BGH Beschluss v. - X ZB 9/17

Anfechtbarkeit des im Zwischenstreit über die Berechtigung einer Zeugnisverweigerung ergehenden Zwischenurteils

Leitsatz

Das im Zwischenstreit über die Berechtigung einer Zeugnisverweigerung ergehende Zwischenurteil ist unanfechtbar, wenn es vom Berufungsgericht oder vom Oberlandesgericht im ersten Rechtszug erlassen wird. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsbeschwerde im Zwischenurteil zugelassen worden ist.

Gesetze: § 387 Abs 3 ZPO, § 574 Abs 1 S 1 Nr 2 ZPO, § 574 Abs 3 S 2 ZPO

Instanzenzug: Az: I-5 U 77/13vorgehend Az: 3 O 292/10

Gründe

1I. Gegenstand des Zwischenstreits ist die Berechtigung des beteiligten - vom Beklagten und der Streithelferin als Zeuge benannten - Rechtsanwalts, das Zeugnis zu verweigern. Der Zeuge war mit dem Entwurf einer Vereinbarung befasst, von der die Klägerin geltend macht, sie belege, dass die während des Verfahrens verstorbene vormalige Beklagte ihr den Inhalt eines Wertpapierdepots schenkweise übertragen habe. Nach dem Beweisbeschluss des Berufungsgerichts soll insbesondere Beweis darüber erhoben werden, ob der Zeuge im Zusammenhang mit der Erstellung der Vereinbarung ausschließlich von der vormaligen Beklagten oder gleichzeitig auch von der Klägerin mandatiert worden ist, ob zu der schriftlichen Vereinbarung mündliche Nebenabreden getroffen worden sind, sowie darüber, ob es Absprachen gab, unter bestimmten Voraussetzungen die Vertragsurkunde zu vernichten. Der Zeuge hat das Zeugnis unter Berufung auf § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO und § 384 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO verweigert. Das Berufungsgericht hat die Zeugnisverweigerung durch Zwischenurteil für berechtigt erklärt. Dagegen wenden sich der Beklagte und seine Streithelferin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

2II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.

3Das Gesetz sieht gegen das Urteil eines Berufungsgerichts oder des Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug im Zwischenstreit über die Zeugnisverweigerung kein Rechtsmittel vor. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 ZPO nur gegen Beschlüsse statthaft. Eine berichtigende Auslegung der Bestimmung des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO dahin, dass die Rechtsbeschwerde gegen ein Zwischenurteil statthaft ist, wenn das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie zugelassen hat, scheidet in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift und fehlender Anhaltspunkte für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers aus (, NJW-RR 2013, 490, zum Zwischenstreit über die Nebenintervention).

4Soweit der VI., VIII. und IX. Zivilsenat im ersten Rechtszug erlassene Zwischenurteile eines Oberlandesgerichts über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung für mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar erachtet haben (Beschluss vom - VI ZB 2/12, VersR 2013, 605 Rn. 6; Beschluss vom - VIII ZB 20/06, WM 2008, 1808 Rn. 5; Beschluss vom - IX ZB 279/03, WM 2005, 1579), haben sie mitgeteilt, hieran nicht mehr festzuhalten.

5Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich im Streitfall auch nicht daraus, dass das Berufungsgericht sie zugelassen hat. Die durch die Zulassung der Rechtsbeschwerde eintretende Bindungswirkung nach § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist auf das Vorliegen eines Zulassungsgrundes beschränkt, eröffnet aber nicht ein nach dem Gesetz nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl. , NJW-RR 2009, 210 Rn. 5-7; Beschluss vom - VI ZB 10/10, NJW-RR 2011, 143 Rn. 5; Beschluss vom - III ZB 17/16, NJW-RR 2017, 253 Rn. 2).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:310718BXZB9.17.0

Fundstelle(n):
NJW 2018 S. 9 Nr. 37
HAAAG-92426