BGH Beschluss v. - XI ZB 9/18

Zulässigkeit der Berufung in Zivilsachen: Anforderungen an die Berufungsbegründung

Gesetze: § 520 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO

Instanzenzug: Az: 6 U 288/17vorgehend LG Heilbronn Az: 6 O 218/17

Gründe

I.

1Der Kläger nimmt die beklagte Bausparkasse nach Widerruf seiner auf den Abschluss von drei Darlehensverträgen gerichteten Willenserklärungen auf Rückzahlung von Zins und Tilgung, Zahlung von Nutzungsersatz sowie Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten in Anspruch.

2Die Parteien schlossen in den Jahren 2011 und 2015 insgesamt drei in Bausparverträgen enthaltene (Voraus-)Darlehensverträge. Unter dem und dem widerrief der Kläger seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. Er ist der Ansicht, die ihm erteilten Widerrufsinformationen der Beklagten seien fehlerhaft gewesen. Es fehlten Pflichtangaben. Er habe daher seine Willenserklärungen noch widerrufen können.

3Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei durch die Widerrufsinformationen der Beklagten sowohl nach deren äußerer Gestaltung als auch inhaltlich fehlerfrei unterrichtet worden. Die Beklagte habe Pflichtangaben im erforderlichen Umfang erteilt. Die Widerrufsfristen seien daher bei Abgabe der Widerrufserklärungen bereits abgelaufen gewesen.

4Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht nach Erteilung eines Hinweises durch den angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen. Die Berufungsbegründung genüge nicht den Mindestanforderungen des "§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO", wonach sie die Umstände bezeichnen müsse, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergäben. Die Berufungsbegründung sei im Wesentlichen wortgleich mit der Klageschrift. Nach der einleitenden Feststellung, dass das Landgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen habe und das Urteil daher zur vollen Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt werde, folge unter der Überschrift "Fehlerhafte Rechtsanwendung" lediglich der bereits ab Seite 5 der Klageschrift gehaltene Vortrag. Die weiteren Ausführungen in der Berufungsbegründung zur Erheblichkeit seien formelhafte Wendungen ohne inhaltlichen Bezug zum landgerichtlichen Urteil. Während das Landgericht die einzelnen Einwendungen des Klägers erörtert und zu jedem Einwand Stellung genommen habe, wiederhole die Berufungsbegründung schlicht die Einwendungen aus der Klageschrift, ohne auf die Argumente des Landgerichts einzugehen. Eine Berufungsbegründung, die lediglich erstinstanzlichen Vortrag wortgleich wiederhole, sei offensichtlich ungeeignet darzulegen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig halte. Die Stellungnahme des Klägers zum Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts gebe zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass.

5Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

6Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist zwar kraft Gesetzes (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) statthaft, im Übrigen aber unzulässig. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO), weil das Berufungsgericht § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO rechtsfehlerfrei angewendet hat.

71. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das Berufungsurteil für unrichtig hält, hat er diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er für unzutreffend ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen er die Fehlerhaftigkeit dieser Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet (Senatsbeschlüsse vom - XI ZB 41/06, WM 2008, 1810 Rn. 11, vom - XI ZB 21/08, juris Rn. 13, vom - XI ZB 26/08, juris Rn. 11 und vom - XI ZB 32/15, NJW-RR 2017, 365 Rn. 9; , NJW 2018, 2894 Rn. 5, jeweils mwN).

8Dabei reicht es nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen. Erforderlich ist eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger weshalb bekämpft (Senatsbeschluss vom - XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom - IX ZB 104/15, NJW-RR 2016, 1269 Rn. 7 und vom - I ZB 57/17, NJW 2018, 2894 Rn. 5, jeweils mwN).

92. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers nicht.

10Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, setzt sich die Berufungsbegründung des Klägers mit keiner der vom Landgericht gegen die Argumentation des Klägers in der Klageschrift gesetzten rechtlichen Erwägungen auseinander. Vielmehr geht sie auf die Gegenargumente des Landgerichts überhaupt nicht ein. Damit fehlt es, wie das Berufungsgericht im Einzelnen mit sorgfältiger Begründung und in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeitet hat, an einer aus sich heraus verständlichen Darlegung, in welchen Punkten und aus welchen Gründen der Kläger das landgerichtliche Urteil für unrichtig hält. Soweit das Berufungsgericht bei der Formulierung des von ihm zutreffend angewandten Obersatzes "§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO" anstelle des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO zitiert hat, handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen, das entgegen der Behauptung der Rechtsbeschwerde den Vorwurf einer willkürlich fehlerhaften Rechtsanwendung in keiner Weise rechtfertigt.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:220119BXIZB9.18.0

Fundstelle(n):
CAAAH-20753