Strafzumessung: Berücksichtigung einer überdurchschnittlich langen Verfahrensdauer
Gesetze: § 46 StGB, § 267 Abs 3 S 1 StPO
Instanzenzug: Az: 321 Ks 5/15nachgehend Az: 2 StR 573/16 Berichtigungsbeschluss
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit unter Freisprechung im Übrigen wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Führen einer Schusswaffe, vorsätzlichem unerlaubten Besitz einer Schusswaffe, vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Munition und Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Als Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es vier Monate der verhängten Freiheitsstrafe als vollstreckt erklärt und die Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
2Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
31. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revision des Angeklagten hat zum Schuldspruch keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
42. Der Strafausspruch hält jedoch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten lediglich berücksichtigt, dass „die Tat zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung rund 5 Jahre zurücklag“. Dies lässt besorgen, dass es der Verfahrensdauer im Rahmen der Strafzumessung keine eigenständige Bedeutung beigemessen hat. Eine überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer ist indes ungeachtet eines geringeren Strafbedürfnisses aufgrund des zeitlichen Abstands zwischen Tatbegehung und Urteil (vgl. Stree/Kinzig in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 46 Rn. 57, 57a) und eines gewährten Vollstreckungsabschlags bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (vgl. , BGHSt 52, 124, 142; Beschluss vom - 3 StR 173/09, StV 2009, 638, 639) und stellt einen bestimmenden Strafzumessungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO dar (vgl. , juris Rn. 7; Senat, Urteil vom - 2 StR 344/14, juris Rn. 49).
6Trotz der an sich maßvollen Strafe kann der Senat nicht ausschließen, dass sich der aufgezeigte Rechtsfehler günstig auf die Strafbemessung ausgewirkt hätte. Da es sich um einen reinen Wertungsfehler handelt, bedarf es keiner Aufhebung von Feststellungen (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 23). Ergänzende Feststellungen, die den bestehenden nicht widersprechen dürfen, sind möglich.
7Unberührt von der Entscheidung des Senats bleibt der Ausspruch des Landgerichts zur Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (, BGHSt 54, 135, 138; Beschluss vom - 1 StR 641/12, juris Rn. 6).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:051017B2STR573.16.0
Fundstelle(n):
QAAAH-22150