Online-Nachricht - Donnerstag, 24.01.2019

Europa | Vertragsverletzungsverfahren im Januar 2019 (Kommission)

Die EU-Kommission hat am eine Reihe von Vertragsverletzungsverfahren u.a. gegen Deutschland eingeleitet. Dabei hat sie entschieden, Deutschland vor dem EuGH wegen der Nichtanpassung an die EU-Rechtsvorschriften über Mehrwertsteuererstattungen zu verklagen.

Nachfolgend die Vertragsverletzungsverfahren, die die Kommission im Januar 2019 gegen Deutschland eingeleitet hat die und den Bereich Steuern betreffen:

1. Kommission verklagt Deutschland vor dem EU-Gerichtshof wegen Nichtanpassung an die EU-Rechtsvorschriften über Mehrwertsteuererstattungen

Die Kommission hat am beschlossen, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land bestimmte Anträge auf Mehrwertsteuererstattung von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten abgelehnt hat.

Konkret weigert sich Deutschland in einigen Fällen, die Mehrwertsteuer zu erstatten, ohne zusätzliche Angaben beim Erstattungsantragsteller einzuholen, wenn nach Auffassung der deutschen Behörden die Informationen über die Art der gelieferten Gegenstände bzw. der erbrachten Dienstleistungen nicht ausreichen, um über eine Mehrwertsteuererstattung zu entscheiden.

Diese Praxis führt dazu, dass eine Mehrwertsteuererstattung an Antragsteller abgelehnt wird, die die wesentlichen Anforderungen erfüllen, wodurch Deutschland gegen das Recht auf eine Mehrwertsteuererstattung gemäß den EU-Rechtsvorschriften (Mehrwertsteuerrichtlinie, Richtlinie 2006/112/EG des Rates, Erstattungsrichtlinie, Richtlinie 2008/9/EG des Rates) verstößt.

Der Fall wird an den Gerichtshof verwiesen, da Deutschland seine Rechtsvorschriften nach Übermittlung der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission nicht mit EU-Recht in Einklang gebracht hat.

2. Kommission fordert Deutschland auf, MwSt-Pauschalregelung für Landwirte mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen

Die Kommission hat beschlossen, Deutschland ein Aufforderungsschreiben im Zusammenhang mit der Anwendung einer Mehrwertsteuer-Sonderregelung auf Landwirte zu übermitteln. Das EU-Recht (MwSt-Richtlinie, Richtlinie 2006/112/EG des Rates) sieht die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten vor, auf Landwirte eine MwSt-Pauschalregelung anzuwenden. Gemäß dieser Regelung stellen Landwirte ihren Erwerbern bzw. Dienstleistungsempfängern einen Pauschalbetrag („Pauschalausgleich“) auf ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Dienstleistungen in Rechnung, anstatt die normalen Mehrwertsteuervorschriften anzuwenden.

Im Gegenzug können diese Landwirte keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Diese Regelung ist für Landwirte gedacht, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung auf verwaltungstechnische Schwierigkeiten stoßen würde.

Deutschland wendet die Pauschalregelung aber auf alle Landwirte an, d.h. auch auf große landwirtschaftliche Betriebe, ohne zu unterscheiden, ob sie durch die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung mit verwaltungstechnischen Schwierigkeiten konfrontiert wären. Nach Angaben des Bundesrechnungshofs führt diese Gewährung der Pauschalregelung zudem dazu, dass deutsche Pauschallandwirte einen Ausgleich erhalten, der die von ihnen gezahlte Vorsteuer übersteigt.

Das ist gemäß den EU-Vorschriften nicht erlaubt und führt zu großen Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt. Reagiert Deutschland nicht binnen zwei Monaten, kann die Kommission beschließen, den Fall an den Gerichtshof der Europäischen Union zu verweisen.

3. Kommission fordert Deutschland auf, restriktive Wegzugsbesteuerung von Wertzuwächsen zu ändern

Die Kommission hat beschlossen, Deutschland eine mit Gründen versehene Stellungnahme wegen der sofortigen Wegzugsbesteuerung bei der Übertragung von Vermögenswerten in einen EU-/EWR-Staat zu übermitteln.

Die Übertragung deutscher Vermögenswerte von einem deutschen Unternehmen an einen Empfänger, der in einem EFTA-Staat ansässig ist, welcher dem EWR-Raum angehört (Norwegen, Island und Liechtenstein), wird steuerlich weniger günstig behandelt als rein inländische Transaktionen.

Gemäß dem geltenden deutschen Recht müssen nicht realisierte Wertzuwächse in dem Geschäftsjahr besteuert werden, in dem die Übertragung stattgefunden hat. Zudem sind nichtansässige Steuerpflichtige von diesem Steueraufschub ausgeschlossen und werden statt dessen sofort besteuert, was einem Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gleichkommt.

Die fraglichen Vorschriften könnten daher Steuerpflichtige davon abhalten, ihre Niederlassungsfreiheit (Artikel 49 AEUV und die entsprechende Bestimmung des EWR-Abkommens) in Anspruch zu nehmen. Reagiert Deutschland nicht binnen zwei Monaten, kann die Kommission beschließen, den Fall an den Gerichtshof der Europäischen Union zu verweisen.

Hinweis:

Sämtliche Vertragsverletzungsverfahren, die im Januar gegen Deutschland eingeleitet wurden, finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission. Dort sind ebenfalls alle Vertragsverletzungsverfahren aufgeführt, die andere Mitgliedstaaten betreffen.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
DAAAH-05756