BGH Urteil v. - X ZR 44/16

 (Bestimmung des technischen Problems in einem Nichtigkeitsverfahren)

Gesetze: § 81 PatG, § 121 Abs 2 PatG

Instanzenzug: Az: 3 Ni 12/14 Urteil

Tatbestand

1Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 42 01 748 (Streitpatents), das am angemeldet wurde und bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils durch Zeitablauf erloschen ist. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung der feuerfesten Zustellung einer Gießpfanne. Der einzige Patentanspruch lautet wie folgt:

"Verfahren zur Herstellung der feuerfesten Zustellung einer Wandungsdurchlässe mit Düsen- und/oder Spülsteinen aufnehmenden Pfanne für das Vergießen von Stahl oder eines ähnlichen metallurgischen Gefäßes unter Verwendung thixotroper Vibrationszustellmassen für das Verschleißfutter, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Herstellung des Verschleißfutters (3) durch Schablonen Öffnungen (7, 8) für die Wandungsdurchlässe freigehalten und die konischen Düsen- und/oder Spülsteine (5, 6) in die freigehaltenen Öffnungen (7, 8) des Verschleißfutters (3) eingesetzt und dort ohne Sitzsteine unmittelbar in das Verschleißfutter (3) eingemörtelt werden."

2Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich in Anspruch genommen wird, hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und hilfsweise in neun geänderten Fassungen verteidigt.

3Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die ihre erstinstanzlichen Anträge mit der Maßgabe weiterverfolgt, dass hilfsweise in sämtlichen Anspruchssätzen jeweils die Wörter "oder eines ähnlichen metallurgischen Gefäßes" entfallen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Gründe

4Die zulässige Berufung ist begründet.

5I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung der feuerfesten Zustellung einer Gießpfanne.

61. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift kann die Zustellung metallurgischer Gefäße auf unterschiedliche Weise hergestellt werden. Die klassische Art der Zustellung sei - so erläutert die Streitpatentschrift - die Ausmauerung des Gefäßes mit feuerfesten Steinen. Im Stand der Technik seien indessen auch Verfahren bekannt, bei denen die Zustellung als monolithischer Block entstehe. Ein solches Verfahren sei in der deutschen Patentschrift 37 41 073 beschrieben. Danach werde die Zustellung hergestellt, indem eine der lichten Öffnung der Pfanne entsprechende Schablone in die Pfanne eingesetzt werde. Der dadurch entstehende Zwischenraum zwischen Pfanneninnenwandung und Schablone werde mit einer thixotropen feuerfesten Masse ausgefüllt, die sich unter dem Einfluss von Vibratoren verflüssige und dann kompaktiert werde. Eine solchermaßen hergestellte Zustellung könne bei Verschleiß relativ einfach repariert werden. Hierfür müsse lediglich die Oberflächenschicht der alten Zustellung entfernt werden. Danach könne mit Hilfe der Schablone wieder eine neue Schicht aus thixotroper feuerfester Masse aufgebracht werden.

7Die Zustellung sei bei jedem Schmelzvorgang einer erodierenden Wirkung ausgesetzt. Da Pfannen und insbesondere Pfannenöfen absolut zuverlässig und sicher sein müssten und in der modernen Metallurgie zunehmend an Bedeutung gewönnen, gingen die Bestrebungen dahin, die Lebensdauer einer Zustellung so weit wie möglich zu verlängern, ohne dass den Betriebsablauf unterbrechende Reparaturen erforderlich würden. Probleme bei der Erosionsbeständigkeit träten insbesondere im Bereich des Abstichlochs auf, wo sich die Düsensteine befänden, über die die Schmelze ausgegossen werde, sowie im Bereich der Spülsteine, über die gasförmige Medien in den flüssigen Stahl in der Pfanne eingeblasen würden. Diese funktionellen Steine würden üblicherweise in besondere Sitzsteine eingesetzt, die ihrerseits in die Zustellung eingefügt seien. Bei der klassischen Ausmauerung seien die Sitzsteine Bestandteil des feuerfesten Mauerwerks. Auch nach dem Aufkommen monolithischer Zustellungen sei die Technik, Düsen- und Spülsteine in separate Sitzsteine einzusetzen, beibehalten worden. In diesem Fall würden die Sitzsteine in mittels Schablonen freigehaltene Öffnungen der Zustellung eingesetzt. Sitzsteine hätten indessen den Nachteil, dass sie unter der erodierenden Wirkung der Schmelze vorzeitig verschlissen. Um die Steine ausbrechen und durch neue ersetzen zu können, müsse die Pfanne abgekühlt werden, was störende Betriebsunterbrechungen zur Folge habe. Ferner sei das Auswechseln der Sitzsteine bei den im Stand der Technik bekannten Ausführungsformen erschwert, weil durch die zylindrische Form der Steine und die hierbei zum Teil auftretende Versinterung der Steine mit der sie umgebenden Zustellung ein Ausstoßen der verschlissenen Steine nicht ohne weiteres möglich sei. Schließlich verschlechterten die durch den Einsatz von Sitzsteinen bedingten zusätzlichen Fugen in der Zustellung die Erosionsbeständigkeit der Pfanne und erhöhten das Durchbruchsrisiko.

82. Das Patentgericht hat hieraus abgeleitet, das Streitpatent betreffe das technische Problem, ein Verfahren zur Herstellung einer Pfanne zur Verfügung zu stellen, das eine unaufwändige Installation der Funktionssteine in die Erstzustellung ermögliche, dem Verschleiß der Sitzsteine begegne und die Zahl der Fugen in der Zustellung minimiere, weil hierdurch die Lebensdauer, die Sicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Zustellung von Stahlgießpfannen erhöht werde. Dagegen könne die leichte Austauschbarkeit von Düsen- und/oder Spülsteinen bei der Reparatur entgegen der Auffassung der Beklagten nicht als Teil der Aufgabe angesehen werden, da die auf diesen Aspekt bezogenen Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents in den Ursprungsunterlagen nicht enthalten gewesen seien.

93. Diese Definition ist zu eng.

10a) Nach der Rechtsprechung des Senats dient die Bestimmung des technischen Problems (der Aufgabe) in einem Nichtigkeitsverfahren dazu, den Ausgangspunkt der fachmännischen Bemühungen um eine Bereicherung des Stands der Technik ohne Kenntnis der Erfindung zu lokalisieren, um bei der anschließenden und davon zu trennenden Prüfung auf Patentfähigkeit zu bewerten, ob die dafür vorgeschlagene Lösung durch den Stand der Technik nahegelegt war oder nicht (, GRUR 2015, 356 Rn. 9 - Repaglinid). Dementsprechend hat sie nicht die Funktion, über die Frage der Patentfähigkeit bereits eine Vorentscheidung zu treffen. Daher ist es weder zulässig, Elemente, die zur patentgemäßen Lösung gehören, bei der Formulierung der Aufgabe zu berücksichtigen, noch darf ohne weiteres unterstellt werden, dass für den Fachmann die Befassung mit einer bestimmten Aufgabenstellung angezeigt war (, GRUR 2015, 352 Rn. 16 - Quetiapin).

11b) Allerdings kann auch nicht umgekehrt ohne weiteres angenommen werden, ein bestimmtes technisches Problem sei nicht Teil der Aufgabenstellung, weil die hierauf bezogenen Ausführungen in der Streitpatentschrift in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht enthalten gewesen seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich das einer Erfindung zugrunde liegende technische Problem aus dem, was die Erfindung tatsächlich leistet. Insoweit stehen die Bestimmung der Aufgabe und die Auslegung des Patentanspruchs zwar in einer gewissen Wechselwirkung. Die Bestimmung der Aufgabe darf jedoch angesichts des Vorrangs des Patentanspruchs gegenüber dem übrigen Inhalt der Patentschrift nicht zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortsinn des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen ( Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 27 - Gelenkanordnung; Urteil vom - X ZR 113/11, GRUR 2012, 1122 Rn. 22 - Palettenbehälter III).

12c) Im Streitfall ist deshalb das dem Streitpatent zugrunde liegende Problem allgemein und in Übereinstimmung mit der Formulierung in der Streitpatentschrift, die im Übrigen nahezu wortgleich in der Anmeldung enthalten ist, darin zu sehen, ein Verfahren zur Herstellung einer feuerfesten Zustellung von Gießpfannen oder ähnlichen metallurgischen Gefäßen zur Verfügung zu stellen, mit dem die Lebensdauer, die Sicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Zustellung erhöht werden können.

134. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in der erteilten Fassung ein Verfahren vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern):

1. Das Verfahren dient der Herstellung der feuerfesten Zustellung einer Pfanne für das Vergießen von Stahl oder eines ähnlichen metallurgischen Gefäßes [M1].

2. Die Pfanne oder das metallurgische Gefäß weist auf

2.1 Wandungsdurchlässe, die Düsen- und/oder Spülsteine aufnehmen [M2];

2.2 ein Verschleißfutter (3).

3. Die Düsen- und/oder Spülsteine (5, 6) sind konisch [M5].

4. Bei der Herstellung des Verschleißfutters (3) werden

4.1 thixotrope Vibrationszustellmassen verwendet [M3];

4.2 durch Schablonen Öffnungen (7, 8) für die Wandungsdurchlässe freigehalten [M4] und

4.3 die Düsen- und/oder Spülsteine (5, 6) in die freigehaltenen Öffnungen (7, 8) des Verschleißfutters (3) eingesetzt [M5] und dort ohne Sitzsteine unmittelbar in das Verschleißfutter (3) eingemörtelt [M6].

145. Zum Verständnis der erfindungsgemäßen Lehre sind folgende Bemerkungen veranlasst:

15a) Die Merkmalsgruppe 2 führt nur einen Teil der Bestandteile einer Gießpfanne auf. Die Anordnung dieser Bestandteile im Verhältnis zu den weiteren Bestandteilen einer Gießpfanne wird aus der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 der Streitpatentschrift deutlich, die eine Ausführungsform einer Gießpfanne mit einer nach dem beanspruchten Verfahren hergestellten Zustellung zeigt:

16Danach ist das aus starkem Stahlblech bestehende Gehäuse 1 auf der Innenseite mit einem Dauerfutter 2 aus feuerfestem Material versehen. Das Dauerfutter, das nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift gemauert oder gegossen sein kann, wird seinerseits auf der Innenseite von dem Verschleißfutter 3 überdeckt, das mittels der Schablone 4 ausgebildet wird. Das Verschleißfutter bildet die der Schmelze zugewandte Oberfläche der Gießpfanne, während das Dauerfutter mit der Schmelze nicht in Berührung kommt. Am Boden der Gießpfanne befinden sich ein Düsenstein 5 und ein Spülstein 6.

17Die Düsen- und Spülsteine werden in der Streitpatentschrift zusammenfassend auch als "funktionelle Steine" bezeichnet, von denen die "Sitzsteine" zu unterscheiden sind (Beschr. Sp. 1 Z. 59-62). Die im Stand der Technik bekannten Steine dieser Kategorien lassen sich nach den Erläuterungen in der Streitpatentschrift wie folgt umschreiben:

18aa) Düsensteine sind in der Regel buchsenartige Elemente aus besonders hochwertigem feuerfestem Material. Sie bilden die Ausgussdüsen der Gießpfanne, über die die Schmelze abläuft (Beschr. Sp. 1 Z. 53 f. und Z. 59-61).

19Spülsteine sind meist kegelig und bestehen aus porösem Material. Sie dienen dazu, Gase in die Schmelze einzublasen (Beschr. Sp. 1 Z. 54-56).

20bb) Sitzsteine sind separate Steine, die in die Zustellung eingefügt sind und die Halterung für die funktionellen Steine bilden, indem sie diese in einer zentralen Lochung aufnehmen (Beschr. Sp. 1 Z. 56-59 und Z. 63-65). Sitzsteine am Ausguss werden nach der Streitpatentschrift teilweise auch als Lochsteine oder Ausgusssteine bezeichnet (Beschr. Sp. 2 Z. 62 f.).

21b) Die Düsen- und Spülsteine, die bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung der feuerfesten Zustellung eines metallurgischen Gefäßes eingesetzt werden, sind nach Merkmal 3 konisch geformt. Die Parteien streiten darüber, wie dies im Lichte der Beschreibung des Streitpatents zu verstehen ist.

22aa) Bei dem in der Streitpatentschrift beschriebenen und in Figur 3 gezeigten Ausführungsbeispiel weist der Spülstein eine kegelige Form auf, für den eine in der Streitpatentschrift als "einfach konisch" beschriebene Öffnung vorgesehen ist (Sp. 4 Z. 18). Der Düsenstein wird als aus zwei mit den verjüngten Seiten einander zugewandten Kegeln bestehender Stein beschrieben (Sp. 4 Z. 14-16), der in eine als "doppelkegelig" beschriebene Öffnung eingesetzt wird (Sp. 4 Z. 13 f.).

23(1) Das Patentgericht hat in Anbetracht dieser Beschreibung angenommen, dass danach unter konisch im Sinne des Streitpatents nicht nur die Form eines Kegels, sondern über den allgemeinen Sprachgebrauch hinaus jede sich aus der Kombination mehrerer Kegel ergebende Form zu verstehen sei, wobei aus Gründen der technischen Umsetzbarkeit bei über einen Doppelkegel hinausgehenden Formen wohl eine Grenze gesetzt sei.

24(2) Die Klägerin meint demgegenüber, aus dem Umstand, dass der Ausdruck "konisch" im Streitpatent nicht entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch zur Bezeichnung einer sich nur in eine Richtung verjüngenden Form verwendet werde, folge, dass der Begriff rein funktional auszulegen sei. Danach sei ein Düsenstein bereits dann als konisch im Sinne des Streitpatents anzusehen, wenn er eine Form mit stellenweise verringertem Durchmesser aufweise, die ein nachträgliches Einsetzen und Einmörteln zulasse.

25bb) Dem kann nicht beigetreten werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Beschreibung des Patents Begriffe eigenständig definieren und insoweit ein "patenteigenes Lexikon" darstellen mit der Folge, dass bei Abweichungen vom allgemeinen Sprachgebrauch letztlich der sich aus der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgebend ist (, GRUR 1999, 909, 911 f. - Spannschraube). Danach ist der Ausdruck "konisch" angesichts der Erläuterungen zu dem geschilderten Ausführungsbeispiel - wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat - dahin zu verstehen, dass die so beschriebenen Steine zwar eine kegelige Form aufweisen müssen, diese aber nicht auf einen einfachen Kegel beschränkt ist, sondern auch in einem Doppelkegel bestehen kann. Für die von der Klägerin befürwortete funktionale Auslegung bietet die Beschreibung des Streitpatents dagegen keine Anhaltspunkte. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich auch nichts anderes aus dem Umstand, dass Düsensteine in der Streitpatentschrift als "buchsenartig" charakterisiert werden (Sp. 3 Z. 3). Diese Aussage bezieht sich auf die im Stand der Technik bekannten, üblicherweise verwendeten Düsensteine.

26c) Die Merkmalsgruppe 4 betrifft die Herstellung des Verschleißfutters. Nach Merkmal 4.2 werden die Öffnungen für die Wandungsdurchlässe, in die später die Düsen- und/oder Spülsteine ohne Sitzstein eingesetzt und eingemörtelt werden (Merkmal 4.3), durch Schablonen freigehalten.

27aa) Bei dem in der Streitpatentschrift geschilderten Ausführungsbeispiel werden das Verschleißfutter und die darin enthaltenen Öffnungen 7 und 8 für den Düsenstein 5 und den Spülstein 6 in der Weise hergestellt, dass zunächst an den für die Steine vorgesehenen Öffnungen diesen - in der Figur 1 nicht gezeigte - entsprechende kleine Schablonen gesetzt werden und danach eine der lichten Öffnung der Pfanne entsprechende Schablone 4 in die Pfanne abgesenkt wird. Anschließend wird der Zwischenraum zwischen dem Dauerfutter und der Schablone 4 mit thixotroper Gießmasse aufgefüllt, die durch an der Schablone angebrachte Vibratoren kompaktiert wird. Wenn die Zustellung getrocknet ist, werden die Schablonen entfernt und der Düsenstein 5 und der Spülstein 6 mit feuerfestem Mörtel 11 ohne separate Sitzsteine unmittelbar in die hierfür vorgesehenen Öffnungen in der Zustellung - wie in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 des Streitpatents gezeigt - eingesetzt und die Fuge mit feuerfestem Mörtel geschlossen:

28Entsprechend wird bei den der Erstzustellung folgenden Reparaturzustellungen verfahren. Hierbei werden zunächst die geschädigten Oberflächenschichten der Zustellung abgetragen und aufgeraut und anschließend der Zwischenraum zwischen der in der Pfanne verbliebenen Zustellung und der Schablone 4 erneut mit thixotroper Masse aufgefüllt. Die konische Form des Spülsteins erleichtert es dabei, ihn nach außen auszubrechen, und Entsprechendes gilt, wenn der obere Konus erodiert ist, für den Düsenstein.

29Figur 5 zeigt im Vergleich dazu einen Schnitt durch den Boden einer Gießpfanne, bei der der Düsenstein 105 und der Spülstein 106 entsprechend der herkömmlichen Technik mit feuerfestem Mörtel 11 in den Sitzsteinen 115 und 116 befestigt sind, die ihrerseits mit feuerfestem Mörtel 121 in die Zustellung eingesetzt sind:

30bb) Die in Merkmal 4.2 genannten Schablonen sind von der im Stand der Technik bereits bekannten - in dem in der Streitpatentschrift geschilderten Ausführungsbeispiel mit der Bezugsziffer 4 bezeichneten - Schablone zu unterscheiden, die der lichten Öffnung der Gießpfanne oder des metallurgischen Gefäßes entspricht und damit die Form der Auskleidung der gesamten Innenwand des Gefäßes bestimmt. Im Gegensatz hierzu dienen die Schablonen nach Merkmal 4.2 bei der Herstellung der Zustellung als Platzhalter für die nach der Fertigstellung der Zustellung an der Innenwand des Gefäßes einzusetzenden Düsen- und/oder Spülsteine. Da die nach dem Einsetzen der Funktionssteine im Verschleißfutter verbleibenden Fugen mit feuerfestem Mörtel geschlossen werden, muss die Form der Schablonen nach Merkmal 4.2 so bemessen sein, dass sie der Form der Funktionssteine einschließlich der Mörtelschicht entspricht, mit der die Steine nach Merkmal 4.3 mit dem Verschleißfutter verbunden werden.

31II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

32Der Gegenstand des Streitpatents gehe hinsichtlich der Merkmalsgruppe 4 nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus. Sowohl die konische Form der Düsen- und Spülsteine als auch das Einmörteln der funktionellen Steine ohne Sitzstein lasse sich den Anmeldeunterlagen entnehmen. So würden die Spülsteine dort als Steine von meist kegeliger Gestalt beschrieben. Von einem "konischen Düsenstein" sei in der Anmeldung zwar nicht die Rede. Jedoch werde auch schon in der Anmeldung ein Ausführungsbeispiel geschildert, bei dem der Düsenstein aus zwei mit den verjüngten Seiten einander zugewandten Kegeln mit einer zentralen Ausgussöffnung bestehe. Dementsprechend ergebe sich für den Fachmann die konische Ausgestaltung der Düsen- und Spülsteine aus dem Gesamtzusammenhang. Das Merkmal Einmörteln ohne Sitzstein sei zwar nicht in den Patentansprüchen der Anmeldung enthalten, ergebe sich aber aus der Beschreibung.

33Der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Zwar werde das beanspruchte Verfahren durch keine der vorgelegten Entgegenhaltungen vollständig offenbart, weil keine dieser Schriften das Einmörteln eines konischen Funktionssteins beschreibe. Jedoch sei der Gegenstand des Streitpatents dem Fachmann, einem in der Gießereitechnik tätigen Diplomingenieur mit mehrjähriger Erfahrung in der Herstellung feuerfester Gießereiprodukte, durch den Stand der Technik nahegelegt gewesen.

34Ausgangspunkt seien die deutsche Offenlegungsschrift 2 233 894 (NK8a) und die britische Patentschrift 1 374 493 (NK8b), die beide die Priorität der japanischen Patentanmeldung Sho 46-51 263 vom in Anspruch nähmen. Beide beträfen nicht nur die feuerfeste Zustellung metallurgischer Gefäße, sondern auch den Einsatz thixotroper Massen im Sinne von Merkmal 4.1, die die Herstellung monolithischer und damit fugenfreier Zustellungen ermöglichten. Nach der Offenlegungsschrift des Streitpatents sei unter dem Begriff "thixotrope Masse" eine Masse zu verstehen, die unter dem Einfluss von Vibratoren gut fließe und kompaktiert werde. Die Definition einer thixotropen Masse schließe indessen mit ein, dass sich diese bei Beendigung der mechanischen Einwirkung wieder verfestige. Nicht nur das nach der NK8b verwendete feuerfeste Material, sondern auch die in der NK8a genannten Feuerfeststoffe wiesen dieses Eigenschaftsprofil auf. In der NK8a werde zwar der Begriff "thixotrop" nicht verwendet. In dieser Schrift werde jedoch erläutert, dass sich die Feuerfeststoffe während des Rüttelns durch den Vibrator flüssigkeitsähnlich verhielten. Ferner werde dort ausgeführt, dass der in die durch Vibration verflüssigte feuerfeste Masse eingetauchte Formrahmen nach dem Ausschalten der Vibration angehoben und die Abdeckplatte auf dem Ausgussstein entfernt werde. Dies setze voraus, dass die feuerfeste Masse thixotrop sei, weil eine Entfernung des Formrahmens und der Abdeckplatte ohne Abgleiten der feuerfesten Masse an den steilen Schrägkanten nicht möglich wäre, wenn sich die Masse nach Abschalten der Vibratoren nicht verfestigte.

35Merkmal 4.2 werde weder in der NK8a noch in der NK8b explizit offenbart, sei diesen Schriften aber dennoch zu entnehmen. Denn beide Schriften sähen als Alternative vor, die Funktionssteine erst nach Fertigstellung der Zustellung einzusetzen. Dies setze voraus, dass der hierfür benötigte Raum während der Herstellung der Zustellung freizuhalten sei. Hierbei sei der Einsatz einer Schablone offensichtlich und zwangsläufig notwendig, weil bei der Verwendung einer thixotropen Masse, die sich zwischendurch verflüssige, der für die Funktionssteine benötigte Raum anders nicht freigehalten werden könne. Das Streitpatent selbst verweise auf die deutsche Patentschrift 37 41 073, in der die Schablonentechnik als Standardtechnik zum Freihalten von - konischen - Öffnungen beschrieben werde.

36In den Entgegenhaltungen NK8a und NK8b sei allerdings weder von konischen Düsen- und Spülsteinen im Sinne von Merkmal 3 die Rede, noch würden Sitzsteine erwähnt. Ob der Fachmann diesen Entgegenhaltungen eine Ausgestaltung des dort beschriebenen Ausgusssteins mit oder ohne Sitzstein entnehme, könne indessen dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ergebe sich aus der Veröffentlichung von Stecher (NK6), dass der Blasstein/Spülstein entweder in einem Bodenstein oder direkt am Tiegelboden angeordnet werden könne. Diese beiden Arten der Befestigung gehörten zum allgemeinen Fachwissen, auf das der Fachmann zurückgreife, um die Lösung einer Aufgabe möglichst effizient zu gestalten. Ausgehend von der NK8a und NK8b, wonach das Freihalten von Öffnungen für Funktionssteine und der Einsatz thixotroper Massen für die Zustellung empfohlen würden, gelange der Fachmann daher ohne erfinderisches Zutun in Kenntnis der NK6 zu dem erfindungsgemäßen Verfahren, bei dem ein konischer Funktionsstein unmittelbar in die Zustellung eingebracht werde. Vor diesem Hintergrund sei die Einholung eines von der Beklagten beantragten Sachverständigengutachtens zum Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltungen NK8a und NK8b in Bezug auf die Verwendung von Sitzsteinen und zur Frage, ob die unterschiedlichen Möglichkeiten, Funktionssteine in einer Zustellung zu befestigen, zum Fachwissen des Fachmanns gehörten, nicht erforderlich gewesen.

37III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

381. Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht. Insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen des Patentgerichts verwiesen werden.

392. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts beruht der Gegenstand des Streitpatents auf erfinderischer Tätigkeit. Die britische Patentschrift 1 374 493 (NK8b) und die deutsche Offenlegungschrift 2 233 894 (NK8a), die beide die Priorität der japanischen Patentanmeldung Sho 46-51 263 beanspruchen, legen dem Fachmann den Gegenstand des Streitpatents weder in Verbindung mit der Veröffentlichung von Stecher (Beitrag zur Metallurgie des Schmelzens hochlegierter Stähle im Induktionsofen, in Giesserei 72, 1985, S. 133-138, NK6) noch in Verbindung mit seinem Fachwissen nahe.

40a) Die NK8b betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer feuerfesten Zustellung (lining) für offene Gefäße (open vessel), wie beispielsweise Gießpfannen (ladle) oder Gießwannen (tundish), sowie für Rinnen (channel), bei dem thixotropes feuerfestes Material verwendet wird (S. 1 Z. 53-55; S. 2 Z. 74-77). Aus der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 der Entgegenhaltung ergibt sich das Prinzip des Verfahrens:

41Danach wird die Zustellung wie folgt hergestellt: Zunächst wird das Gefäß mit einer gemauerten Auskleidung (brick wall) 2 versehen. Die Düse (pouring nozzle) 9, die sich am Boden des Gefäßes befindet, wird dabei mit einer Platte (patch plate, blind plate) abgedeckt. Anschließend wird das feuerfeste Material 3 in das Gefäß gegeben. Auf dieses wird ein Formteil (male mould member) 4, an dem ein Vibrator 5 und ein Zusatzgewicht 7 angebracht sind, abgesenkt und mit der Vibration des Materials begonnen. Durch die Vibration wird das feuerfeste Material verflüssigt, so dass das Formteil nach und nach in die vorgegebene Position gebracht werden kann. Wenn die gewünschte Form erreicht ist, wird die Vibration beendet. Die Abdeckplatte über der Düse wird entfernt und die ausgeformte Zustellung getrocknet (S. 2 Z. 110 - S. 3 Z. 2).

42b) Die NK8a betrifft wie die NK8b ebenfalls ein Verfahren zum feuerfesten Zustellen von oben offenen metallurgischen Gefäßen, bei dem eine feuerfeste Formmasse mit eingestellter Teilchengröße in den Zwischenraum zwischen dem äußeren Rahmen des Gefäßes, der aus dem äußeren Mantel und der feuerfesten Ausmauerung an dessen Innenseite besteht, und einem inneren Formrahmen eingebracht wird. Die Formmasse wird durch Vibratoren gerüttelt und verhält sich dadurch flüssigkeitsähnlich. Der innere Formrahmen wird auf die feuerfeste Formmasse zum Ausformen derselben abgesenkt. Unter der Belastung durch den inneren Formrahmen, das Gewicht der Vibratoren und ein Zusatzgewicht oder einen mechanisch aufgebrachten Druck wird die Formmasse homogenisiert und verdichtet und nimmt so die gewünschte Kontur an (S. 2 und 5).

43c) Damit sind, wie das Patentgericht zu Recht - und von der Berufung insoweit nicht angegriffen - entschieden hat, Merkmal 1 und die Merkmalsgruppe 2 sowohl in der NK8a als auch in der NK8b offenbart. Darüber hinaus ist jedenfalls in der NK8b auch die Verwendung thixotroper Massen für die Zustellung im Sinne von Merkmal 4.1 offenbart.

44d) Nicht offenbart ist Merkmal 3. Weder die NK8b noch die NK8a befassen sich mit der Form der Düse oder des Ausgusssteins.

45e) Darüber hinaus ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch Merkmal 4.2 weder in der NK8b noch in der NK8a offenbart.

46Die NK8b schildert das Verfahren zur Herstellung der feuerfesten Zustellung anhand mehrerer Beispiele für unterschiedliche metallurgische Gefäße. Dabei war die Ausgussdüse (pouring nozzle, teilweise auch nozzle oder tuyère) in den geschilderten Beispielen bereits in das Gefäß eingesetzt, bevor mit der Herstellung der Zustellung begonnen wurde. Die Ausgussdüse wird daher vor dem Einfüllen der feuerfesten Masse mit einer Schutzplatte abgedeckt, die nach Fertigstellung der Zustellung wieder entfernt wird (S. 2 Z. 125 - S. 3 Z. 1; S. 3 Z. 25 f.; Z. 49 f.; S. 3 Z. 96 f.; S. 4 Z. 21 f.). Zwar sieht die NK8b ausdrücklich die Möglichkeit vor, die Düse auch erst nach Fertigstellung der Zustellung einzusetzen (S. 3 Z. 3 f.). Nähere Angaben dazu, wie bei dieser Variante vorzugehen ist, enthält die NK8b nicht.

47Auch die NK8a beschreibt das Herstellungsverfahren anhand mehrerer Beispiele für unterschiedliche metallurgische Gefäße, wobei sie die Öffnung der Gefäße, durch die die Schmelze abgegossen wird, durchgehend mit dem Begriff "Ausgussstein" bezeichnet. Wie die Ausgussdüse in der NK8b ist der Ausgussstein in allen in der NK8a geschilderten Beispielen bereits an der Unterseite des äußeren Rahmens des Gefäßes eingesetzt, bevor die Zustellung hergestellt wird. Er wird vor dem Einfüllen der feuerfesten Masse mit einer Schutzplatte abgedeckt. Nachdem durch Vibration und Belastung die gewünschte Dichte der Formmasse erreicht ist, wird der innere Formrahmen angehoben und ausgeschwenkt. Die Abdeckplatte wird von dem Ausgussstein entfernt und die ausgeformte Zustellung getrocknet (S. 8). Alternativ kann der Ausgussstein auch bei der NK8a nach dem Einbringen und Ausformen der feuerfesten Masse in die Außenwand des Gefäßes eingesetzt werden. In der NK8a heißt es zu dieser Variante lediglich, der Bereich des Ausgusssteins könne, während die Zustellung hergestellt werde, offen gehalten werden (S. 8 Abs. 3). Mit welchen Mitteln der Bereich des Ausgusssteins offen gehalten werden kann, erläutert auch die NK8a nicht näher (S. 8 Abs. 3).

48f) Schließlich ist auch Merkmal 4.3 nicht offenbart. Weder der Beschreibung noch dem sonstigen Inhalt der Entgegenhaltungen NK8b und NK8a lässt sich unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass die Ausgussdüse bzw. der Ausgussstein ohne Sitzstein in der Zustellung angebracht sind.

49Zwar werden in keiner der beiden Entgegenhaltungen Sitzsteine erwähnt. In der NK8b heißt es lediglich, dass die Ausgussdüse entweder bereits in das Gefäß eingesetzt ist (S. 3 Z. 25 f.; Z. 49 f.; S. 3 Z. 96 f.; S. 4 Z. 21 f.), bevor mit der Herstellung der Zustellung begonnen wird, oder dass sie alternativ nach Fertigstellung der Zustellung eingesetzt werden kann (S. 3 Z. 3 f.). In der NK8a ist nur die Rede davon, dass der Ausgussstein im unteren Bereich des metallurgischen Gefäßes angeordnet ist und wahlweise vor oder nach Herstellung der Zustellung eingesetzt werden kann. Auch in den zeichnerischen Darstellungen in den Entgegenhaltungen NK8b und NK8a sind Sitzsteine nicht gesondert ausgewiesen. In den übereinstimmenden Figuren 1 und 2 der NK8b und NK8a ist die Ausgussdüse bzw. der Ausgussstein jeweils als ein einheitliches Bauteil wiedergegeben, das auch mit nur einer Bezugsziffer (9) versehen ist. Eine weitere Unterteilung des Bauteils oder ein die Ausgussdüse umgebendes weiteres Bauteil ist in den Darstellungen nicht erkennbar.

50Dennoch kann nicht angenommen werden, dass die Möglichkeit, eine Ausgussdüse ohne Sitzstein in die Zustellung einzusetzen, durch die Entgegenhaltungen NK8a und NK8b unmittelbar offenbart wird oder so offensichtlich ist, dass der Fachmann diese Möglichkeit gleichsam mitliest. Die beiden Schriften befassen sich anders als das Streitpatent nicht mit dem Problem des vorzeitigen Verschleißes von Sitzsteinen, sondern allgemein mit dem Herstellungsverfahren für feuerfeste Zustellungen. Sie wollen ein Verfahren zur Verfügung stellen, mit dem die Nachteile der bis dahin bekannten Verfahren vermieden werden können, bei denen metallurgische Gefäße entweder mit feuerfesten Formsteinen ausgemauert oder mit feuerfesten Massen ausgestampft werden. Nach den Erläuterungen sind mit feuerfesten Formsteinen gemauerte Zustellungen schwierig und nur von erfahrenen Handwerkern in zufriedenstellender, langlebiger Qualität und angemessener Zeit herzustellen, wobei stets die Gefahr besteht, dass die Schmelze in die Mauerwerksfugen eindringt und zu Schäden am Futter und unter Umständen auch zum Brechen des Schmelzgefäßes führt. Bei durch Ausstampfen mit feuerfesten Massen hergestellten Zustellungen ist die Oberflächenschicht ebenfalls anfällig und damit das Risiko eines Durchbruchs gegeben, weil die feuerfeste Masse oftmals nicht ausreichend verdichtet werden kann. Zur Lösung schlagen die beiden Entgegenhaltungen ein Verfahren vor, bei dem die Zustellung als monolithischer Block in situ mit thixotropem feuerfestem Material durch Vibration und Druckformen hergestellt wird. Die Frage, wie der Ausgussstein eingesetzt wird, ist dagegen nicht Gegenstand dieser Schriften. Vor dem Hintergrund, dass nach den Ausführungen im Beschluss des fachkundig besetzten 13. Senats des Bundespatentgerichts vom (13 W (pat) 64/95) zum Prioritätszeitpunkt der NK8a und NK8b die übliche Ausgusssteinkonstruktion aus Düsenstein und Sitzstein bestand, kann somit allein daraus, dass die NK8a und NK8b Sitzsteine nicht erwähnen oder gesondert darstellen, nicht der Schluss gezogen werden, dass die Schriften eine Ausgussdüsenkonstruktion ohne Sitzstein offenbaren. Auch die Klägerin hat nicht dargelegt, dass zum damaligen Zeitpunkt das Einsetzen von Funktionssteinen ohne Verwendung eines Sitzsteins praktiziert wurde, so dass der Fachmann die Entgegenhaltungen die NK8a und NK8b vor diesem Hintergrund entsprechend hätte lesen können.

51g) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts war dem Fachmann weder durch die NK6 noch durch sein Fachwissen nahegelegt, bei der Herstellung der feuerfesten Zustellung eines metallurgischen Gefäßes nach den Merkmalen 4.2 und 4.3 zu verfahren.

52aa) Die NK6 beschreibt zwar die Möglichkeit, einen Blasstein, über den Gase in die Stahlschmelze eingeleitet werden - in der Terminologie des Streitpatents als Spülstein bezeichnet - ohne einen Boden- bzw. Sitzstein in einem Schmelztiegel anzubringen. Indessen befürwortet die NK6 den Verzicht auf Sitzsteine nur für den Fall, wenn der Spülstein während der Tiegelreise nicht ausgewechselt werden muss, wobei es nach den Ausführungen in der NK6 dann aus Gründen der Betriebssicherheit gleichzeitig erforderlich ist, den bisher gebräuchlichen Spülstein dahingehend zu modifizieren, dass er mit einem Blechmantel umgeben und die Druckausgleichskammer mit grober loser Stampfmasse ausgefüllt wird, um beim Auftreten von Rissen im Spülstein ein Durchtreten der Stahlschmelze und einen Tiegeldurchbruch zu verhindern (NK6 S. 134 r. Sp.). Die NK6 lehrt damit keine grundsätzliche Abkehr von der Verwendung eines Boden- bzw. Sitzsteins, sondern hält den Einsatz von Sitzsteinen weiterhin dann für angezeigt, wenn die Funktionssteine während einer Tiegelreise ausgewechselt werden müssen, weil dies nach der Lehre der NK6 nach wie vor mit Sitzsteinen einfacher zu bewerkstelligen ist. Das Streitpatent stellt demgegenüber mit dem Verzicht auf Sitzsteine eine Lösung für den Fall bereit, dass die Düsensteine während der Lebensdauer (des Verschleißfutters) der Zustellung einer Gießpfanne verschleißen und daher ausgetauscht werden müssen. Außerdem soll nach dem Streitpatent mit dem Verzicht auf die Sitzsteine auch eine längere Lebensdauer der Zustellung der Gießpfanne erreicht werden, weil damit die bei der Verwendung von Sitzsteinen zusätzlich entstehenden Fugen in der Zustellung wegfallen. Mithin legt es die NK6 dem Fachmann nicht nahe, bei der Herstellung einer feuerfesten Zustellung einer Gießpfanne oder eines ähnlichen metallurgischen Gefäßes, bei dem die Funktionssteine typischerweise während der Lebensdauer der Zustellung regelmäßig ausgewechselt werden müssen, nach den Merkmalen 4.2 und 4.3 zu verfahren.

53bb) Vor diesem Hintergrund können die Ausführungen in der NK6 zu der Möglichkeit, einen Funktionsstein auch ohne einen Sitzstein in den Tiegelboden einzusetzen, entgegen der Auffassung des Patentgerichts auch nicht als zum allgemeinen Fachwissen gehörende Lösung angesehen werden, auf die der Fachmann als generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel zur Lösung der vom Streitpatent gestellten Aufgabe hätte zurückgreifen können. Feststellungen, die eine entsprechende Wertung tragen könnten (vgl. , Mitt. 2018, 21 Rn. 114 - Spinfrequenz) hat das Patentgericht nicht getroffen.

54IV. Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend dar. Weder aus der japanischen Patentanmeldung Sho 61-182872 (NK11) noch aus der europäischen Patentanmeldung 352 353 (NK12) ergab sich für den Fachmann, der ausgehend von den Entgegenhaltungen NK8 und NK8b die Lebensdauer, die Sicherheit und die Wirtschaftlichkeit einer feuerfesten Zustellung erhöhen wollte, eine Anregung, bei der Herstellung des Verschleißfutters durch Schablonen Öffnungen für die Düsen- und/oder Spülsteine freizuhalten und die Funktionssteine ohne Sitzsteine unmittelbar in die freigehaltenen Öffnungen im Verschleißfutter einzusetzen und einzumörteln (Merkmale 4.2 und 4.3).

551. Die NK11 betrifft eine Pfanne mit einem Bodenausguss. Im Bodenteil des Pfannenkörpers befindet sich eine Ausgussdüse, die über eine im Pfannenkörper angeordnete, aus einem Kopfteil, einem Hülsenteil und einem Koppelstab bestehende Stoppstange geöffnet und geschlossen werden kann. Der NK11 liegt die Aufgabe zugrunde, die Stoppstange so zu konstruieren, dass eine Wärmeausdehnung, die bei herkömmlichen Pfannen zur Beschädigung des Kopfteils führen kann, vermieden wird. Die Frage der Befestigung der Ausgussdüse ist dagegen nicht Gegenstand der NK11, so dass aus dem Umstand, dass die Ausgussdüse in Figur 1 der NK11 als einheitliches Bauelement dargestellt ist und in den Erläuterungen als aus einem einzigen feuerfesten Material (Bornitrid) bestehend beschrieben wird, keine Rückschlüsse darauf gezogen werden können, ob die Ausgussdüse in der Pfanne mit oder ohne Sitzstein angebracht ist. Insoweit geht die NK11 nicht über die Offenbarung in den Entgegenhaltungen NK8a und NK8b hinaus.

562. Die NK12 betrifft einen Pfannenlochstein für die Verschlussvorrichtung einer Gießpfanne. Ihr liegt die Aufgabe zugrunde, einen Pfannenlochstein bereitzustellen, der ein Verstopfen durch versinterte Füllmasse verhindert und den aufwendigen Einsatz von Sauerstofflanzen zum Freimachen der Öffnung entbehrlich macht. Die NK12 sieht die Lösung hierfür in einer asymmetrischen Ausbildung des Trichterabschnitts der Öffnung. Mit der Anbringung des Pfannenlochsteins befasst sich die NK12 nur am Rande und führt hierzu aus, dass ein Pfannenlochstein entweder während der Ausmauerung der Pfanne direkt in der Pfanne abgeformt oder als monolithisches Fertigteil bei der Zustellung eingesetzt werden könne, wobei die letztere Variante vorzuziehen sei (NK12 Sp. 1 Z. 12-16). Damit offenbart die NK12 dem Fachmann zwar die Möglichkeit, einen Funktionsstein in situ auszuformen. Indessen wird diese Vorgehensweise nur für den Fall beschrieben, dass die Zustellung durch Ausmauern hergestellt wird, und auch hierfür als nachrangig gegenüber der Verwendung eines monolithischen Fertigteils angesehen. Vor diesem Hintergrund gab auch die NK12 dem Fachmann keine Anregung, bei der Herstellung der Zustellung einer Gießpfanne mittels thixotroper Vibrationszustellmassen für die Anbringung von Funktionssteinen entsprechend den Merkmalen 4.2 und 4.3 zu verfahren.

57V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:130318UXZR44.16.0

Fundstelle(n):
AAAAG-98490