Sicherungsverfahren: Voraussetzungen einer selbständigen Einziehung bei schuldunfähigen Tätern
Gesetze: § 413 StPO, § 435 Abs 1 S 1 StPO, § 11 Abs 1 Nr 8 StGB, § 76a Abs 1 S 1 StGB, § 76a Abs 2 StGB
Instanzenzug: LG Wiesbaden Az: 2220 Js 22303/17 - 2 KLsnachgehend Az: 2 StR 127/18 Beschluss
Gründe
1Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung der Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und hat eine Schreckschusspistole sowie 5,2 Gramm Cannabis eingezogen. Darüber hinaus hat es der Beschuldigten die Kosten des Verfahrens auferlegt.
2Die Beschuldigte hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt, die auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützt ist. Darüber hinaus hat sie gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts sofortige Beschwerde erhoben.
31. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hat im Maßregelausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beschuldigten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Dagegen kann die Einziehungsentscheidung nicht bestehen bleiben. Insoweit hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:
„Im Sicherungsverfahren nach § 413 StPO können nur Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordnet werden. Einziehungsentscheidungen als sonstige Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB kommen bei schuldunfähigen Tätern dagegen allein im selbständigen Einziehungsverfahren gemäß § 435 StPO in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 76a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB vorliegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 202/16 -, juris, Rn. 2, und vom - 3 StR 549/17 -, juris Rn. 13, jeweils m.w.Nachw.). Der insoweit gemäß § 435 Abs. 1 Satz 1 StPO erforderliche gesonderte Antrag ist nicht gestellt worden, so dass es für die Einziehung an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt. Zwar hat die Staatsanwaltschaft in ihrer dem Sicherungsverfahren zugrunde liegenden Antragsschrift vom (§ 414 Abs. 2 Satz 2 StPO) darauf hingewiesen, dass die sichergestellte Schreckschusswaffe sowie das sichergestellte Cannabis gemäß § 74 StGB und § 33 BtMG der Einziehung unterliegen (vgl. Bl. 217 d.A., soweit dort auf § 74 StPO verwiesen wird, handelt es sich um ein offenkundiges Schreibversehen). In der Hauptverhandlung hat sie ferner im Rahmen ihres Schlussvortrages die Einziehung der sichergestellten Cannabisblüten (nicht auch der Schreckschusspistole) beantragt (vgl. 11 d. PB). Dieser Hinweis und dieser Antrag genügen indes nicht den Anforderungen des § 435 Abs. 2 StPO an einen Antrag im selbständigen Einziehungsverfahren (vgl. -, juris, Rn. 4).“
4Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, die Beschuldigte teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
52. Die form- und fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde der Beschuldigten gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts Wiesbaden ist unbegründet. Gegen die Beschuldigte ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden; sie hat daher die Kosten des gegen sie geführten Sicherungsverfahrens zu tragen (§ 465 Abs. 1 Satz 1 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:200618B2STR127.18.0
Fundstelle(n):
EAAAH-11222