BGH Beschluss v. - VII ZR 229/17

(Umfang der Mängelbeseitigung)

Gesetze: § 633 BGB, § 634 BGB, Art 103 Abs 1 GG

Instanzenzug: Az: 2 U 2012/14vorgehend LG Nürnberg-Fürth Az: 9 O 496/07

Gründe

I.

1Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Baumängeln.

2Die Klägerin beauftragte die Beklagten Mitte des Jahres 1992 mit der Planung und Überwachung des Baus eines Hauses auf dem Grundstück E.- Straße 54 in N. Nach Abnahme des Bauwerks Ende 1995 stellten die Beklagten unter dem eine Schlussrechnung, die von der Klägerin beglichen wurde. Ab Mitte 1996 traten an den südlichen Kellerwänden feuchte Flecken auf. Der Zustand verschlimmerte sich bis 1998; neben der Feuchtigkeit kam es zu Schimmelbildung an der Untersicht der Holzschalung am auskragenden Dach. Nachdem Mängelbeseitigungsarbeiten an einer Tauchpumpe der Drainage durchgeführt worden waren, traten im September 2002 im Keller erneut Feuchtigkeitsschäden auf. Nachdem eine Mängelbeseitigung erfolglos geblieben war, leitete die Klägerin ein selbständiges Beweisverfahren ein. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Schichtdicke der Dickbeschichtung der Kelleraußenwände nicht ausreiche und die Drainage Mängel aufweise. Zur Sanierung sei entweder eine Abdichtung des Kellers gegen drückendes Wasser oder die Herstellung einer ordnungsgemäßen Abdichtung gegen nichtstauendes Sickerwasser und einer ordnungsgemäßen Drainage mit Entwässerung durch gegebenenfalls mehrere Sickerbrunnen beziehungsweise durch einen Pufferspeicher mit Versickerungsmöglichkeit vorzunehmen.

3Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten wegen dieser Mängel die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 332.355,79 € sowie die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht für darüber hinausgehende Schäden geltend, die mit der Sanierung und Abdichtung des Anwesens und der Beseitigung der Ursachen für die Schimmelbildung an den Dachunterseiten entstehen. Die Beklagten bestreiten die Höhe der Schäden und berufen sich auf Verjährung.

4Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 137.439,15 € verurteilt und festgestellt, dass diese als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle diesen Betrag übersteigenden Schäden zu ersetzen, die ihr durch in Boden und Wände des Kellers ihres Hauses eindringende Feuchtigkeit sowie durch Schimmeln der für die Untersichten des Daches verwendeten Platten entstanden sind und noch entstehen. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt mit dem Ziel, die Abweisung der Klage zu erreichen. Die Klägerin hat Anschlussberufung eingelegt, mit der sie einen höheren merkantilen Minderwert beansprucht und eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrags in Höhe von insgesamt 157.439,15 € geltend gemacht hat. Das Berufungsgericht hat der Klägerin den geforderten zusätzlichen merkantilen Minderwert zugesprochen, dagegen einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Schimmelbildung an der Untersicht des Daches verneint. Es hat unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 144.464,15 € verurteilt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten für darüber hinausgehende Schäden festgestellt. Die weitergehende Berufung und Anschlussberufung hat es zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.

5Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erreichen möchten.

II.

6Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat Erfolg und führt, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

71. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin könne die Kosten für eine Abdichtung des Gebäudes von außen gegen aufstauendes Wasser sowie gegebenenfalls auch eine Abdichtung von innen wegen - sich möglicherweise zeigender - Undichtigkeit der Bodenplatte verlangen und brauche sich nicht auf eine Lösung verweisen zu lassen, bei der eine ordnungsgemäß funktionierende und rechtlich abgesicherte Drainage mit Versickerung auf dem Grundstück hergestellt werde. Die gerichtlichen Sachverständigen E. und G. hätten festgestellt, dass zur Beseitigung der nach der DIN 4095 zugrunde zu legenden Wassermengen ein Sickergraben von 20 m Länge, ein weiterer Sickergraben von 10 m Länge und der derzeit bestehende Brunnen erforderlich seien. Dabei seien die Gräben mindestens 2,5 m, besser 3 m tief unter GOK (= Geländeoberkante) auszuführen. Bei der gegebenen Grundstückssituation wäre - abgesehen davon, dass der Garten praktisch vollständig aufgegraben und neu angelegt werden müsste - durch die Gräben die Möglichkeit (sei es für die Klägerin, sei es für einen allfälligen späteren Nutzer) nicht mehr gegeben, im Garten einen Pool anzulegen. Außerdem wäre nach den Feststellungen des Sachverständigen E. eine regelmäßige Überprüfung der Schluckbrunnen hinsichtlich ihrer Sickerfähigkeit erforderlich. Im Hinblick auf diese erheblichen Einschränkungen sei es nachvollziehbar und zu billigen, dass die Klägerin, wäre ihr die Problematik bekannt gewesen, von vornherein eine Ausbildung des Kellers als schwarze Wanne ohne Drainage gewählt hätte.

82. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten rügt es zu Recht als Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), dass das Berufungsgericht sich nicht mit ihrem im ersten und zweiten Rechtszug gehaltenen Sachvortrag befasst hat, die Versickerungslösung führe zu keiner Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung, weil das Restgrundstück der Klägerin nicht bebaubar sei.

9a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dieses Gebot verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden (vgl. Rn. 7; Beschluss vom - VII ZR 170/17 Rn. 16, BauR 2018, 1162 = NZBau 2018, 349; Beschluss vom - V ZR 61/15 Rn. 7, NJW-RR 2016, 78 m.w.N.).

10b) Nach diesen Grundsätzen stellt es eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör dar, dass das Berufungsgericht das genannte Vorbringen nicht beschieden hat.

11Der Umstand, ob aus baurechtlichen Gründen auf dem Restgrundstück der Klägerin die Anlage eines befestigten Swimmingpools möglich ist oder nicht, ist für die vom Berufungsgericht eingehend erörterte und letztlich bejahte Frage erheblich, ob die für eine Drainage erforderlichen Sickerschächte im Boden eine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung nach sich ziehen. Ist eine bauliche Nutzung des Grundstücks der Klägerin im derzeit nicht bebauten Bereich unzulässig, beschränkt sich die Beeinträchtigung der Klägerin darauf, dass der Gartenbereich aufgegraben und neu angelegt werden muss sowie darauf, dass die Schluckbrunnen regelmäßig gewartet werden müssen.

12Auf dem genannten Gehörsverstoß beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht die Zumutbarkeit der Versickerungslösung für die Klägerin anders beurteilt hätte, wenn es das betreffende Vorbringen der Beklagten berücksichtigt und bei seiner Entscheidung erwogen hätte. Das Berufungsgericht hat es in diesem Zusammenhang für wesentlich erachtet, dass durch die Versickerungslösung die Möglichkeit zur Anlage eines Gartenpools nicht mehr gegeben wäre. Die weiteren vom Berufungsgericht zur Begründung der Unzumutbarkeit angeführten Erwägungen, dass der Garten komplett umgegraben und neu angelegt werden müsse und die Schluckbrunnen regelmäßig gewartet werden müssten, lassen für sich allein die Anlage einer Drainage nicht zwingend als unzumutbar erscheinen.

III.

13Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

14Das Berufungsgericht wird zum einen die weiteren von den Beklagten mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen zu prüfen und zum anderen auf der Grundlage des wechselseitigen Parteivorbringens Feststellungen dazu zu treffen haben, ob sich aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die im Vertrag vereinbarte Art der Abdichtung des Hauses ihrem Inhalt nach eine Abdichtung des Hauses ohne Inanspruchnahme des Gartenbereichs zum Gegenstand hatte und die Beseitigung der Mängel an der fehlerhaft erstellten Drainage daher auch einer solchen vertraglichen Vereinbarung Rechnung tragen musste. Maßgeblich für den Umfang der Mängelbeseitigung ist das vertraglich geschuldete Werk. Diesen Zustand hat der Unternehmer herzustellen. Eine Mängelbeseitigung, die nicht den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführt, muss der Besteller grundsätzlich nicht akzeptieren. Der Besteller muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass der durch eine nicht vertragsgemäße Nachbesserung verbleibende Minderwert durch einen Minderungsbetrag abgegolten wird (, BGHZ 154, 301, juris Rn. 10; Urteil vom - VII ZR 110/96, BauR 1997, 638). Zu der Frage, ob danach die von den Beklagten gewählte Art der Mängelbeseitigung durch Herstellung von Sickergräben und eines Schluckbrunnens (sog. Versickerungslösung) vertragsgerecht ist, wird das Berufungsgericht nach Anhörung der Parteien die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:101018BVIIZR229.17.0

Fundstelle(n):
AAAAH-03988