Untreue: Voraussetzungen einer Vermögensbetreuungspflicht
Gesetze: § 266 Abs 1 StGB
Instanzenzug: Az: 7640 Js 9059/09 - 11 KLs
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 18 Fällen, Untreue in acht Fällen und veruntreuender Unterschlagung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung sechs Monate dieser Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
21. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Angeklagten aus verfahrensökonomischen Gründen eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II.10, II.12 und II.15 der Urteilsgründe wegen Untreue in drei Fällen verurteilt worden ist. Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen Untreue nicht. Das Landgericht hat die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht in allen drei Fällen aus der Forderung bzw. der Entgegennahme einer Anzahlung für eine verbindliche Bestellung eines Wohnmobilkäufers bei der Gesellschaft des Angeklagten und dessen unterlassener Trennung dieser Anzahlung von anderen Firmengeldern angenommen, da die vom Angeklagten vertretene Gesellschaft nicht jederzeit willens und in der Lage gewesen sei, die Anzahlung an die Besteller bei nicht Zustandekommen des Kaufvertrages zurückzuzahlen.
3Eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter gegenüber dem (potentiell) Geschädigten eine inhaltlich besonders herausgehobene, nicht nur beiläufige Pflicht zur Wahrnehmung von dessen Vermögensinteressen innehat, die über die für jedermann geltenden Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten und die allgemeine Pflicht, auf die Vermögensinteressen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, hinausgeht (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom – 2 StR 24/16, juris Rn. 49 ff. mwN; , BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 54; Beschluss vom – 3 StR 17/15, BGHSt 61, 48, 62 f.; Urteil vom – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 104 f. jew. mwN). Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, insbesondere aus Austauschverhältnissen, reichen nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn sich hieraus Rücksicht- oder Sorgfaltspflichten ergeben (, juris Rn. 15). Kaufverträge begründen, wenn sie nicht aufgrund einer – hier nicht festgestellten – besonderen Vertragsgestaltung zugleich Elemente der Geschäftsbesorgung enthalten, keine Treuepflichten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. , BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 6; Urteil vom – 1 StR 480/88, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 11; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 26).
4Die Rechtsprechung, nach der sich ein Rechtsanwalt, der Gelder für einen Mandanten in Empfang nimmt und nicht einem Anderkonto zuführt, sondern anderweitig verwendet, der Untreue strafbar macht (vgl. , juris Rn. 7 mwN), ist, da dort die Pflicht zur Zuführung auf ein Anderkonto aus dem Anwaltsvertrag und der damit einhergehenden Pflicht die Vermögensinteressen des Mandanten wahrzunehmen hergeleitet wird (vgl. ; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 3), mit dem hier festgestellten Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages mit Anzahlungsverpflichtung nicht vergleichbar.
52. Im Übrigen hat die umfassende materiellrechtliche Prüfung des Urteils zum Schuld- und Strafausspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Der Gesamtstrafenausspruch bleibt vom Wegfall der Einzelstrafen für die Taten II.10, II.12 und II.15 der Urteilsgründe unberührt. Der Senat kann im Hinblick auf die verbleibenden 24 Einzelfreiheitsstrafen (zweimal ein Jahr und zwei Monaten, dreimal ein Jahr, zweimal zehn Monaten, fünfmal neun Monaten, neunmal acht Monaten, zweimal sieben Monaten und einmal sechs Monaten) ausschließen, dass das Landgericht ohne die in den drei eingestellten Fällen verhängten Einzelstrafen (60 Tagessätze sowie zweimal sechs Monate Freiheitsstrafe) eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe gebildet hätte.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:041218B2STR421.18.0
Fundstelle(n):
wistra 2019 S. 283 Nr. 7
ZAAAH-05899