Umsatzsteuer | Umsatzsteuerberichtigung im Insolvenzverfahren (FG)
Die Verpflichtung des FA, der Steuerberichtigung zuzustimmen, besteht auch, wenn der die Rechnung berichtigende Steuerpflichtige aus insolvenzrechtlichen Gründen den vereinnahmten Mehrbetrag nicht an den Leistungsempfänger erstattet (; Revision anhängig, BFH-Az. XI R 5/18).
Sachverhalt: Kläger war der Insolvenzverwalter des X, über dessen Vermögen im Jahr 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. X hatte mit Y eine „Jahreskonditionsvereinbarung 2006“ für ein bestimmtes von Y geliefertes Warenvolumen und einen bestimmten Gesamtumsatz in Europa geschlossen. In dieser Jahreskonditionsvereinbarung waren detaillierte „Bonuszahlungen“ geregelt, über die X mit Hilfe eines Dienstleisters gegenüber Y abrechnete. Die in den einzelnen Abschlagsrechnungen bzw. in der Schlussrechnung des Jahres 2006 gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von X in seiner Umsatzsteuererklärung 2006 angemeldet und von Y als Vorsteuer abgezogen. Im März 2016 stornierte X die Rechnungen des Jahres 2006 für bestimmte Positionen. Die geänderten Rechnungen wurden an Y übergeben, der die aufgrund der Rechnungsberichtigung entstandene Umsatzsteuernachforderung an das FA zahlte. Den Antrag des X auf Zustimmung zur Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG lehnte das FA ab. Es war der Auffassung, dass die Abrechnungen des X gegenüber Y keine Rechnungen i.S.v. § 14c UStG darstellten und daher auch keine Rechnungsberichtigung möglich sei. Es handele sich vielmehr um die Dokumentation von Entgeltsminderungen für die ursprünglichen Lieferungen von Y an X.
Das FG Baden-Württemberg führte hierzu u.a. aus:
Die berichtigen Abrechnungspapiere sind Rechnungen i.S.v. § 14c UStG, in denen X unberechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen hat (§ 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG).
Die Abrechnungen haben den Rechnungsaussteller X und den Leistungsempfänger Y bezeichnet, die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen und eine Leistungsbeschreibung enthalten. Sie haben einen unberechtigten Steuerausweis im Sinne von § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG enthalten, soweit darin reine Preisnachlässe und damit Entgeltminderungen für die ursprüngliche Zahlung dokumentiert worden sind.
Anders als in den Abrechnungen des X über von ihm konkret durchgeführte Werbemaßnahmen, fehlt es bei den Preisnachlässen (Entgeltminderungen) an einer von X erbrachten Leistung. Die dadurch entstandene Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt worden, weil Y den aufgrund der Rechnungsberichtigung entstandenen Umsatzsteuer-Nachzahlungsbetrag geleistet hat.
Darauf, dass X den vereinnahmten Mehrbetrag nicht an Y erstattet hat, kommt es im Streitfall nicht an.
Die Rückzahlung des von X vereinnahmten Mehrbetrags an Y ist wegen der Insolvenz des X keine Voraussetzung für die Zustimmungserteilung des FA, weil X diese Zahlung nicht rechtmäßig leisten kann.
Aufgrund der von Y zu viel gezahlten Umsatzsteuer ist X als Zahlungsempfänger einem Bereicherungsanspruch des Y ausgesetzt. Der Bereicherungsanspruch des Y ist bereits durch die Rechnung mit unzutreffendem Umsatzsteuer-Ausweis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2012 materiell-rechtlich entstanden.
Demzufolge ist der Bereicherungsanspruch des Y eine Insolvenzforderung. Eine individuelle Sicherstellung oder Befriedigung dieser Forderung außerhalb des Insolvenzverfahrens ist unzulässig.
Folglich ist es dem Kläger rechtlich untersagt, den zu Unrecht vereinnahmten Mehrbetrag aus der Insolvenzmasse an Y zu erstatten. Daher kann eine solche - rechtswidrige - Zahlung nicht Voraussetzung zur Zustimmung des FA nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG sein.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Newsletter 1/2018 (Ls)
Fundstelle(n):
KAAAG-77249