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FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 4 K 4263/17

Gesetze: EStG § 42d Abs. 1 Nr. 1, EStG § 42d Abs. 1 Nr. 3, EStG § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG § 38b Abs. 1 S. 2 Nr. 1, EStG § 38b Abs. 1 S. 2 Nr. 3, EStG § 38b Abs. 1 S. 2 Nr. 6, EStG § 1 Abs. 3, EStG 2010 § 39, EStG 2010 § 39d, EStG 2012 § 39c Abs. 2, EStG 2012 § 39 Abs. 3, AO § 5, FGO § 102, FGO § 76 Abs. 1

Lohnsteuerhaftung des Arbeitgebers für in Polen ansässige Arbeitnehmer bei trotz Nichterfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht nach Lohnsteuerklasse VI, sondern nach Steuerklasse I/III vorgenommenem Lohnsteuerabzug

Begrenzung der Haftung durch die Höhe der endgültigen inländischen Einkommensteuerschuld dieser Arbeitnehmer

Nachweispflicht des Arbeitgebers durch Vorlage von inländischen Einkommensteuerbescheiden der Arbeitnehmer

Leitsatz

1. Handelt es sich bei angestellten Kraftfahrern einer inländischen Spedition um polnische Staatsbürger ohne Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und sind für die Fahrer keine Identifikationsnummern nach § 139b AO erteilt worden, so unterliegen die polnischen Fahrer hinsichtlich ihrer Löhne, soweit sie für eine in Deutschland ausgeübte Tätigkeit gezahlt werden, nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Polen auch der deutschen Einkommensbesteuerung.

2. Hat die Arbeitgeberin die Lohnsteuer für die (hier: Streitzeitraum 2011 bis April 2014) an die polnischen Arbeitnehmer ausgezahlten Arbeitslöhne nur unter Anwendung der Lohnsteuerklassen I bzw. III anstelle der Steuerklasse VI berechnet, einbehalten und abgeführt, obgleich sich bei den Lohnkonten dieser Arbeitnehmer weder Lohnsteuerkarten/Ersatzbescheinigungen (§§ 39, 52b Abs. 1 EStG a. F.) noch Lohnsteuerabzugsbescheinigungen (vgl. § 39 Abs. 3 EStG n. F. bzw. § 39d EStG a. F.) mit entsprechenden Lohnsteuerabzugsmerkmalen (Steuerklasse I bzw. III) befinden, so ist die auf § 42d EStG gestützte Lohnsteuerhaftungsinanspruchnahme der Arbeitgeberin in Höhe des Differenzbetrags zwischen der Anwendung der Steuerklassen I/III und der ungünstigen Steuerklasse VI nicht ermessenfehlerhaft, wenn der Arbeitgeber nicht durch inländische Einkommensteuerbescheide dieser Arbeitnehmer nachweist, dass für die betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich keine Einkommensteuer in Deutschland angefallen ist bzw. die tatsächliche inländische Einkommensteuer dieser Arbeitnehmer niedriger als der vorgenommene Lohnsteuerabzug ist, und wenn das FA die vorrangige Inanspruchnahme der Arbeitnehmer mit der Begründung ablehnt, dass auf die polnischen Arbeitnehmer nur unter erschwerten Bedingungen (steuerlich nicht geführt, Wohnsitz ggf. im Ausland oder unbekannt, Amtshilfeersuchen an polnische Behörden usw.) zugegriffen werden könnte.

3. Der Senat folgt nicht der Auffassung, wonach die Höhe der endgültigen Einkommensteuerschuld der Arbeitnehmer in tatbestandlicher Hinsicht ohne Relevanz für die Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers sei, weil dessen Haftungsschuld ausschließlich die Lohnsteuer betreffe, die in ihrem Entstehen akzessorisch lediglich von der Höhe der Jahreslohnsteuerschuld, nicht aber von der letztendlich entstandenen Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers abhänge.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
ZAAAH-03154

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FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.10.2018 - 4 K 4263/17

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