„JStG 2018“: Korrektur kleiner und größerer Versäumnisse
Das alljährliche Nichtanwendungs- und Korrekturgesetz hat eine erstaunliche Metamorphose erfahren. Wurde es noch im Referentenentwurf als JStG 2018 ausgegeben, erhielt es bereits als Regierungsentwurf mit demselben Inhalt die konkretere Bezeichnung „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“. Da es der Steuergesetzgeber in letzter Zeit zu versäumen scheint, seinen ellenlangen, narrativen Gesetzestiteln amtliche Kurzbezeichnungen beizufügen, musste sich die Praxis behelfen und ihrerseits Kurztitel erfinden. So bleibt es eben bei dem griffigen Kurztitel „JStG 2018“, der entweder in Anführungszeichen gesetzt oder mit dem Zusatz „vormals“ versehen wird (s. etwa NWB Reform Radar). Ganz ähnlich war mit dem kaum zu zitierenden „Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen“ zu verfahren, für das so unterschiedliche Kurztitel wie etwa LizenzschrankenG (Hörster, NWB 25/2017 S. 1875) bzw. LizenzboxG (Kirchhof in Kirchhof, EStG, 17. Aufl. 2018, § 3a Rz. 6) erfunden oder etwas bemüht anmutende Akronyme wie SchädlStPraktG (Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2018, § 3a Rn. 1) bzw. RÜbStG ( www.buzer.de) zusammengebastelt wurden.
Nun hat sich der Gesetzgeber des bisher nur bedingt anwendbaren Sanierungsprivilegs in zweifacher Hinsicht angenommen. Denn nachdem die EU-Kommission dem BMF im Juli 2018 durch einen „Letter of Comfort“ mitgeteilt hatte, dass die angezeigten Sanierungsbestimmungen als sog. Altregelungen ohne Verstoß gegen Art. 107 AEUV in Kraft treten konnten, kommt es durch das „JStG 2018“ zu einer entsprechenden Anpassung der Inkrafttretens- und Übergangsregelungen: Die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne ist nun anwendbar – und nachdem der BFH durch mehrere Entscheidungen wiederholt BMF-Schreiben zur Anwendung des Sanierungserlasses auf Altfälle für unverbindlich erklärt hatte (dazu ausführlich Kanzler, FR 2018 S. 794, 796 m. w. N.), sind § 3a EStG und die Folgevorschriften auf Antrag des Steuerpflichtigen auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem , dem Tag der Veröffentlichung des Sanierungsbeschlusses des Großen Senats des BFH, erlassen wurden. Diese rückwirkende Anwendung der Neuregelungen auf alle noch offenen Fälle ist eine vom Schrifttum und der Praxis schon länger geforderte Maßnahme, die den Betroffenen nun endlich Rechtssicherheit gewährleistet.
Als weitere kleinere Korrektur wurde bei der durch StÄndG 2015 auf Druck des EuGH eingeführten Vorschrift des § 6b Abs. 2a EStG eine Verzinsungsregelung für den Fall einer ganz oder teilweise ausbleibenden Auslands-Reinvestition eingeführt. Diese Regelung hatte der Bundesrat vorgeschlagen, um „Missbrauch und ungewollte Steuergestaltungen zu verhindern“, denn „in der Literatur“ sei bereits aufgezeigt worden, „wie die fehlende Sanktion für Zwecke der Steueroptimierung genutzt werden“ könne. Hierzu bezog sich der Bundesrat ausdrücklich auf einen Beitrag in NWB 23/2018 S. 1668.
Hans-Joachim Kanzler
Fundstelle(n):
NWB 2018 Seite 3577
UAAAH-00675