Rechtliche Einordnung eines Vertrags über die Lieferung und Montage einer Küche
Leitsatz
Zur rechtlichen Einordnung eines Vertrags über die Lieferung und Montage einer Küche.
Gesetze: § 280 BGB, § 281 BGB, § 433 BGB, § 434 Abs 2 BGB, § 631 BGB, § 634 Nr 4 BGB, § 640 Abs 2 BGB
Instanzenzug: LG Gera Az: 1 S 30/17vorgehend AG Gera Az: 5 C 6/16
Tatbestand
1Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von insgesamt 4.309 € wegen Mängeln einer Küche.
2Mit Vertrag vom bestellte die Klägerin für ihre Wohnung bei der Beklagten eine Küche einschließlich Lieferung und Montage zu einem Gesamtpreis von 10.020 €.
3Am wurde die Küche geliefert und montiert. Im Anschluss daran unterzeichnete die Klägerin ein als "Übergabeprotokoll Einbauküche" bezeichnetes Formular der Beklagten. In dem Formular ist unter anderem angekreuzt, dass die Arbeitsplatte in Ordnung ist; ferner enthält es die handschriftliche Bemerkung "falsche Griffe?".
4Am setzte sich die Klägerin mit der Beklagten in Verbindung, wobei der Inhalt des Gesprächs streitig ist. Im Mai und Juni 2014 führte die Beklagte diverse Mangelbeseitigungsmaßnahmen durch.
5Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe eine Arbeitsplatte und Griffe geliefert, die nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprächen. Sie hat unter Beifügung eines Angebots eines Drittunternehmens Schadensersatz in Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten begehrt. Die Beklagte hat eine fehlerhafte Lieferung bestritten und sich hinsichtlich der Arbeitsplatte zudem auf eine vorbehaltlose Abnahme durch die Klägerin berufen.
6Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs wegen des Mangels der Arbeitsplatte zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren in der Berufungsinstanz gestellten Antrag in vollem Umfang weiter. Sie stellt klar, dass von der Klagesumme in Höhe von 4.309 € ein Betrag in Höhe von 3.800 € auf die Mangelbeseitigungskosten für die Arbeitsplatte entfällt.
Gründe
I.
7Die Revision der Klägerin ist gemäß § 543 Abs. 1 ZPO unzulässig, soweit mit ihr das Ziel verfolgt wird, Schadensersatz in Höhe von 509 € nebst Zinsen und anteiliger vorgerichtlicher Kosten wegen der behaupteten fehlerhaften Lieferung der Griffe zu erlangen. Das Berufungsgericht hat die Revision ausweislich des Tenors und der Urteilsgründe nur beschränkt auf den Schadensersatzanspruch wegen des behaupteten Mangels der Arbeitsplatte zugelassen. Die Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam, da es sich insoweit um einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs handelt, auf den die Klägerin selbst ihre Revision hätte begrenzen können (st. Rspr., vgl. z.B. Rn. 13, BGHZ 209, 128; Urteil vom - II ZR 221/09 Rn. 18, MDR 2011, 1494, jeweils m.w.N.).
8Im Übrigen ist die Revision der Klägerin zulässig und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils im tenorierten Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
II.
9Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, Folgendes ausgeführt:
10Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB wegen der nach ihrer Darstellung nicht vertragsgerechten Arbeitsplatte. Es könne dahinstehen, ob die gelieferte Arbeitsplatte tatsächlich aus dem seitens der Klägerin ausgewählten Stein bestehe. Selbst bei Unterstellung des klägerischen Vortrags sei der Anspruch nicht gegeben. Denn die Klägerin sei gemäß § 640 Abs. 2 BGB mit dem Schadensersatzanspruch ausgeschlossen, da sie die Küche in Kenntnis des von ihr vorgetragenen Mangels abgenommen habe. Das Berufungsgericht schließe sich der von dem Schleswig-Holsteinischen ) vertretenen Auffassung an, wonach dem Besteller, der ein mangelhaftes Werk in Kenntnis des Mangels vorbehaltlos abnehme, kein Anspruch auf Schadensersatz in Form der Mangelbeseitigungskosten zustehe.
11Der Klägerin sei der Umstand, dass die Arbeitsplatte nicht durchgehend schwarz-weiß-grau gewesen sei, bei Abnahme positiv bekannt gewesen. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Fotos. Es sei augenfällig, dass die das Erscheinungsbild der Küche prägende Arbeitsplatte in nicht unerheblichen Bereichen eine beige, rote und braune Färbung aufweise. Dies könne der Klägerin auch bei künstlichem Licht nicht verborgen geblieben sein.
12Aus dem Übergabeprotokoll ergebe sich, dass die Klägerin die Leistung der Beklagten abgenommen habe. Das Übergabeprotokoll gehe über eine bloße Quittierung der Übergabe hinaus, da nach der Ordnungsgemäßheit der aufgeführten Teile gefragt werde. Hinsichtlich der Arbeitsplatte sei kein Mangel vermerkt.
III.
13Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
141. Allerdings ist die Klage nach Klarstellung der Klägerin, wie sich die Klagesumme in Höhe von insgesamt 4.309 € auf den Schadensersatzanspruch wegen des behaupteten Mangels der Arbeitsplatte einerseits und des behaupteten Mangels der Griffe andererseits verteilt, hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit zulässig.
15Ein Klageantrag, der auf mehrere selbständige prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) gestützt wird, genügt grundsätzlich nur dann den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn die einzelnen Ansprüche hinreichend voneinander abgegrenzt sind. Dazu ist erforderlich, dass ein Kläger entweder die Klagesumme auf die einzelnen Ansprüche betragsmäßig aufteilt oder die Ansprüche in eine bestimmte Reihenfolge als Haupt- und Hilfsantrag bringt (vgl. , juris Rn. 16, NJW 1990, 2068; Urteil vom - IVb ZR 559/80, juris Rn. 5, NJW 1981, 2462; Urteil vom - V ZR 156/58, MDR 1959, 743). Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei Mängelansprüchen wegen verschiedener Mängel um verschiedene selbständige prozessuale Ansprüche (vgl. z.B. Rn. 45, BGHZ 172, 42; Urteil vom - VII ZR 86/92, juris Rn. 7, BGHZ 120, 329, jeweils m.w.N.), so dass im Streitfall gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine entsprechende Aufteilung auf die Mängel betreffend Arbeitsplatte und Griffe erforderlich war.
16Ist eine Klage nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, liegt ein Verfahrensmangel vor, der in jeder Lage des Rechtsstreits von Amts wegen zu beachten ist (vgl. Rn. 17, NJW 1990, 2068; Urteil vom - IVb ZR 559/80, juris Rn. 6, NJW 1981, 2462; Urteil vom - III ZR 66/52, juris Rn. 3, BGHZ 11, 192).
17Die Klägerin hat auf Anregung des Senats ihr Klagebegehren inzwischen klargestellt und die Klagesumme betragsmäßig auf die einzelnen prozessualen Ansprüche verteilt. Eine solche Klarstellung ist auch im Revisionsverfahren noch möglich (vgl. , juris Rn. 13, NJW-RR 1997, 441; Urteil vom - V ZR 174/88, juris Rn. 18, NJW 1990, 2068; Urteil vom - IVb ZR 559/80, juris Rn. 6, NJW 1981, 2462).
182. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Klage auf Schadensersatz in Höhe von 3.800 € wegen des behaupteten Mangels der Arbeitsplatte nicht abgewiesen werden. Auf der Grundlage der vorinstanzlichen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag über die Lieferung und Montage einer Küche nach Kauf- oder nach Werkvertragsrecht zu beurteilen ist.
19a) Verpflichtet sich ein Unternehmer zur Lieferung und Montage einer Sache, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses als Werkvertrag oder als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§ 434 Abs. 2 BGB) darauf an, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund steht und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrags mit Montageverpflichtung geboten. Liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Montage- und Bauleistung, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die Räumlichkeit, und dem damit verbundenen individuellen Erfolg, liegt ein Werkvertrag vor (vgl. Rn. 11, BauR 2016, 1478 = NZBau 2016, 558; Urteil vom - VII ZR 162/12 Rn. 18, BauR 2013, 946 = NZBau 2013, 297; Urteil vom - VII ZR 183/04, juris Rn. 12, BGHZ 165, 325; Urteil vom - VIII ZR 76/03, juris Rn. 10, BauR 2004, 995 = NZBau 2004, 326, jeweils m.w.N.).
20Diese Grundsätze zur rechtlichen Einordnung von Verträgen über die Lieferung und Montage einer Sache stehen im Einklang mit der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG L 171 vom , S. 12), die im Streitfall bei der Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen ist, und mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Danach liegt ein Kaufvertrag im Sinne der Richtlinie vor, wenn der Vertrag die Dienstleistung der Montage des verkauften Gutes im Verbund mit dem Kaufabschluss vorsieht und die Dienstleistung den Verkauf lediglich ergänzt, nicht jedoch wenn die Dienstleistung als Hauptgegenstand des Vertrags anzusehen ist (vgl. EuGH, NZBau 2018, 283 Rn. 37, 38, 44 - Schottelius).
21b) Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen, die eine rechtliche Einordnung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags nach diesen Maßstäben ermöglichen. Das Amtsgericht ist ausweislich des Tatbestands von einem Kaufvertrag zwischen den Parteien ausgegangen, der Lieferung und Montage der Küche beinhaltete, wofür viel spricht. Das Berufungsgericht hat demgegenüber Werkvertragsrecht angewandt und seine Entscheidung hinsichtlich des beanstandeten Mangels der Arbeitsplatte auf die Vorschrift des § 640 Abs. 2 BGB gestützt, die im Kaufrecht keine Entsprechung hat. Es hat jedoch weder Ausführungen zur rechtlichen Einordnung des Vertrags als Werkvertrag gemacht noch die diesbezüglich erforderlichen Feststellungen getroffen.
IV.
22Die Sache ist daher im tenorierten Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:190718UVIIZR19.18.0
Fundstelle(n):
WM 2019 S. 411 Nr. 9
KAAAG-91307