Rechtsbeschwerde im Zwangsvollstreckungsverfahren: Erfordernis der Beschwer im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel; Berücksichtigung von Prozesskosten bei der Bestimmung der Beschwer
Leitsatz
1. Die Beschwer muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein; ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig und führt zu seiner Verwerfung.
2. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein in der Kostenlast besteht. Ist die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits, sind Prozesskosten bei der Bestimmung der Beschwer nicht zu berücksichtigen.
Gesetze: § 574 ZPO, § 802c ZPO, § 802g ZPO, § 802h Abs 1 ZPO
Instanzenzug: LG Memmingen Az: 44 T 1803/16vorgehend AG Memmingen Az: 1 M 3387/14
Gründe
1I. Der Schuldner wurde mit rechtskräftigem zur Zahlung von 8.562,99 DM zuzüglich Zinsen an die Gläubigerin verurteilt. Die Gläubigerin betreibt auf der Grundlage dieses Urteils gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen einer Teilforderung in Höhe von 5.000 €. Die Gläubigerin beantragte - vertreten durch die D. Inkasso GmbH & Co. KG - mit Schreiben vom die Abnahme der Vermögensauskunft und für den Fall der Weigerung des Schuldners den Erlass eines Haftbefehls gegen ihn und seine anschließende Verhaftung. Im von der zuständigen Gerichtsvollzieherin bestimmten Termin vom verweigerte der Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft.
2Das Haftbefehl gegen den Schuldner erlassen, um die Abgabe einer Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO zu erzwingen.
3Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit am beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat der Schuldner die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt.
4Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht Memmingen den Haftbefehl vom gemäß § 802h Abs. 1 ZPO mit der Begründung aufgehoben, die Vollziehung des Haftbefehls sei unstatthaft, da nach dessen Erlass mehr als zwei Jahre vergangen seien.
5Mit seiner Rechtsmittelbegründung vom beantragt der Schuldner,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der sofortigen Beschwerde gemäß dem Antrag des Schuldners stattzugeben, das heißt den Haftbefehl des Vollstreckungsgerichts Memmingen vom aufzuheben.
6II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die sofortige Beschwerde des Schuldners sei unbegründet. Die Voraussetzungen eines Haftbefehls gemäß § 802g ZPO seien gegeben. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung lägen vor. Die D. Inkasso GmbH & Co. KG habe den Vollstreckungsantrag vom in wirksamer Stellvertretung für die Gläubigerin gestellt. Der Schuldner sei wirksam von der Gerichtsvollzieherin zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen worden. Er habe die Abgabe der Vermögensauskunft ohne Grund verweigert.
7III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie ist jedoch nicht mehr zulässig, weil die Beschwer des Schuldners nach ihrer Einlegung entfallen ist.
81. Die Beschwer muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein; ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig und führt zu seiner Verwerfung (, NJW-RR 2004, 1365; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 574 Rn. 6, Vor § 511 Rn. 10 f.; Lipp in MünchKomm.ZPO, 5. Aufl., § 577 Rn. 7; in BeckOK.ZPO/Wulf, Stand , § 577 Rn. 1).
92. Der Schuldner war durch den angefochtenen Beschluss beschwert, der seine sofortige Beschwerde gegen den Erlass des Haftbefehls zurückgewiesen hat. Diese Beschwer ist nach Einlegung der Rechtsbeschwerde dadurch entfallen, dass das Vollstreckungsgericht den Haftbefehl aufgehoben hat.
103. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich eine Beschwer nicht aus dem Fortbestand der Entscheidung des Beschwerdegerichts und der mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde verbundenen Kostenlast des Schuldners.
11a) Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein in der Kostenlast besteht (Zöller/Heßler aaO Vor § 511 Rn. 10; Zöller/Herget aaO § 99 Rn. 4). Ist die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits, sind Prozesskosten bei der Bestimmung der Beschwer nicht zu berücksichtigen (vgl. , NJW-RR 2011, 1026 Rn. 7; BeckOK.ZPO/Wulf aaO § 511 Rn. 18.15).
12b) So liegt es hier. Mit seiner Rechtsmittelbegründung hat der Schuldner geltend gemacht, er erstrebe die Aufhebung des Haftbefehls vom . Gegenstand des Rechtsstreits in der Hauptsache war danach auch in der Rechtsbeschwerde die Aufhebung des Haftbefehls. Die mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde verbundene Kostenlast hat bei der Bestimmung der Beschwer daher außer Betracht zu bleiben. Der Schuldner hat aus der prozessualen Überholung dieser in der Hauptsache auf Aufhebung des Haftbefehls gerichteten sofortigen Beschwerde in der Rechtsbeschwerdeinstanz keine Konsequenzen gezogen.
13IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:140917BIZB9.17.0
Fundstelle(n):
NJW-RR 2018 S. 384 Nr. 6
WM 2018 S. 331 Nr. 7
GAAAG-72217