BFH Beschluss v. - IX S 1/03

Keine Wiedereinsetzung bei verspätetem Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist; Voraussetzungen einer Gegenvorstellung

Gesetze: FGO §§ 56, 120; GG Art. 101, 103

Gründe

I. Das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger und Antragsteller (Kläger) am zugestellt. Am musste er sich plötzlich und unerwartet einer Herzoperation unterziehen. Am wurde er aus dem Rehabilitationskrankenhaus entlassen. Danach war er, wie aus dem eingereichten ärztlichen Attest seines Hausarztes vom hervorgeht, eingeschränkt arbeitsfähig. Mit einem an das FG gerichteten Schreiben vom bat er darum, die Revision an den Bundesfinanzhof (BFH) weiterzuleiten und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er kündigte an, die liegen gebliebenen Arbeiten schnellstmöglich zu erledigen. Mit Schreiben vom an den BFH teilte er mit, die Begründung der Revision könne erst zum erfolgen.

Der BFH verwarf durch Beschluss vom IX R 47/02 die Revision als unzulässig. Für die Versäumung der am abgelaufenen Revisionsfrist sei den Klägern zwar Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 der FinanzgerichtsordnungFGO—) zu gewähren, weil ihr Prozessbevollmächtigter sich am plötzlich und unerwartet einer Herzoperation habe unterziehen müssen. Jedoch sei die anschließende Versäumung der am abgelaufenen Revisionsbegründungsfrist nicht unverschuldet i.S. von § 56 FGO gewesen. Nach der Entlassung des Prozessbevollmächtigten aus der Rehabilitationsklinik () seien ihm noch sechs Tage bis zum Ablauf dieser Frist geblieben. Da er in diesem Zeitraum eingeschränkt arbeitsfähig gewesen sei, hätte er bei gehöriger Sorgfalt vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist zumindest einen Antrag auf Verlängerung dieser Frist stellen können. Der im Schreiben vom sinngemäß enthaltene Antrag, die Revisionsbegründungsfrist bis zum zu verlängern, sei verspätet gestellt. Nach der ausdrücklichen Regelung in § 120 Abs. 2 FGO könne die Revisionsbegründungsfrist nur aufgrund eines vor ihrem Ablauf gestellten Antrags verlängert werden.

Mit Schreiben vom beantragten die Kläger, den Beschluss vom IX R 47/02 aufzuheben. Zur Begründung reichten sie ein weiteres Attest des Hausarztes des Prozessbevollmächtigten vom ein. Darin wird bescheinigt, der Prozessbevollmächtigte sei 16 Tage nach der Operation verwirrt gewesen. Er sei teilweise als Steuerberater arbeitsfähig gewesen. Schwierige Schriftsätze sowie die Überwachung von Terminen habe er nur eingeschränkt bewältigen können. Der Begriff ”gehörige Sorgfalt” sei von ihm mit Sicherheit mindestens bis Ende September 2002 nicht hinreichend auszufüllen gewesen.

II. Der mit Schreiben vom gestellte Antrag, den Beschluss vom IX R 47/02 aufzuheben, stellt eine Gegenvorstellung dar. Sie hat keinen Erfolg.

Die Finanzgerichtsordnung sieht eine förmliche Gegenvorstellung nicht ausdrücklich vor. Als außerordentlicher, nicht förmlicher Rechtsbehelf, mit dem eine Aufhebung einer materiell und formell rechtskräftigen Entscheidung begehrt wird, ist die Gegenvorstellung nur in Ausnahmefällen eröffnet, insbesondere bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen wie der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—), des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) oder wenn die angegriffene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V R 22, 23/93, BFH/NV 1998, 32, m.w.N., und vom V S 3/00, BFH/NV 2000, 1132).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Es kann offen bleiben, ob aufgrund des nachgereichten Attests vom die Frage, ob den Prozessbevollmächtigten ein Verschulden an der Versäumung der Revisionsbegründung trifft, anders als im Beschluss vom IX R 47/02 zu beurteilen sein könnte. Dagegen spricht, dass der Prozessbevollmächtigte auch nach dem neuerlichen Attest teilweise arbeitsfähig war. Die Ausführungen des Attests, die Überwachung von Terminen habe der Prozessbevollmächtigte nur eingeschränkt bewältigen können, erklären nicht, weshalb nicht einmal ein rechtzeitiger Fristverlängerungsantrag möglich gewesen sein soll.

Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Beschluss vom IX R 47/02, der auf den damals vorgetragenen Tatsachen und vorgelegten Attesten beruht, mit schwerwiegenden rechtlichen Mängeln behaftet sein könnte.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht (vgl. , BFH/NV 1999, 210).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 937
BFH/NV 2003 S. 937 Nr. 7
DStRE 2003 S. 703 Nr. 11
IAAAA-71621