Trimodales Container-Umschlagsterminal als der Eisenbahninfrastruktur zuzurechnende Serviceeinrichtung
Leitsatz
Ein trimodales Container-Umschlagsterminal ist auch dann als Güterterminal und damit als eine der Eisenbahninfrastruktur zuzurechnende Serviceeinrichtung im Sinne von § 2 Abs. 9 AEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG zu qualifizieren, wenn es im Schwerpunkt die Verkehrsträger Wasser und Straße und nur zu einem geringen Teil den Verkehrsträger Schiene bedient.
Gesetze: Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, § 2 Abs 1 AEG, § 2 Abs 6 AEG, § 2 Abs 9 AEG, § 2 Abs 11 AEG, § 1 Abs 1 S 1 AEG vom , § 2 Abs 3 AEG vom , § 3c AEG vom , § 14d S 1 Nr 6 AEG vom , § 14e Abs 1 Nr 4 AEG vom , § 1 Abs 4 ERegG, § 2 Abs 4 ERegG, § 3 Nr 2 ERegG, § 67 Abs 1 S 1 ERegG, Anl 2 Nr 2 S 1 Buchst b ERegG, § 1 Abs 19 ERegG, § 2 Abs 5 ERegG, § 19 Abs 4 S 1 ERegG, § 72 S 1 Nr 5 ERegG, § 73 Abs 1 Nr 4 ERegG, Art 3 Nr 11 EURL 34/2012
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 13 A 3080/15 Urteilvorgehend Az: 18 K 3987/14 Urteil
Gründe
I
1Die Klägerin ist ein privates Logistik-Unternehmen, dessen Kerngeschäft in der Erbringung umfassender Dienstleistungen für den Containertransport im trimodalen Verkehr besteht. Sie betreibt mit drei Wasserkränen, drei Bahnkränen, fünf Greifstaplern und zwei Leercontainerstaplern ein Container-Umschlagsterminal auf dem Hafengelände in ... Eigentümerin der Hafengrundstücke und Betreiberin der Eisenbahninfrastruktur im ... Hafen ist die ... Hafen AG. Mit Bescheid vom verpflichtete die Beklagte die Klägerin, für die von ihr betriebenen Serviceeinrichtungen eisenbahnrechtliche Nutzungsbedingungen aufzustellen und die Bundesnetzagentur hierüber zu unterrichten. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Die Revision gegen das Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
II
2Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
3Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 6 B 40.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:080616B6B40.15.0] - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 12 Rn. 9 und vom - 6 B 36.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:200217B6B36.16.0] - juris Rn. 11). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nur, wenn die Rechtsfrage nicht auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. 6 B 43.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:270115B6B43.14.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8). Den nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO maßgeblichen Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im vorliegenden Fall erfüllt sind.
41. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, ob
"bei einem Unternehmen, das mehrere mobile Geräte zum trimodalen Umschlag von Containern betreibt und dessen Kerngeschäft in umfassenden Dienstleistungen rund um den Containertransport besteht und das dabei maßgeblich die Verkehrsträger Wasser und Straße bedient, gleichwohl der Eisenbahnbetriebsbezug der unternehmerischen Tätigkeit dergestalt bejaht werden [kann], dass das Unternehmen als Betreiber einer Serviceeinrichtung im Sinne von § 2 Abs. 11, 9 AEG i.V.m. Anl. 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG zu qualifizieren ist."
5Diese Frage ist zwar entscheidungserheblich. Die Regulierungsbehörde kann die Klägerin nur dann auf der Grundlage des - im Hinblick auf seine intertemporale Maßgeblichkeit von der Klägerin nicht in Frage gestellten - § 67 Abs. 1 Satz 1 ERegG verpflichten, für von ihr im ... Hafen betriebene Serviceeinrichtungen gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 ERegG Nutzungsbedingungen aufzustellen, wenn die Klägerin dort als Eisenbahninfrastrukturunternehmen (vgl. § 1 Abs. 4 ERegG i.V.m. § 2 Abs. 1, 6 und 11 AEG) eine Serviceeinrichtung im Sinne von § 2 Abs. 9 AEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG betreibt. Die positive Beantwortung dieser Frage trägt das Berufungsurteil. Da das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt hat, dass die von der Klägerin betriebene Einrichtung derzeit zwar auch, aber nicht überwiegend dem Be- und Entladen von Eisenbahnen dient (UA S. 19), kommt es darauf an, ob ein trimodales Container-Umschlagsterminal auch dann als Güterterminal im Sinne von § 2 Abs. 9 AEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG zu qualifizieren ist, wenn es im Schwerpunkt die Verkehrsträger Wasser und Straße und nur zu einem geringen Teil den Verkehrsträger Schiene bedient. Soweit das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, die vorhandene Serviceeinrichtung sei ferner im Sinne des § 1 Abs. 19 ERegG an das Netz eines Betreibers der Schienenwege angeschlossen (UA S. 19), handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um eine selbstständig tragende Begründung. Vielmehr prüft und bejaht das Berufungsgericht an dieser Stelle das Vorliegen einer weiteren gesetzlichen Voraussetzung für die der Klägerin als Betreiberin einer Serviceeinrichtung nach § 19 Abs. 4 Satz 1 ERegG obliegenden Verpflichtung zur Aufstellung von Nutzungsbedingungen, die ohne das Vorhandensein eines Schienenzugangs nutzlos wäre (vgl. UA S. 23 f.).
6Die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage ist indes nicht klärungsbedürftig, weil sie sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig im Sinne des Berufungsurteils beantworten lässt. Dass der entscheidungstragende Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, bei einer aus Kränen, Fahrzeugen und sonstiger Ausrüstung bestehenden und zum trimodalen Umschlag von Containern betriebenen Anlage handele es sich unabhängig von dem Anteil der Schiene am Umschlag im Verhältnis zu den anderen Verkehrsträgern um ein Güterterminal und damit im Sinne von § 2 Abs. 11, 9 AEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG um eine der Eisenbahninfrastruktur zuzurechnende Serviceeinrichtung, zutreffend ist, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren.
7Serviceeinrichtungen sind nach § 1 Abs. 4 ERegG i.V.m. § 2 Abs. 9 AEG die Anlagen, unter Einschluss von Grundstück, Gebäude und Ausrüstung, um eine oder mehrere der in Anlage 2 Nummer 2 bis 4 ERegG genannten Serviceleistungen erbringen zu können. Betreiber einer Serviceeinrichtung ist nach § 1 Abs. 4 ERegG i.V.m. § 2 Abs. 11 AEG jedes Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Alt. 2 AEG, das für den Betrieb einer oder mehrerer Serviceeinrichtungen zuständig ist. In Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG werden Güterterminals einschließlich der Laderampen sowie der Zugangswege für Güter, einschließlich der Zufahrtsstraßen als Serviceeinrichtungen aufgeführt. Nach Anlage 2 Nr. 2 Satz 2 ERegG gilt dies auch für Serviceeinrichtungen in See- oder Binnenhäfen. Der in Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG genannte Begriff des Güterterminals wird zwar im Gesetz nicht definiert. Nach herkömmlichem Sprachverständnis handelt es sich jedoch bei einem Terminal im vorliegenden begrifflichen Zusammenhang um eine Anlage zum Be- und Entladen in einem Bahnhof oder einem Hafen (vgl. Duden, Online-Wörterbuch, Stichwort "Terminal"). Hieran anknüpfend werden Güterterminals in der eisenbahnrechtlichen Fachliteratur, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, als Knotenpunkte verschiedener Verkehrssysteme verstanden, an denen das Umladen von Gütern von Zügen auf andere Verkehrsträger oder auf Züge von anderen Verkehrsträgern erfolgt (vgl. Fehling, in: Hermes/Sellner, Beck’scher AEG-Kommentar, 2. Auflage 2014, § 2 Rn. 116; Vallendar, a.a.O., § 18 Rn. 64; Lerche, in: Schmitt/Staebe, Einführung in das Eisenbahn-Regulierungsrecht, 2010, Rn. 89). Dass für den Güterumschlag ausschließlich mobile Geräte eingesetzt werden, ist für die Qualifizierung als Güterterminal entgegen der durch die Formulierung der Frage suggerierten Auffassung der Beschwerde unerheblich. Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausführt, sind für die Zuordnung einer Einrichtung in dem Katalog der Serviceeinrichtungen im Sinne einer funktionalen Betrachtung nur der Zweck und typische Betriebsabläufe maßgeblich (vgl. 6 B 36.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:080115B6B36.14.0] - Buchholz 442.09 § 1 AEG Nr. 2 Rn. 6).
8Dem Gesetzeswortlaut ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass so genannte trimodale Terminals, d.h. solche Umschlagsanlagen, die an Wasserstraßen oder in Häfen gelegen sind und neben den Verkehrsträgern Straße und Schiene auch den Verkehrsträger Wasser bedienen, von dem in Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG genannten Begriff des Güterterminals insgesamt ausgenommen sind. Ebenso wenig findet die Auffassung der Beschwerde, trimodale Terminals seien jedenfalls nur dann als Güterterminals im Sinne von Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG zu qualifizieren wenn sie im Schwerpunkt die Verkehrsträger Wasser und Straße und nur zu einem geringen Teil den Verkehrsträger Schiene bedienen, in dem Wortlaut der Vorschrift eine Stütze.
9Die von der Beschwerde befürwortete Einschränkung des Begriffs des Güterterminals im Sinne von Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG widerspräche zudem der Gesetzessystematik; denn der Fall einer verhältnismäßig geringen Bedeutung einer Serviceeinrichtung für den Schienenverkehr wird in § 2 Abs. 5 ERegG ausdrücklich geregelt. Nach Satz 1 dieser Bestimmung soll die Regulierungsbehörde Betreiber einer Serviceeinrichtung nach Anlage 2 Nummer 2 auf Antrag ganz oder teilweise u.a. von den Pflichten des Kapitels 3 - also etwa auch von der in § 19 Abs. 4 ERegG geregelten Verpflichtung zur Aufstellung von Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen - mit der Maßgabe befreien, dass ausschließlich Bestimmungen zur Betriebssicherheit aufzustellen sind, wenn eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht zu erwarten ist. Eine Beeinträchtigung ist insbesondere nicht zu erwarten, wenn die Serviceeinrichtung nach dem Umfang der angebotenen und nachgefragten Leistungen von geringer Bedeutung ist (§ 2 Abs. 5 Satz 2 ERegG). Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, folgt aus dieser Befreiungsregelung im Umkehrschluss, dass die entsprechenden Serviceeinrichtungen in einem solchen Fall nicht bereits mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen von der Regulierung ausgenommen sind.
10Das auf den Wortlaut des § 2 Abs. 9 AEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG sowie den systematischen Zusammenhang mit der Befreiungsregelung in § 2 Abs. 5 Satz 1 und 2 ERegG gestützte Auslegungsergebnis, dass es sich bei einer Anlage zum trimodalen Umschlag von Containern unabhängig von dem Anteil der Schiene am Umschlag im Verhältnis zu den anderen Verkehrsträgern um ein Güterterminal und damit um eine der Eisenbahninfrastruktur zuzurechnende Serviceeinrichtung handelt, wird durch die teleologische Auslegung bestätigt. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass für die in dem Katalog des § 2 Abs. 3c AEG in der bis zum geltenden Fassung (a.F.) aufgeführten Serviceeinrichtungen ein weites Begriffsverständnis geboten ist und - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - alle Serviceeinrichtungen nach § 2 Abs. 3c AEG a.F. als Betriebsanlagen der in § 2 Abs. 3 AEG a.F. (jetzt: § 2 Abs. 6 AEG) definierten Eisenbahninfrastruktur zuzurechnen sind ( 6 C 42.10 - Buchholz 442.09 § 14e AEG Nr. 2 Rn. 43; Beschluss vom - 6 B 36.14 - Buchholz 442.09 § 1 AEG Nr. 2 Rn. 6).
11Dieses weite Begriffsverständnis trägt insbesondere auch denjenigen Zwecken Rechnung, die mit den Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen im Rahmen des durch § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG a.F. (jetzt § 3 Nr. 2 ERegG) definierten allgemeinen wettbewerblichen Regulierungsziels verfolgt werden. Insbesondere sollen die Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen ebenso wie die Schienennetz-Benutzungsbedingungen (vgl. dazu: 6 C 17.10 - BVerwGE 140, 359 Rn. 41, 64 und 68) eine allgemeine Informationsfunktion erfüllen und den Zugangsberechtigten Transparenz, Planbarkeit und Kalkulationssicherheit sichern ( 6 C 42.10 - Buchholz 442.09 § 14e AEG Nr. 2 Rn. 22; Beschlüsse vom - 6 B 47.14 - N&R 2015, 55 Rn. 8 und vom - 6 B 50.14 - Buchholz 442.09 § 14f AEG Nr. 1 Rn. 8). Daneben haben die Nutzungsbedingungen eine Vereinheitlichungs- sowie eine Rechtsgewährleistungsfunktion, da sie zum Zweck der Gleichbehandlung der Zugangsberechtigten bestimmte Regelungen zur Zugangsgewährung der individuellen Vereinbarung entziehen und es der Regulierungsbehörde ermöglichen, im Rahmen des Vorabprüfungsverfahrens (vgl. § 73 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 72 Satz 1 Nr. 5 ERegG bzw. § 14e Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG a.F.) die Vereinbarkeit der Nutzungsbedingungen mit dem eisenbahnrechtlichen Zugangsregime sicherzustellen (BVerwG, Beschlüsse vom - 6 B 47.14 - N&R 2015, 55 Rn. 7 und vom - 6 B 50.14 - Buchholz 442.09 § 14f AEG Nr. 1 Rn. 7). Da der Mindestinhalt der Nutzungsbedingungen, die der Betreiber einer Serviceeinrichtung nach § 19 Abs. 4 ERegG aufzustellen hat, neben Bestimmungen zur Betriebssicherheit nach § 21 ERegG im Wesentlichen lediglich die Festlegung der Grundsätze des Koordinierungsverfahrens (§ 13 Abs. 2 Satz 4 ERegG) sowie der Kriterien umfasst, welche im Falle eines Zuweisungskonflikts nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 Nr. 3 ERegG zur Lösung des Konflikts angewendet werden sollen, kann der unterschiedlichen verkehrlichen Bedeutung der einzelnen Eisenbahninfrastruktureinrichtungen im Rahmen der Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen hinreichend Rechnung getragen werden.
12An dem weiten Verständnis des Begriffs der Serviceeinrichtungen, von dem der Senat in Bezug auf die frühere Rechtslage nach § 10 Abs. 1 Satz 1 der Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) sowie § 2 Abs. 3c AEG in der bis zum geltenden Fassung (a.F.) ausgegangen ist, hat sich durch das In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich vom (BGBl. I S. 2082), das in seinem Art. 1 das Eisenbahnregulierungsgesetz und in seinem Art. 2 Änderungen des Allgemeines Eisenbahngesetzes enthält, nichts geändert. Der Begriff "Serviceeinrichtung" wird in § 2 Abs. 9 AEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 2 bis 4 ERegG weiterhin durch eine Aufzählung definiert. Gegenüber § 2 Abs. 3c AEG a.F. weist dieser Katalog lediglich einzelne Neuerungen und Konkretisierungen auf (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 18/8334 S. 247), die jedenfalls nicht zu einer Verengung des Begriffs der Serviceeinrichtungen führen.
13Im Gegenteil findet das bisherige weite Begriffsverständnis in der Entstehungsgeschichte des neuen Gesetzes nunmehr eine deutliche zusätzliche Bestätigung. Denn obwohl ausweislich der Gesetzesbegründung die Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums vom (ABl. L 343 S. 32) grundsätzlich 1:1 in deutsches Recht umgesetzt werden sollte (BT-Drs. 18/8334 S. 1 und 80), weicht § 2 Abs. 9 AEG bei der Bestimmung des Begriffs der Serviceeinrichtung vom Wortlaut des Art. 3 Nr. 11 der Richtlinie ab. Es fehlt das Erfordernis, wonach eine Anlage "ganz oder teilweise speziell hergerichtet wurde", um eine oder mehrere der im Anhang genannten Serviceleistungen erbringen zu können. Diese Modifikation des Richtlinientextes im Rahmen der Umsetzung wurde mit der Erwägung begründet, dass der nicht übernommene Einschub eine Rechtsunsicherheit schaffen würde, da insbesondere in den von privaten oder kommunalen Trägern errichteten Häfen und Terminals der Eisenbahnverkehr (zunächst) eine untergeordnete Rolle gespielt habe. Würde hier auf die Zweckbestimmung "für den Eisenbahnverkehr errichtet" abgestellt, könne dies erhebliche Diskussionen auslösen, welche Einrichtung als Serviceeinrichtung zu qualifizieren sei und damit unter den Anwendungsbereich der Regulierung falle und welche nicht (BT-Drs. 18/8334 S. 247). An dieser Begründung lässt sich ersehen, dass der Gesetzgeber mit einer weit gefassten, über die Vorgaben des Unionsrechts hinausgehenden Definition des Begriffs der Serviceeinrichtung (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens: 6 B 36.14 - Buchholz 442.09 § 1 AEG Nr. 2 Rn. 13) sicherstellen wollte, dass sich der Anwendungsbereich der Regulierung in der Praxis möglichst klar und eindeutig bestimmen lässt. Träfe die Auffassung der Beschwerde zu, dass trimodale Terminals nur dann als Güterterminals im Sinne von Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG zu qualifizieren wären, wenn sie im Schwerpunkt den Verkehrsträger Schiene bedienen, hätte dies im Einzelfall schwierige Abgrenzungsfragen zur Folge, wie sie der Gesetzgeber gerade vermeiden wollte.
142. Die Klägerin hält ferner die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, ob
"dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung des Verkehrsträgers Schiene bei trimodalen Terminals dadurch Genüge getan [ist], dass der Gesetzgeber in § 2 Abs. 4 und 5 ERegG Befreiungsmöglichkeiten für Betreiber einer Serviceeinrichtung von bestimmten regulatorischen Pflichten allein für den Fall vorgesehen hat, dass eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht zu erwarten ist, oder (...) jenseits dieser konkret vorgesehenen Ausnahmetatbestände aus Gründen der Verhältnismäßigkeit festgestellt werden [muss], dass der Schwerpunkt der Bedienung in der Serviceeinrichtung auf dem Verkehrsträger Schiene liegt."
15Auch diese Frage betrifft die entscheidungstragende Annahme des Berufungsurteils, ein trimodales Container-Umschlagsterminal, mit dem auch die Schiene bedient wird, sei unabhängig von dem Anteil der Schiene am Umschlag im Verhältnis zu den anderen Verkehrsträgern ein Güterterminal und damit eine der Eisenbahninfrastruktur zuzurechnende Serviceeinrichtung im Sinne von § 2 Abs. 9 AEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG. Dass die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang problematisierte Bedeutung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht zu einer abweichenden Auslegung führt, ist ebenfalls nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig, weil sich dies ohne weiteres aus den einschlägigen Vorschriften sowie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt.
16Ziele der Regulierung des Eisenbahnsektors sind gemäß § 3 Nr. 2 ERegG unter anderem die Wahrung der Interessen der Zugangsberechtigten auf dem Gebiet der Eisenbahnmärkte bei der Förderung und Sicherstellung eines wirksamen Wettbewerbs in den Eisenbahnmärkten sowie die Wahrung der Interessen der Verbraucher. Im Rahmen dieser legitimen Ziele ist der Normgeber, was die Bewertung der Marktverhältnisse im Bereich der Eisenbahninfrastruktur und die einzusetzenden Regulierungsinstrumente anbetrifft, zu Pauschalierungen und Typisierungen befugt (vgl. 6 B 36.14 - Buchholz 442.09 § 1 AEG Nr. 2 Rn. 16 in Bezug auf das in § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG a.F. enthaltene Ziel der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs auf der Schiene beim Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen und dem Betrieb von Eisenbahninfrastrukturen). Um Transparenz herzustellen und dadurch die Voraussetzungen für einen diskriminierungsfreien Zugang überhaupt erst zu schaffen, durfte der Gesetzgeber insbesondere auch eine Pflicht zur Aufstellung von Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen vorsehen. Selbst durch eine solche Regelung ohne Ausnahmemöglichkeit werden keine Rechte der betroffenen Unternehmen aus Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 12 Abs. 1 GG in unverhältnismäßiger Weise beschränkt ( 6 B 36.14 - Buchholz 442.09 § 1 AEG Nr. 2 Rn. 16). Ist aber bereits eine uneingeschränkte Pflicht zur Aufstellung von Nutzungsbedingungen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundrechten der Unternehmen vereinbar, kann nichts anderes gelten, wenn der Gesetzgeber in § 2 Abs. 4 und 5 ERegG Befreiungsmöglichkeiten für Betreiber einer Serviceeinrichtung von bestimmten regulatorischen Pflichten - wie insbesondere auch der Aufstellung von Nutzungsbedingungen - lediglich für den Fall vorsieht, dass eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht zu erwarten ist. Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausführt, kann den Betriebsabläufen in der einzelnen Serviceeinrichtung zudem bei der Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen Rechnung getragen werden. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit erfordert deshalb keine einschränkende Auslegung des Begriffs des Güterterminals im Sinne des § 2 Abs. 9 AEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b) ERegG.
173. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2018:150118B6B21.17.0
Fundstelle(n):
DAAAG-75439