Umsatzsteuer; Änderung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§13b UStG) durch das Jahressteuergesetz 2010 – Anpassung des Abschnitts 13b.1 UStAE
Behandlung von Anzahlungen
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Durch Artikel 4 Nummer 8 und Artikel 32 Absatz 5 des Jahressteuergesetzes 2010 – JStG 2010 – vom (BGBl. 2010 I S. 1768) wurde mit Wirkung vom der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für Lieferungen von Gas oder Elektrizität um Lieferungen von Wärme oder Kälte ergänzt (§ 13b Absatz 2 Nummer 5 i. V. m. § 3g UStG). Außerdem wurde durch Artikel 4 Nummer 8 Buchstaben a und b i. V. m. Artikel 32 Absatz 5 JStG 2010 mit Wirkung vom der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers um die Lieferungen der in der Anlage 3 des UStG bezeichneten Gegenstände (insbesondere Industrieschrott und Altmetalle, § 13b Absatz 2 Nummer 7 UStG), das Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen (§ 13b Absatz 2 Nummer 8 UStG) sowie bestimmte Lieferungen von Gold (§ 13b Absatz 2 Nummer 9 UStG) erweitert. Darüber hinaus wurden durch Artikel 4 Nummer 8 Buchstabe c i. V. m. Artikel 32 Absatz 1 JStG 2010 mit Wirkung vom (Tag nach der Verkündung des JStG 2010) Restaurationsleistungen an Bord von Schiffen, Luftfahrzeugen und der Eisenbahn eines im Ausland ansässigen Unternehmers von der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ausgenommen (§ 13b Absatz 6 Nummer 6 UStG).
1. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Abschnitt 13b.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom (BStBl 2010 I S. 846), der zuletzt durch das (BStBl 2011 I S. 46) geändert worden ist, hinsichtlich des Absatzes 2 Satz 1, Absatz 23, Absatz 33 und Absatz 52 geändert und die Absätze 22a bis 22h, 27a werden angefügt.
Die Neuregelungen sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden.
2. Übergangsregelungen
2.1 Anwendung
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt beim Übergang auf die Anwendung der Erweiterung des § 13b UStG ab auf Lieferungen von Kälte und Wärme, auf Lieferungen der in der Anlage 3 des UStG bezeichneten Gegenstände, auf Gebäudereinigungsleistungen und auf bestimmte Lieferungen von Gold Folgendes:
Die Erweiterung des § 13b Absatz 2 Nummer 5 i. V. m. Absatz 5 Satz 1 UStG auf Lieferungen von Kälte oder Wärme sowie die Einfügung der § 13b Absatz 2 Nummern 7, 8 Satz 1 und Nummer 9 i. V. m. Absatz 5 Sätze 1 bis 3 UStG ist auf Umsätze und Teilleistungen anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden (§ 27 Absatz 1 Satz 1 UStG), sowie insbesondere in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts ausgeführt wird (§ 13b Absatz 4 Satz 2, § 27 Absatz 1 Satz 2 UStG).
2.1.1 Schlussrechnung über nach dem erbrachte Leistungen bei Abschlagszahlungen vor dem
Bei nach dem ausgeführten Lieferungen von Wärme oder Kälte im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 5 UStG eines im Ausland ansässigen Unternehmers und bei Lieferungen der in § 13b Absatz 2 Nummern 7 und 9 UStG genannten Gegenstände, die nach dem ausgeführt werden, ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er ein Unternehmer ist. Bei Gebäudereinigungsleistungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 UStG, die nach dem erbracht werden, ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er Unternehmer ist und selbst derartige Leistungen nachhaltig ausführt. Entsprechend hat der leistende Unternehmer eine Rechnung auszustellen, in der das (Netto-) Entgelt anzugeben ist sowie ein Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 14a Absatz 5 UStG). Dies ist unabhängig davon, ob der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teile des Entgelts vor dem vereinnahmt hat oder nicht.
Hat der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teile des Entgelts vor dem vereinnahmt und hierfür auch eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erstellt, hat er die Rechnung(en) über diese Zahlungen im Voranmeldungszeitraum der tatsächlichen Ausführung der Leistung zu berichtigen (§ 27 Absatz 1 Satz 3 UStG, § 14c Absatz 1 Sätze 1 und 2 UStG). In der Schlussrechnung sind die gezahlten Abschlagszahlungen nur dann mit ihrem Bruttobetrag (einschließlich Umsatzsteuer) anzurechnen, wenn die Umsatzsteuer bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Schlussrechnung nicht an den Leistungsempfänger zurückerstattet wurde.
Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur das um das vor dem vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. Voraussetzung hierfür ist, dass das vor dem vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert (= in einer Voranmeldung oder in einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet) wurde. In derartigen Fällen ist keine Berichtigung der über geleistete Abschlagszahlungen erteilten Rechnungen durchzuführen.
2.1.2 Berichtigung einer vor dem erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn die Zahlung erst nach dem erfolgt
Wurden für Lieferungen von Wärme oder Kälte im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 5 UStG, für Lieferungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummern 7 und 9 UStG oder für die Erbringung von Gebäudereinigungsleistungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 UStG Abschlagszahlungen oder Anzahlungen vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 4, § 13b Absatz 4 Satz 2 UStG). Entscheidend für die Steuerentstehung ist nicht, wann die Rechnung erstellt worden ist, sondern der Zeitpunkt der Vereinnahmung des entsprechenden Entgelts oder des Teilentgelts. Vereinnahmt der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teilentgelt für Lieferungen von Wärme oder Kälte im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 5 UStG, für Lieferungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummern 7 und 9 UStG oder für Gebäudereinigungsleistungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 UStG nach dem , ist hierfür der Leistungsempfänger Steuerschuldner (§ 13b Absatz 2 und 5 Sätze 1 und 2 UStG). Ist die hierfür vom leistenden Unternehmer erstellte Rechnung vor dem erstellt worden und wurde die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, ist die Rechnung entsprechend zu berichtigen.
2.1.3 Abrechnungen nach dem über Leistungen, die vor dem erbracht worden sind
Für Lieferungen von Wärme oder Kälte im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 5 UStG, für Lieferungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummern 7 und 9 UStG und für Gebäudereinigungsleistungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 UStG, die von einem im Inland ansässigen Unternehmer vor dem erbracht worden sind, ist der leistende Unternehmer nach § 13a Absatz 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldner. § 13b Absatz 2 Nummern 5, 7, 8 Satz 1 und Nummer 9 i. V. m. Absatz 5 UStG ist nicht anzuwenden. Der leistende Unternehmer muss entsprechend eine Rechnung ausstellen, die die in § 14 Absatz 4 Satz 1 UStG vorgeschriebenen Angaben enthält. Hierzu gehört auch die Angabe des anzuwendenden Steuersatzes sowie des auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrags (§ 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 UStG).
2.1.4 Berichtigung nach dem einer vor dem erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen
Hat der leistende Unternehmer für Lieferungen von Wärme oder Kälte im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 5 UStG, für Lieferungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummern 7 und 9 UStG oder Gebäudereinigungsleistungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 UStG einen Teil des Entgelts vor dem vereinnahmt und wurde die Leistung oder die Teilleistung danach ausgeführt, entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 4 UStG). Steuerschuldner ist der leistende Unternehmer.
Stellt sich nach dem heraus, dass die in Rechnung gestellte und vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Anzahlung in der Höhe unrichtig war, ist die ursprüngliche Rechnung zu berichtigen (§ 17 Absatz 1 UStG), sofern der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde und insoweit die Grundlage für die Versteuerung der Anzahlung entfallen ist.
Hinsichtlich einer berichtigten Anzahlung wird der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner nach § 13b Absatz 4 Satz 2 und Absatz 5 UStG, soweit ein weiteres Teilentgelt nach dem vom leistenden Unternehmer vereinnahmt wird.
Unternehmer A und Unternehmer B führen nachhaltig Gebäudereinigungsleistungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 UStG aus und geben monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Sie vereinbaren, dass A an B eine Gebäudereinigungsleistung im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 UStG ausführen soll. A stellt am eine Abschlagsrechnung über 10 000 € zuzüglich 1 900 € Umsatzsteuer aus. Die Rechnung wird von B noch im Dezember 2010 bezahlt. Im Januar 2011 stellt sich heraus, dass der Anzahlung ein falsches Aufmaß der zu reinigenden Flächen zugrunde gelegen hat. Danach hätte nur eine Anzahlung mit einem Entgelt von 4 000 € in Rechnung gestellt werden dürfen. Der überzahlte Betrag wird B zurückerstattet. Die Gebäudereinigungsleistung wird im Februar 2011 erbracht.
A hat seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, dass nur noch ein Entgelt in Höhe von 4 000 € zuzüglich 760 € Umsatzsteuer auszuweisen ist. Die Änderungen gegenüber der ursprünglichen Rechnung hat er in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2011 entsprechend zu berücksichtigen. B hat den in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2010 geltend gemachten Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2011 entsprechend zu mindern.
Sachverhalt wie in Beispiel 1, jedoch hätte eine Anzahlung mit einem Entgelt von 11 000 € in Rechnung gestellt werden müssen. B zahlt den Mehrbetrag im Februar 2011.
A hat seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, dass sie ein Entgelt in Höhe von 11 000 € enthält. Hinsichtlich der vor dem geleisteten Anzahlung bleibt es bei der Steuerschuld des A, so dass insoweit weiterhin eine Umsatzsteuer von 1 900 € auszuweisen ist. Die ursprüngliche Besteuerung (A erklärt den Umsatz in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2010, B hat den Vorsteuerabzug in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2010 geltend gemacht) bleibt unverändert. Für die (Rest-)Anzahlung, die im Februar 2011 geleistet wird, ist in der Rechnung nur das (Netto-)Entgelt von 1 000 € anzugeben. Außerdem muss A den B insoweit auf dessen Steuerschuldnerschaft hinweisen. B muss das (Netto-) Entgelt von 1 000 € sowie die Steuer hierauf von 190 € in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Februar 2011 anmelden und kann gleichzeitig diese Steuer als Vorsteuer abziehen (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 UStG).
2.2 Übergangsregelung für Gebäudereinigungsleistungen
Bei Gebäudereinigungsleistungen im Sinne des § 13b Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 UStG, die zwischen dem und dem ausgeführt werden, ist es beim leistenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 UStG ausgegangen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert wird.
Dies gilt entsprechend auch in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem und vor dem vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder von Teilen des Entgelts ausgeführt wird. Abschnitt II Nummer 1 gilt entsprechend.
3. Behandlung von Anzahlungen, wenn die Voraussetzungen für die Steuerschuld des Leistungsempfängers im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung noch nicht vorlagen
Anzahlungen im Rahmen von Umsätzen, die auf Grund der Änderung tatsächlicher Gegebenheiten erst im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung unter die Regelung des § 13b UStG fallen, werden zukünftig anders behandelt als Anzahlungen, die im Zusammenhang mit gesetzlichen Änderungen stehen. Mit , 2018/0401333 wurden die Abschnitte 13.5, 13b.12 und 15.3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses entsprechend angepasst.
Liegen die Voraussetzungen für die Steuerschuld des Leistungsempfängers im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung nicht vor, schuldet der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer. Erfüllt der Leistungsempfänger spätestens im Zeitpunkt der Leistungserbringung die Voraussetzungen als Steuerschuldner, dann bleibt die bisherige Besteuerung der Anzahlungen beim leistenden Unternehmer bestehen (vgl. ).
Entsprechend der o. g. BFH-Entscheidung enthält § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe A Satz 4 UStG einen selbständigen und abschließenden Steuerentstehungstatbestand. Infolge dessen bestimmt sich im Zeitpunkt der Abschlagzahlung, die der leistende Unternehmer vereinnahmt, die Steuerschuldnerschaft nach § 13 Abs. 1 UStG. Liegen im Zeitpunkt der Schlussrechnung die Voraussetzungen der Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13 Abs. 5 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG vor, dann bestimmt sich die Steuerschuldnerschaft für den Restbetrag nach diesen Normen.
Die Grundsätze dieses BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird nicht beanstandet, wenn Steuerpflichtige für bis zum geleistete Anzahlungen die bisherige Fassung der Abschnitte 13.5, 13b.12 und 15.3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses anwenden.
OFD Frankfurt/M. v. - S 7279 A - 29 - St 113
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
UAAAG-89783