des § 21 Abs 8 S 1 ALG in ihrer Auslegung durch die zitierte Rechtsprechung des BSG - Bedürfnis und Auslegungsspielraum für eine analoge Anwendung lassen. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber seit der genannten Entscheidung des BSG ua die Reichweite von § 21 Abs 8 S 2 ALG über den Kreis von BGB-Gesellschaftern auf die Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften und die Mitglieder juristischer Personen ausgedehnt hat (Art 4 Nr 5 Buchst c LSV-Neuordnungsgesetz vom , BGBl I 579), ohne indes den Anwendungsbereich der Norm auch auf die Konstellation des erstmaligen Eintritts eines Landwirts in ein Unternehmen zu erweitern, wie es der Kläger für erforderlich hält. Zudem betont die Kommentarliteratur, die Sonderregelung nach § 21 Abs 8 S 2 ALG sei von ihrer Motivation nicht dafür gedacht, bisherigen Einzelunternehmen die Flucht aus den ihnen zur Verfügung stehenden Abgabeformen zu ermöglichen (GLA - Komm, Stand Januar 2013, § 21 ALG 4.6). Auch mit dieser, gegen die vom Kläger gewünschte Analogie sprechenden Ansicht setzt sich die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht auseinander.
12Schließlich hat der Kläger auch die Entscheidungserheblichkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen nicht hinreichend dargelegt. Die Beschwerdebegründung stellt den zur Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit relevanten Sachverhalt nicht geordnet und nachvollziehbar dar, sondern verweist insoweit nahezu vollständig auf den Tatbestand des LSG-Urteils. Das BSG muss aber grundsätzlich allein aufgrund des Vorbringens der Beschwerdebegründung in der Lage sein zu beurteilen, ob die Revision zuzulassen ist oder nicht; es ist nicht Aufgabe der Revisionsinstanz, sich den für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde erforderlichen Sachverhalt selbst aus dem Urteil des LSG bzw den Gerichts- und Leistungsakten herauszusuchen (vgl ).
13Die Beschwerde ist daher ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG).
14Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2014:030314BB10LW1613B0
Fundstelle(n):
VAAAH-26081