Besorgnis der Befangenheit; Zustellung des Urteils; Unterschriften der Richter
Gesetze: § 10 Abs 3 VwGO, § 54 Abs 1 VwGO, § 42 Abs 2 ZPO, § 44 Abs 2 S 1 ZPO, § 45 Abs 1 ZPO, § 317 ZPO
Instanzenzug: VG Chemnitz Az: 1 K 158/12 Urteil
Gründe
1Das im Schriftsatz des Klägers vom zur Erhebung einer "sofortigen Gehörsrüge und Beschwerde" gegen den Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde versagenden Beschluss des Senats vom enthaltene Gesuch auf Ablehnung der an diesem Beschluss beteiligten Richter des 8. Senats hat keinen Erfolg.
2Der Senat entscheidet über das Ablehnungsgesuch gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2, § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter in der aus dem Rubrum ersichtlichen Zusammensetzung, die sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts (Stand: ) ergibt.
3Der Kläger hat weder in seinem Ablehnungsgesuch noch in seiner Stellungnahme zu den hierzu abgegebenen dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter Gründe glaubhaft gemacht, die geeignet wären, eine Besorgnis von deren Befangenheit zu begründen.
4Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Danach ist es nicht notwendig, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Andererseits reicht die rein subjektive Vorstellung eines Beteiligten, der Richter werde seine Entscheidung an persönlichen Motiven orientieren, nicht aus, wenn bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund für die Befürchtung ersichtlich ist. Die Besorgnis der Befangenheit ist nur dann gerechtfertigt, wenn aus der Sicht des Beteiligten hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln ( 2 AV 2.15 - NVwZ 2016, 253 Rn. 7 m.w.N.). Dass ein Richter bei der Würdigung des maßgeblichen Sachverhalts oder dessen rechtlicher Beurteilung eine andere Rechtsauffassung vertritt als ein Beteiligter, ist regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Das gilt selbst für irrige Ansichten, solange sie nicht willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind und damit Anhaltspunkte dafür bieten, dass der Abgelehnte Argumenten nicht mehr zugänglich und damit nicht mehr unvoreingenommen ist (vgl. - NJW-RR 2008, 72).
5Der Kläger kritisiert in seinem Ablehnungsgesuch, der angegriffene Prozesskostenhilfe versagende Beschluss weise keinen inhaltlichen Bezug zu der Begründung der (beabsichtigten) Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom auf. Dieser Einwand richtet sich jedoch allein gegen die Sachbehandlung des Prozesskostenhilfegesuchs und macht entgegen der Verpflichtung aus § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht glaubhaft, dass Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit der an dem Beschluss mitwirkenden Richter bestünde. Das Vorbringen des Klägers bezieht sich in keiner Weise auf individuelle Umstände, welche die abgelehnten Richter betreffen.
6Soweit der Kläger behauptet, die abgelehnten Richter hätten die Urschrift des angegriffenen Beschlusses nicht unterzeichnet, wird ebenfalls nicht deutlich, woraus sich eine Besorgnis ihrer Befangenheit ergeben sollte. Der Einwand trifft im Übrigen auch nicht zu. Die von allen mitwirkenden Richtern handschriftlich unterzeichnete Urschrift des Beschlusses befindet sich in der Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichts. Den Beteiligten und somit auch dem Kläger ist eine beglaubigte Abschrift hiervon übersandt worden, aus der die Namen der in der Urschrift unterzeichnenden Richter ersichtlich sind. Dies reicht aus, da das Gesetz an die Bekanntgabe eines solchen Beschlusses keine weiterreichenden Anforderungen enthält. Selbst die nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 317 ZPO für ein Urteil vorgesehene Zustellung würde im Übrigen nicht die Zustellung einer Urschrift an die Beteiligten verlangen. Sie kann vielmehr auch durch Übergabe einer Urteilsausfertigung bewirkt werden, die die Übereinstimmung mit der in den Akten verbleibenden Urschrift bezeugt und die Namen der beteiligten Richter in Maschinenschrift angibt (vgl. - BGHZ 186, 22 = juris Rn. 13 ff., 17).
7Auch daraus, dass der angegriffene Beschluss keine Rechtsmittelbelehrung enthält, kann sich schon deshalb ersichtlich keine Besorgnis der mangelnden Unvoreingenommenheit der mitwirkenden Richter ergeben, weil Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts unanfechtbar sind.
8Schließlich ist auch dem weiteren, gegen den Inhalt der dienstlichen Äußerungen zum Ablehnungsgesuch gerichteten Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen, dass bei objektiver Würdigung Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richter bestehen könnte.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2017:061117B8PKH3.17.0
Fundstelle(n):
YAAAG-71842