Online-Nachricht - Dienstag, 23.01.2018

Umsatzsteuer | Eindeutige Identifizierung der Leistung in einer Rechnung (FG)

Auch beim massenhaften Handel von Kleidungsstücken und von Modeschmuck im Niedrigpreissegment kann ein Vorsteuerabzug nur vorgenommen werden, wenn die Rechnung eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglicht, über die abgerechnet wird ( und 1 K 2402/14; Revision anhängig).

Sachverhalt: Im Klageverfahren 1 K 547/14 war die Klägerin im Streitjahr im Textilhandel unternehmerisch tätig. Sie vertrieb Damenoberbekleidung (insbesondere T-Shirts und Blusen) im Niedrigpreissegment. Die Kleidungsstücke wurden jeweils in großen Mengen in verschiedenen Standardgrößen und in mehreren Farben von Großhändlern eingekauft. Die Einkaufspreise je Artikel bewegten sich jeweils im unteren einstelligen Eurobereich. Das FA versagte bei einigen Rechnungen zu Lasten der Klägerin den Vorsteuerabzug, weil sich die Bezeichnungen der gelieferten Gegenstände in den Rechnungen auf die pauschale Bezeichnung einer Warenklasse und die Angabe einer erheblichen Stückzahl im mindestens dreistelligen Bereich beschränke. Eine Konkretisierung der Leistungsbeschreibungen fehle.

Auch im Klageverfahren 1 K 2402/14, in dem die Klägerin im Bereich des Handels mit Modeschmuck und Accessoires im Niedrigpreissegment tätig war, lehnte das FA den Vorsteuerabzug ab, weil Rechnungen auch hier nur unzureichende Angaben wie „div. Modeschmuck“ (Armband, Ohrring, Kette etc.), den Netto-Einzelpreis sowie die Anzahl der gelieferten Artikel enthielten.

Das Hessische FG führte hierzu u.a. aus:

  • Die Rechnungen genügen mangels hinreichender Leistungsbeschreibung und fehlender Identifikationsmöglichkeit nicht den gesetzlichen Anforderungen zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen.

  • Innerhalb einer Branche ist hinsichtlich der Frage, welche Bezeichnung einer Leistung noch handelsüblich ist, nicht nach verschiedenen Verkehrskreisen - nämlich dem Handel mit Textilien im mittleren und oberen Preissegment einerseits und dem Handel mit Waren im Niedrigpreissegment andererseits - zu differenzieren.

  • Die in den Rechnungen des Verfahrens 1 K 547/14 enthaltene bloße Angabe einer Gattung (z.B. Shirts, T-Shirts, Blusen, Kleider, Blusen, Jacken) stellt keine handelsübliche Bezeichnung dar.

  • Die - hier fehlende - erforderliche weitergehende Umschreibung der Ware könnte beispielsweise über die Herstellerangaben bzw. die Angabe einer etwaigen Eigenmarke oder über Modelltyp, Farbe und Größe sowie unter Bezugnahme auf eine Artikel- oder Chargennummer erfolgen. Auch die Benennung von Größe, Farbe, Material, gegebenenfalls Sommer- oder Winterware kommt in Betracht.

  • Das Fehlen jeglicher weiterer Umschreibung der Artikel lässt vorliegend keine eindeutige und mit begrenztem Aufwand nachprüfbare Feststellung der Lieferungen, über die mit den Rechnungen abgerechnet worden sind, zu.

  • Dabei besteht angesichts der hohen Anzahl der in den Rechnungen aufgeführten Artikel auch die Gefahr einer willentlichen oder unwillkürlichen mehrfachen Abrechnung der Leistung in einer anderen Rechnung. All dies gilt auch für den Handel mit Modeschmuck, Uhren und Accessoires.

  • Auch insoweit stellt die bloße Angabe einer Gattung (z.B. Armbänder, Ketten, Halsketten) keine handelsübliche Bezeichnung dar.

Hinweis:

Gegen das Urteil im Verfahren 1 K 2402/14 wurde Revision eingelegt, die beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 2/18 anhängig ist.
Die Urteile sind auf der Homepage des Hessischen FG abrufbar.
Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: Hessisches FG, Pressemitteilung v. 23.01.2018 (Ls)

Fundstelle(n):
NWB BAAAG-70561