BFH Beschluss v. - IV R 40/01

Gründe

Das finanzgerichtliche Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) am zugestellt. Das Finanzgericht (FG) ließ die Revision zu. Die Klägerin legte mit einem per Telefax am an den Bundesfinanzhof (BFH) übermittelten Schriftsatz Revision mit dem Antrag ein, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie begründete den Antrag damit, dass das angefochtene Urteil von der Bürovorsteherin des Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß in das Fristenbuch eingetragen worden sei. Es sei eine Vorfrist für den und die Rechtsmittelfrist für den mit Rotstift eingetragen worden. Die Bürovorsteherin habe sich bis einschließlich im Urlaub befunden. Die von ihr angelernte und erfahrene Vertreterin habe es jedoch versäumt, dem Prozessbevollmächtigten die Vorfrist und die Revisionsfrist vorzulegen. Dies habe erst die Bürovorsteherin bei der Durchsicht des Fristenbuchs am bemerkt. Ein Organisationsmangel des Prozessbevollmächtigten sei auszuschließen. Zur Glaubhaftmachung legte die Klägerin Kopien aus dem Fristenbuch des Prozessbevollmächtigten bei.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Die Revision ist unzulässig. Sie war deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist eine Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Wird die Frist versäumt, ist die Revision unzulässig. Dies gilt nicht, wenn dem Revisionsführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO zu gewähren ist.

Das vollständige Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am zugestellt worden. Die Frist zur Einlegung der Revision ist mit Ablauf des abgelaufen (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der ZivilprozessordnungZPO— i.V.m. § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen GesetzbuchsBGB—). Die Revision ist daher am verspätet eingegangen.

Im Streitfall sind die Voraussetzungen für eine Heilung der Fristversäumnis nach § 56 FGO nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfordert eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 FGO (ständige Rechtsprechung; vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom X R 102/98, BFH/NV 1999, 1221, und vom I B 56/98, BFH/NV 1999, 509, jeweils m.w.N.). Es müssen die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, innerhalb der Antragsfrist von zwei Wochen mitgeteilt werden. Erforderlich ist eine vollständige Darstellung der Ereignisse, die zur Fristversäumung geführt haben und die unverschuldete Säumnis belegen sollen, soweit sie nicht gerichtsbekannt oder offenkundig sind (vgl. , BFHE 159, 573, BStBl II 1990, 546, 548, m.w.N.).

Daran fehlt es im Streitfall. Die Klägerin hat nicht einmal ausgeführt, wie es zu dem Übersehen der Fristeintragungen gekommen ist. Es fehlt die Mitteilung, ab wann die Bürovorsteherin in Urlaub war. Weiter fehlt jegliche Begründung, aus der sich die behauptete Erfahrenheit der Vertreterin der Bürovorsteherin ergeben könnte. Ebenso wenig hat die Klägerin —worauf schon das FA hingewiesen hat— die Namen der Bürovorsteherin und deren Vertreterin angegeben (s. dazu z.B. den , BFH/NV 1993, 611).

Bei dieser Rechts- und Sachlage kann offen bleiben, ob die Klägerin auch Ausführungen hätte machen müssen, wonach erkennbar gewesen wäre, dass ihr Prozessbevollmächtigter seine Bürokräfte regelmäßig belehrt und überwacht und so für die Einhaltung seiner Anordnungen Sorge getragen hat (s. hierzu etwa den Senatsbeschluss vom IV B 141/99, juris, und den , BFH/NV 1990, 649).

Die aufgezeigten Lücken in der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs können nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht mehr geschlossen werden; sie gehen zu Lasten der Klägerin.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1597 Nr. 12
IAAAA-68375