Lohnsteuerhaftung des Arbeitgebers für in Polen ansässige Arbeitnehmer bei trotz Nichterfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen
nicht nach Lohnsteuerklasse VI, sondern nach Steuerklasse I/III vorgenommenem Lohnsteuerabzug
Begrenzung der Haftung durch die Höhe der endgültigen inländischen Einkommensteuerschuld dieser Arbeitnehmer
Nachweispflicht des Arbeitgebers durch Vorlage von inländischen Einkommensteuerbescheiden der Arbeitnehmer
Leitsatz
1. Handelt es sich bei angestellten Kraftfahrern einer inländischen Spedition um polnische Staatsbürger ohne Wohnsitz bzw.
gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und sind für die Fahrer keine Identifikationsnummern nach § 139b AO erteilt worden,
so unterliegen die polnischen Fahrer hinsichtlich ihrer Löhne, soweit sie für eine in Deutschland ausgeübte Tätigkeit gezahlt
werden, nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Polen auch der deutschen Einkommensbesteuerung.
2. Hat die Arbeitgeberin die Lohnsteuer für die (hier: Streitzeitraum 2011 bis April 2014) an die polnischen Arbeitnehmer
ausgezahlten Arbeitslöhne nur unter Anwendung der Lohnsteuerklassen I bzw. III anstelle der Steuerklasse VI berechnet, einbehalten
und abgeführt, obgleich sich bei den Lohnkonten dieser Arbeitnehmer weder Lohnsteuerkarten/Ersatzbescheinigungen (§§ 39, 52b
Abs. 1 EStG a. F.) noch Lohnsteuerabzugsbescheinigungen (vgl. § 39 Abs. 3 EStG n. F. bzw. § 39d EStG a. F.) mit entsprechenden
Lohnsteuerabzugsmerkmalen (Steuerklasse I bzw. III) befinden, so ist die auf § 42d EStG gestützte Lohnsteuerhaftungsinanspruchnahme
der Arbeitgeberin in Höhe des Differenzbetrags zwischen der Anwendung der Steuerklassen I/III und der ungünstigen Steuerklasse
VI nicht ermessenfehlerhaft, wenn der Arbeitgeber nicht durch inländische Einkommensteuerbescheide dieser Arbeitnehmer nachweist,
dass für die betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich keine Einkommensteuer in Deutschland angefallen ist bzw. die tatsächliche
inländische Einkommensteuer dieser Arbeitnehmer niedriger als der vorgenommene Lohnsteuerabzug ist, und wenn das FA die vorrangige
Inanspruchnahme der Arbeitnehmer mit der Begründung ablehnt, dass auf die polnischen Arbeitnehmer nur unter erschwerten Bedingungen
(steuerlich nicht geführt, Wohnsitz ggf. im Ausland oder unbekannt, Amtshilfeersuchen an polnische Behörden usw.) zugegriffen
werden könnte.
3. Der Senat folgt nicht der Auffassung, wonach die Höhe der endgültigen Einkommensteuerschuld der Arbeitnehmer in tatbestandlicher
Hinsicht ohne Relevanz für die Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers sei, weil dessen Haftungsschuld ausschließlich die
Lohnsteuer betreffe, die in ihrem Entstehen akzessorisch lediglich von der Höhe der Jahreslohnsteuerschuld, nicht aber von
der letztendlich entstandenen Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers abhänge.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): ZAAAH-03154
Preis: €5,00
Nutzungsdauer: 30 Tage
Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.10.2018 - 4 K 4263/17
Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,
die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen.
Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.