BFH Beschluss v. - IV B 139/01

Anspruch auf rechtliches Gehör; NZB bei kumulativer Begr. der Vorentsch.; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung

Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, §§ 76, 115

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil sie nicht in der vom Gesetz (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der FinanzgerichtsordnungFGO— i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze —2.FGOÄndG— vom , BGBl I 2000, 1757) geforderten Weise begründet wurde.

1. Der geltend gemachte Verfahrensmangel einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—) ist nicht schlüssig gerügt. Rechtliches Gehör wird den Beteiligten dadurch gewährt, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu den Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern, die der gerichtlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden sollen (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 96 Rz. 28). Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt die Beteiligten aber auch in rechtlicher Hinsicht vor Überraschungen (z.B. , BFH/NV 1999, 185; vom X R 79/88, BFHE 162, 199, BStBl II 1991, 100, m.w.N.). Das Gericht ist jedoch, insbesondere wenn die Beteiligten fachkundig vertreten sind, nicht gehalten, auf nahe liegende rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte ausdrücklich hinzuweisen (vgl. , BFH/NV 1999, 329). Ebenso wenig muss das Gericht seine Rechtsauffassung darlegen. Nur wenn ein Verfahrensbeteiligter bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt nicht zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann, kann es in besonderen Fällen geboten sein, die Beteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen will (vgl. , BVerfGE 96, 189).

a) Daran gemessen, wird mit dem Vorbringen, die Teilwertabschreibung sei zu keinem Zeitpunkt zwischen den Beteiligten streitig gewesen und das Finanzgericht (FG) habe keine Nachweise angefordert, die Gehörsrüge nicht schlüssig dargelegt. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist bereits mit der Eingangsverfügung von dem FG aufgefordert worden, die Abschreibungen auf die Beteiligungen zu begründen. Soweit der Prozessbevollmächtigte, wie mit der Beschwerde selbst vorgetragen, diese Aufforderung schlicht überlesen hat, muss sich die Klägerin dessen Sorgfaltsverletzungen zurechnen lassen. Des Weiteren ist die Frage des Nachweises der Teilwertabschreibung in der mündlichen Verhandlung wieder aufgegriffen worden. Die Klägerin trägt diesbezüglich vor, der Prozessbevollmächtigte habe das FG darauf hingewiesen, dass es noch der Rücksprache mit der Klägerin bedürfe, um Käufer zu benennen, die die Aktien in den Streitjahren zu den berichtigten Teilwerten erworben hätten. Das Gericht sei jedoch über diesen Einwand hinweggegangen, da auch aus anderen Gründen Bedenken gegen die Klage bestünden. Angesichts des Verhaltens des Gerichts konnte die Klägerin daher keinesfalls davon ausgehen, dass ihr bisheriges Vorbringen zu der Teilwertabschreibung ausreichend substantiiert war und das FG der Klage deshalb stattgeben würde. Bei dieser Sachlage wäre es vielmehr ihre Aufgabe gewesen, sich selbst rechtliches Gehör zu verschaffen und entsprechende Beweisanträge zu stellen, wozu sie auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit hatte.

b) Soweit die Klägerin vorträgt, zwischen den Beteiligten sei zu keiner Zeit streitig gewesen, ob die Aktien zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörten, wird eine Gehörsverletzung ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Wie die Klägerin einräumt, ist auch dieser rechtliche Gesichtspunkt im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert worden. Die vertretene Klägerin hatte mithin auch insoweit ausreichend Gelegenheit, sich in diesem Termin zu der Rechtsfrage der Zugehörigkeit der Wertpapiere zum Betriebsvermögen zu äußern. Abgesehen davon konnte und musste die fachkundig vertretene Klägerin bereits dem Betriebsprüfungsbericht entnehmen, dass die Zuordnung der Wertpapiere zum Betriebsvermögen verneint und daran anknüpfend die Möglichkeit einer erfolgswirksamen Teilwertabschreibung versagt worden ist. In dem Bericht wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beteiligten an dem Golfclub keine betrieblich veranlasste Wertanlage darstellt. In Konsequenz dieser Ausführungen ist in der als Anlage beigefügten Prüferbilanz der Bilanzansatz ”Geschäftsanteile” in voller Höhe rückgängig gemacht worden.

c) Ebenso wenig hat die Klägerin schlüssig dargelegt, dass das Gericht bei seiner Entscheidung ihr Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG) entspricht zwar eine Verpflichtung des Gerichts, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen. Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung ausdrücklich zu befassen. Es kann vielmehr grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt deshalb insoweit nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (BFH-Beschlüsse vom I B 166/94, BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532, und vom X B 23/96, BFH/NV 1998, 726). Derartige besondere Umstände hat die Klägerin jedoch nicht dargelegt. Allein die nicht näher konkretisierte Behauptung, das FG habe ihr Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen, wonach der Beteiligungserwerb von der Mitgliedschaft im Club nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich zu trennen sei und dass sie die Beteiligung in Erwartung einer erheblichen Wertsteigerung erworben habe, genügt dem Darlegungserfordernis nicht. Mit dem in diesem Zusammenhang stehenden sinngemäßen Vorbringen, das FG habe die Stellung eines Beweisantrages vereitelt, weil es seine Überlegungen nicht mitgeteilt habe, wird eine Gehörsrüge ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Denn wie bereits ausgeführt, war das FG nicht verpflichtet, der rechtskundig vertretenen Klägerin bereits im Rahmen der Erörterung seine Rechtsauffassung im Einzelnen darzulegen. Vielmehr konnte und musste die Klägerin in Betracht ziehen, dass das FG ihrer Argumentation nicht folgt. Es oblag mithin ihrem Verantwortungsbereich, den Vortrag zu ergänzen bzw. unter Beweis zu stellen.

d) Aus den vorgenannten Gründen wird mit der nicht näher begründeten Behauptung, das FG habe die Ausführungen in der Klageschrift zu § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht zur Kenntnis genommen, eine Gehörsrüge ebenfalls nicht schlüssig dargelegt.

2. Auch ein Verfahrensmangel in Form einer mangelnden Sachaufklärung des FG (§ 76 Abs. 1 FGO) wurde von der Klägerin nicht hinreichend dargelegt. Wird —wie vorliegend— gerügt, das FG habe eine Beweiserhebung unterlassen, wird die Beschwerde nur formgerecht erhoben, wenn der Beschwerdeführer neben anderen Formalien vorträgt, warum sich dem FG die Beweiserhebung auch ohne entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des Gerichts zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (Senatsbeschluss vom IV B 15/00, BFH/NV 2001, 1280, m.w.N.). Derartige Ausführungen enthält die Beschwerde nicht. Vielmehr legt das Beschwerdevorbringen das Gegenteil nahe. Hat das FG, wie die Beschwerde behauptet, für die Bewertung der Wertpapiere ausschließlich auf deren Nominalwert abgestellt, so hat es dem in der Bilanz ausgewiesenen Anlagevermögen ersichtlich keine Entscheidungserheblichkeit beigemessen und deshalb konsequent keinen Beweis erhoben.

3. Soweit die Klägerin als weiteren Verfahrensfehler einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 FGO rügt, weil das FG angeblich den Gesamtinhalt der Akten nicht berücksichtigt habe, so ist auch dieser Verfahrensfehler nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise hinreichend dargelegt. Denn die Klägerin hat weder ausgeführt, welche Aktenteile (genaue Angabe der Fundstelle nach Aktenteil und Seite) das FG nicht berücksichtigt haben soll, noch inwieweit die Berücksichtigung des angeblich nicht zur Kenntnis genommenen Akteninhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des Gerichts zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.

4. Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO stützt, fehlt es an der Darlegung, warum der Rechtssache über den konkreten Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die vom BFH zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. entwickelten Rechtsgrundsätze gelten unbeschadet der Neufassung der Vorschriften über die Revisionszulassung weiter (, BFH/NV 2002, 51, m.w.N.). Danach setzt die Darlegung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage voraus, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit erforderlich und die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist (Senatsbeschluss vom IV B 63/01, juris; , BFH/NV 2002, 217).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Mit dem Vorbringen, der BFH habe bisher noch nicht darüber entschieden, ob die Anschaffung der Anteile an einer Golfanlage dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG unterliege, wird die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt. Auch geben die wirtschaftlichen und/oder finanziellen Auswirkungen der Entscheidung für den betroffenen Steuerpflichtigen —mögen sie auch noch so gewichtig sein— der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (, BFH/NV 1999, 1514; vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24). Gleiches gilt für die von der Klägerin mit denselben Argumenten für klärungsbedürftig erachtete Rechtsfrage, ob die Beteiligung als unangemessener Repräsentationsaufwand dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG unterliegt. Da das FG die Entscheidung kumulativ auf drei Gründe gestützt hat, von denen jeder für sich die Entscheidung trägt, fehlt es bezüglich der aufgeworfenen Rechtsfragen insbesondere an Ausführungen dazu, inwieweit ihnen Entscheidungserheblichkeit in Bezug auf alle drei Begründungen zukommt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 31).

5. Die Rüge, eine Entscheidung des BFH sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) erforderlich, da die Entscheidung in klarer Divergenz zu dem Beschluss des Großen Senats des (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) und dem ,U,F (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2001, 171) stehe, ist ebenfalls nicht ordnungsgemäß dargelegt. Denn die Klägerin hat keinen Rechtssatz des FG formuliert, der von einem Rechtssatz des BFH bzw. des FG in den angeführten Entscheidungen abweicht.

Ebenso wenig hat sie mit ihrem nicht näher begründeten Vorbringen, das Gericht habe die Höhe des Kaufpreises der einzelnen Aktie fehlerhaft als Indiz für die fehlende Gewinnerzielungsabsicht bewertet, schlüssig dargetan, dass das FG-Urteil auf schwerwiegenden Fehlern bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts beruhe, die das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen könnten (vgl. , BFH/NV 2002, 804, 805), oder dass es sich gar um eine willkürliche, jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrende Entscheidung handele (vgl. , BFH/NV 2002, 798, 799, m.w.N.).

6. Von einer weiteren Begründung, insbesondere von der Wiedergabe des Tatbestandes, wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

Fundstelle(n):
YAAAA-70392