1. Die gerichtliche Abberufung ergänzt die in § 103 Abs. 1, 2 AktG und in den mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften geregelten Abberufungsrechte und versteht sich als ultima ratio.
2. Hinsichtlich des Vorliegens eines wichtigen Grundes ist entscheidend, dass das weitere Verbleiben des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds im Amt die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats nicht unerheblich beeinträchtigt oder eine sonstige Schädigung der Gesellschaft erwarten lässt, mithin für die Gesellschaft unzumutbar ist. Entsprechend § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles ist dies bei grober Pflichtverletzung des Aufsichtsratsmitglieds oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Wahrnehmung der Aufsichtsratsaufgaben regelmäßig zu bejahen.
3. Nach § 394 AktG unterliegen Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat entsandt oder gewählt worden sind, hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegenheitspflicht, so dass eine entsprechende Informationsweitergabe keinen wichtigen Grund für eine Abberufung darstellen kann.
4. Das Fernbleiben von Aufsichtsratssitzungen kann erst dann einen wichtigen Grund zur Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds darstellen, wenn es auf eine Boykotthaltung des Aufsichtsratsmitglieds schließen lässt. Im Übrigen setzt eine als Boykott einzustufende Nichtteilnahme eines Aufsichtsratsmitglieds an einer Aufsichtsratssitzung voraus, dass das Aufsichtsratsmitglied rechtzeitig und ordnungsgemäß geladen und über die einzelnen Tagesordnungspunkte vorab ausreichend, in der Regel durch Überlassung entsprechender schriftlicher Unterlagen, informiert wurde.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): AG 2019 S. 97 Nr. 3 DB 2018 S. 2626 Nr. 43 NJW-RR 2018 S. 1439 Nr. 23 NWB-Eilnachricht Nr. 52/2018 S. 1386 NWB-Eilnachricht Nr. 52/2018 S. 3886 StuB-Bilanzreport Nr. 3/2019 S. 136 ZIP 2018 S. 1932 Nr. 40 PAAAH-03957
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OLG München, Beschluss v. 28.08.2018 - 31 Wx 61/17
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