BFH Beschluss v. - VI B 83/00

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor.

Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom —2.FGOÄndG— (BGBl I 2000, 1757) ist die Revision zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts. Hierzu gehört auch die vom Kläger genannte Vorschrift des § 62 FGO in der im Streitjahr geltenden Fassung (, BFH/NV 1998, 48). Nach § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 62 Abs. 3 Satz 2 FGO). Die Vollmacht kann nachgereicht werden; hierfür kann der Vorsitzende oder Berichterstatter eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen (§ 62 Abs. 3 Satz 3 FGO). Nach ständiger Rechtsprechung muss die Anordnung nach § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO vom zuständigen Richter unterschrieben werden; sie muss den Text der Fristsetzung enthalten; wird der Partei eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Anordnung übersandt, müssen Ur- und Abschrift der Anordnung übereinstimmen (s. BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 48, m.w.N.).

Im Streitfall ist die Ausschlussfrist wirksam gesetzt worden. Der Senatsvorsitzende hat die Anordnung mit vollständigem Namenszug unterschrieben, der Text enthält die Fristsetzung, die Verfügung weist unzweideutig auf die Folge der Versäumung der Ausschlussfrist hin. Die den Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannt gegebene Ausfertigung weist auf den Urheber der Verfügung hin und lässt erkennen, dass sie vom anordnenden Richter tatsächlich unterschrieben worden ist. Die Ausfertigung enthält den Beglaubigungsvermerk durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, durch den die Übereinstimmung mit der (unterschriebenen) Urschrift bestätigt wird. Dadurch, dass die Verfügung darauf hinweist, dass es sich bei der Frist für die Vorlage der Prozessvollmacht um eine Ausschlussfrist handelt, ist sie auch inhaltlich richtig und vollständig. Auch stimmen Urschrift und Ausfertigung überein (s. zu den formellen Anforderungen im Einzelnen , BFH/NV 1999, 1109).

Das Finanzgericht (FG) war auch befugt, sofort nach Eingang der Klage eine Ausschlussfrist zur Vorlage der Vollmacht zu setzen. Zweck des dem Vorsitzenden bzw. Berichterstatter eingeräumten Ermessens ist es, dem Gericht innerhalb angemessener Frist Gewissheit über die Bevollmächtigung und damit die Wirksamkeit der Prozesshandlungen des Bevollmächtigten zu verschaffen. Hiervon ist auch das FG ausgegangen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1109). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH konnte der Nachweis der Prozessvollmacht nach der bis geltenden Fassung des § 62 Abs. 3 FGO nur durch Vorlage der Originalvollmacht geführt werden. Während der Kläger eine Prozessvollmacht per Telegramm, Telefax o.Ä. erteilen kann, genügt ein Faxen der Originalvollmacht durch den Prozessbevollmächtigten ebenso wenig wie die Übersendung einer Fotokopie der Originalvollmacht (, BFH/NV 2001, 457; zur Neufassung des § 62 Abs. 3 FGO durch das 2.FGOÄndG s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 62 Rz. 43 ff., und , BFH/NV 2001, 813). Im Streitfall hat indes der Prozessbevollmächtigte des Klägers bis zum Ablauf der Ausschlussfrist nur eine Ablichtung der Vollmacht vorgelegt.

Gründe für eine Wiedereinsetzung (§ 62 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 56 FGO) liegen nicht vor. Insbesondere bestand kein eventuell zu berücksichtigender unverschuldeter Rechtsirrtum des Prozessbevollmächtigten. Das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass anhand der Formulierung der gerichtlichen Verfügung vom —auch bei nur flüchtigem Lesen— für den Prozessbevollmächtigten des Klägers erkennbar war, dass die Vorlage der Originalvollmacht unverzichtbar ist; dies entspricht auch ständiger Rechtsprechung des BFH —wie oben ausgeführt—, so dass insoweit auch keine Zweifel aufkommen konnten. Das FG hat auch nicht seine nach § 76 Abs. 2 FGO bestehende Hinweispflicht verletzt, als es den anwaltlich vertretenen Kläger innerhalb der diesem gesetzten Ausschlussfrist für die Vorlage der Prozessvollmacht nicht erneut auf das Erfordernis der Vorlage der Originalvollmacht hingewiesen hat. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hätten als Rechtsanwälte die Anforderungen an den Nachweis der Bevollmächtigung (§ 62 Abs. 3 Satz 1 FGO) kennen und auf deren Einhaltung achten müssen, zumal in der gerichtlichen Verfügung vom textlich hervorgehoben auf das Erfordernis der Vorlage der schriftlichen Vollmacht im Original hingewiesen worden war. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, in solch eindeutigen Fällen einen Rechtsanwalt wiederholt auf zwingende verfahrensrechtliche Vorschriften hinzuweisen (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 48).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 501
NAAAA-70805