Festsetzung der notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung: Anforderungen an den Antrag auf Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses insbesondere bei Geltendmachung von Rechtsanwaltskosten
Leitsatz
Der Antrag auf Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses muss den Gegenstand der geltend gemachten Kostenpositionen in hinreichend bestimmter Form bezeichnen. Erforderlich sind eine genaue Bezeichnung des zugrunde liegenden Rechtsstreits oder Vollstreckungstitels sowie die nachvollziehbare Angabe von Grund und Höhe der einzelnen Positionen. Wird die Festsetzung von Rechtsanwaltskosten begehrt, so muss die nach § 10 Abs. 2 RVG vorzunehmende Kostenberechnung aus sich heraus verständlich sein; die Bezugnahme auf Vollstreckungsunterlagen genügt hierfür nicht.
Gesetze: § 103 Abs 2 ZPO, § 104 ZPO, § 107 ZPO, § 788 ZPO, § 10 Abs 2 RVG
Instanzenzug: LG Passau Az: 2 T 36/18vorgehend AG Passau Az: 4 M 357/18
Gründe
1I. Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung. Mit Schriftsatz vom beantragte die Gläubigerin beim Amtsgericht, gegen die Schuldnerin gemäß § 788 ZPO die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung festzusetzen. Der Antrag, in dem der zugrundeliegende Vollstreckungstitel nicht bezeichnet war, enthielt eine nicht unterschriebene Übersicht der bisherigen Vollstreckungskosten mit folgendem Inhalt:
2Dem Antrag waren Belege beigefügt. Das Amtsgericht hat den Festsetzungsantrag mit Beschluss vom zurückgewiesen. Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde der Gläubigerin nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt. Dieses hat nach Übertragung des Verfahrens vom Einzelrichter auf die Kammer die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom zurückgewiesen.
3II. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Kostenfestsetzungsantrag sei schon deshalb mangelhaft, weil der der Zwangsvollstreckung zugrundeliegende Vollstreckungstitel nicht angegeben sei. Es fehle ferner mangels Angabe des Gegenstandswerts, der Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und der Gebührenbezeichnung an einer ordnungsgemäßen, aus sich heraus verständlichen Berechnung der Rechtsanwaltskosten.
4III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der Kostenfestsetzungsantrag nicht den aus § 788 Abs. 2 und § 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 10 Abs. 2 RVG folgenden formalen Anforderungen genügt.
51. Nach § 788 Abs. 2 ZPO setzt das Vollstreckungsgericht die Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 103 Abs. 2, § 104 und § 107 ZPO fest. Nach § 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind dem Kostenfestsetzungsantrag die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege beizufügen.
6Der Inhalt des Antrags hat dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es sich bei dem mit ihm begehrten Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO um einen Vollstreckungstitel handelt, der formell und materiell in Rechtskraft erwächst (vgl. , NJW 2003, 1462 [juris Rn. 3]; Beschluss vom - IX ZB 104/09, AGS 2011, 566 [juris Rn. 7]; MünchKomm.ZPO/Schulz, 5. Aufl., § 104 Rn. 137). Aus dem Antrag muss deshalb in bestimmter Form hervorgehen, welche Kostenpositionen Gegenstand der Geltendmachung sind. Erforderlich ist danach zunächst eine genaue Bezeichnung des zugrundeliegenden Rechtsstreits oder Vollstreckungstitels (BeckOK.ZPO/Jaspersen, 29. Ed., § 103 Rn. 27; MünchKomm.ZPO/Schulz aaO § 103 Rn. 39; Saenger/Girl, ZPO, 7. Aufl., § 103 Rn. 7). Weiter müssen Grund und Höhe der einzelnen Positionen nachvollziehbar bezeichnet werden (vgl. OLG Brandenburg, AnwBl 2001, 306; FG Nürnberg, EFG 1989, 364; MünchKomm.ZPO/Schulz aaO § 103 Rn. 42).
7Bei der Geltendmachung von Rechtsanwaltskosten richtet sich der erforderliche Inhalt der Kostenberechnung nach § 10 Abs. 2 RVG (vgl. OLG Brandenburg, AnwBl 2001, 306 [zu § 18 Abs. 2 BRAGO aF]; BeckOK.ZPO/Jaspersen aaO § 103 Rn. 27; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 104 Rn. 4; Saenger/Girl aaO § 103 Rn. 11). Die Vorschrift des § 10 Abs. 2 RVG sieht vor, dass in der Kostenberechnung die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, auch dieser anzugeben sind; bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrags. Die Kostenberechnung muss aus sich heraus verständlich sein.
82. Danach hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsantrag der Gläubigerin zu Recht für unzureichend erachtet, weil er weder den zugrundeliegenden Rechtsstreit oder Vollstreckungstitel genau bezeichnete noch eine hinreichend detaillierte Kostenberechnung enthielt.
9Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, dass die jeweiligen Grundlagen und Berechnungen der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in den dem Antrag beigefügten Vollstreckungsaufträgen genannt seien. Den formalen Anforderungen des § 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 10 Abs. 2 RVG ist mit Blick auf ihren Sinn, den Inhalt des beantragten Kostenfestsetzungsbeschlusses in hinreichend bestimmter Weise festzulegen, nicht dadurch genügt, dass sich die Grundlagen der Honorarberechnung aus dem Antrag beigefügten Vollstreckungsunterlagen ergeben.
10III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:130918BIZB16.18.0
Fundstelle(n):
NJW 2019 S. 679 Nr. 10
WM 2018 S. 2372 Nr. 50
OAAAH-02177