Berücksichtigung der erlittenen Untersuchungshaft bei der Strafzumessung
Gesetze: § 46 StGB, § 51 Abs 1 S 1 StGB
Instanzenzug: LG Konstanz Az: 5 Ss 485/18
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und zwei Mobiltelefone als Tatmittel eingezogen. Hiergegen richtet sich die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte, mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts geführte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
21. Kurz vor dem bestellte der bereits einschlägig vorbestrafte Angeklagte - etwa sechs Monate nach seiner Entlassung aus der Strafhaft - bei dem gesondert verfolgten O. in A. die Lieferung von Kokain. Am holte er diesen und eine Kurierin, die rund 200 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von wenigstens 20 % versteckt in ihrer Scheide in das Bundesgebiet eingeschmuggelt hatte, in S. ab. Man fuhr zur Wohnung des Angeklagten; dort wurde ihm das Rauschgift für den gewinnbringenden Weiterverkauf übergeben. Anschließend sorgte er für die Rückkehr der beiden Personen nach A. .
3Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer die Annahme eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG abgelehnt und den sich aus § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ergebenden Strafrahmen zugrunde gelegt. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat sie zugunsten des Angeklagten die nicht auszuschließende geringe Qualität des Kokains sowie die erlittene Untersuchungshaft berücksichtigt, zu seinen Lasten, dass er mehrfach einschlägig vorbestraft ist.
42. Der Strafausspruch hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand (vgl. zum Prüfungsmaßstab , BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320), weil die Strafkammer bei ihrer Bemessung zugunsten des Angeklagten die erlittene Untersuchungshaft von rund neun Monaten strafmildernd berücksichtigt hat, ohne hierfür eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Begründung zu geben.
5Erlittene Untersuchungshaft ist regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird. Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (st. Rspr.; vgl. ; vom - 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; vom - 4 StR 302/13 Rn. 9; vom - 5 StR 248/13, NStZ 2014, 31; vom - 4 StR 258/13 Rn. 18, insoweit in BGHSt 59, 28 ff. nicht abgedruckt; vom - 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100; vom - 2 StR 34/06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21). Solche zusätzlichen, den Angeklagten besonders beschwerenden Umstände oder Folgen des Haftvollzugs hat die Strafkammer nicht festgestellt.
6Der Strafausspruch beruht auf dem aufgezeigten Rechtsfehler, weil der Senat nicht ausschließen kann, dass die Strafhöhe zugunsten des Angeklagten durch die strafmildernde Berücksichtigung der Untersuchungshaft beeinflusst worden ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:251018U4STR312.18.0
Fundstelle(n):
EAAAH-07140