BFH Beschluss v. - II B 5/01

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschaftszweck waren die Errichtung mehrerer Gebäude mit Mietwohnungen im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau in A sowie ihre anschließende Vermietung. Projektiert hatte den Fonds die X-Grundstücksgesellschaft (X-GmbH), die auch den Fonds-Prospekt aufgelegt hatte. Die Vorgehensweise zur Gründung der Klägerin und zur Erreichung des Gesellschaftszwecks sowie die Regelungen des Gesellschaftsvertrages waren in sog. Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) niedergelegt, die die zunächst noch zu werbenden Gesellschafter der Klägerin jeweils durch die von ihnen abzugebenden schriftlichen Zeichnungserklärungen vollen Umfangs als für sie verbindlich anzuerkennen hatten. Mit diesen Zeichnungserklärungen bestätigten sie auch die in den AVB enthaltene Beauftragung und Bevollmächtigung des Immobilienkaufmanns G zum Abschluss eines Treuhandvertrages mit der X-GmbH, dessen Wortlaut in den AVB ebenfalls bereits vorgegeben worden war. Nach dem Treuhandvertrag bestellten die Gesellschafter der Klägerin die X-GmbH zu ihrer Treuhänderin und Geschäftsbesorgerin, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Klägerin die im Prospekt genannten Grundstücke erwerben und halten sowie die Gebäude errichten und verwalten sollte.

Die X-GmbH hatte die zu bebauenden Grundstücke bereits vor Auflegung des Prospekts erworben. Außerdem hatte sie als Vertreterin der Klägerin ohne Vertretungsmacht einen sog. Treuhandbankvertrag mit einem Kreditinstitut geschlossen, der ebenfalls in den AVB wiedergegeben worden war und den die Gesellschafter der Klägerin mit der Zeichnungserklärung genehmigten. Auf ein Konto bei dieser Bank waren die gezeichneten Geldbeträge einzuzahlen, die von der Bank nur nach Maßgabe der AVB wieder ausgezahlt werden durften. Außerdem hatten die Gesellschafter der Klägerin ihren gesamthänderischen Herausgabeanspruch aus dem geplanten Treuhandvertrag bezüglich der von der X-GmbH gehaltenen Grundstücke an diese Bank sicherungshalber abgetreten, zu deren Gunsten der Anspruch durch Vormerkung gesichert wurde.

Nach den AVB war vorgesehen, dass die X-GmbH nach vollständiger Zeichnung des prospektierten Kapitals eine sog. notarielle Zuordnung der Grundstücke auf die Klägerin vornehmen werde. Mit notarieller Urkunde vom gab die X-GmbH diese Zuordnungserklärung in Anwesenheit des G ab, der im selben Augenblick in Wahrnehmung seiner Stellung als Bevollmächtigter den Treuhandvertrag mit der X-GmbH abschloss. Die Zuordnung der Grundstücke erfolgte gegen Zahlung von 1 252 000 DM.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) sah in dem Abschluss des Treuhandvertrages verbunden mit der Zuordnungserklärung einen Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 und setzte die Steuer zunächst nach dem Zuordnungsentgelt unter Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Da zum einen die Bauzeichnungen für die zu errichtenden Gebäude bereits vor Auslegung des Prospektes, und damit vor Abschluss des Treuhandvertrages, erstellt, das Projekt vorher bereits durchkalkuliert und auch die Baugenehmigung schon vorher beantragt worden waren und zum anderen die X-GmbH den Auftrag zur schlüsselfertigen Errichtung der Gebäude —wenn auch erst nach Abgabe der Zuordungserklärung und nach Einholen mehrerer Angebote— an ein ihr verbundenes Unternehmen vergeben hatte, nahm das FA nach näherer Prüfung an, der Grundstückserwerb gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 habe Grundstücke in bebautem Zustand betroffen, und setzte die Grunderwerbsteuer mit Änderungsbescheid vom unter Einbeziehen der Kosten für die Erstellung der Gebäude in die Bemessungsgrundlage herauf.

Einspruch und Klage, mit denen sich die Klägerin gegen die Annahme eines einheitlichen aus Grundstücken und Gebäuden bestehenden Erwerbsgegenstandes wandte, blieben im Wesentlichen erfolglos. Wegen einiger Korrekturen bei der Bemessungsgrundlage setzte das Finanzgericht (FG) die Steuer allerdings geringfügig auf 357 132 DM herab. Während das FA die Steuerbescheide sowie die Einspruchsentscheidung gegen die Klägerin unter deren gemäß § 1 des Gesellschaftsvertrages geführten Namen richtete, fügte das FG im Rubrum seines Urteils dieser Bezeichnung die Namen und Anschriften der gegenwärtigen Gesellschafter der Klägerin an.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob das Aufführen der bei Ergehen der Vorentscheidung vorhandenen Gesellschafter im Rubrum des Urteils rechtmäßig ist. Die Frage sei deshalb von Bedeutung, weil einerseits mehrere der angeführten Gesellschafter bei Erlangung der Verwertungsbefugnis bezüglich der Grundstücke noch nicht Gesellschafter der Klägerin waren und andererseits mehrere Personen nicht aufgeführt seien, die damals noch Gesellschafter der Klägerin waren. Damit habe das FG ”Haftungsverhältnisse” begründet, die der materiellen Rechtslage nicht entsprächen. Das Urteil weiche insoweit auch von der Entscheidung des (BFHE 149, 12, BStBl II 1987, 325) ab. Außerdem habe das FG dadurch das Recht der mittlerweile ausgeschiedenen Gesellschafter auf Gehör verletzt.

Darüber hinaus komme der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob die Rechtsprechung zum einheitlichen Erwerbsgegenstand auf solche Fälle anwendbar sei, bei denen wegen der Inanspruchnahme der Wohnbauförderung die Bauleistungen im öffentlichen Wettbewerb auszuschreiben und nach den Bestimmungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) zu vergeben waren.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Dies richtet sich noch nach der Rechtslage vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I, 1757), wie sich aus Art. 4 dieses Gesetzes ergibt. Denn die angefochtene Entscheidung des FG ist vor dem verkündet worden.

1. Die erste der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen von angeblich grundsätzlicher Bedeutung ist bereits höchstrichterlich geklärt, und zwar durch das von der Klägerin selbst zitierte Urteil des BFH in BFHE 149, 12, BStBl II 1987, 325. Danach ist bei einem Grundstückserwerb durch mehrere Personen in GbR diese Gesellschaft Schuldner der Grunderwerbsteuer und kann der Steuerbescheid an die Gesellschaft unter dem Namen gerichtet werden, unter dem sie sich am Rechtsverkehr beteiligt. Im Streitfall sieht § 1 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich vor, dass die Klägerin den aus den Zeichnungserklärungen ersichtlichen Namen führt. Demnach durfte der Bescheid an die Gesellschaft unter dem Namen X Immobilienfonds Nr. 5 gerichtet werden. Auch das FG hätte sich im Rubrum seines Urteils mit dem Namen der Klägerin begnügen können. Dass es dies nicht getan hat, sondern zusätzlich die Gesellschafter der Klägerin zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils aufgeführt hat, war zwar überflüssig, ist aber unschädlich.

Aus dem zitierten Urteil des BFH geht nämlich weiter hervor, dass die gegen eine GbR festgesetzte Grunderwerbsteuer aus dem Gesellschaftsvermögen als einem Sondervermögen zu zahlen und es für die Inanspruchnahme der Gesellschaft als Steuerschuldnerin unerheblich ist, dass zwischen dem Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks und des Ergehens des Steuerbescheides einzelne Gesellschafter gewechselt haben. Dieser Gesellschafterwechsel berührt —so der BFH in o.a. Entscheidung— die Identität der Gesellschaft nicht und hat allenfalls Bedeutung für die Frage, welche gegenwärtigen oder früheren Gesellschafter ggf. für die Grunderwerbsteuer als Haftungsschuldner einzustehen haben. Daraus ergibt sich, dass die Haftungsfrage durch die Aufzählung der Gesellschafter, die im Streitfall nur zur an sich nicht mehr erforderlichen weiteren Identifizierung der Klägerin diente, nicht präjudiziert wird. Die Haftung früherer oder gegenwärtiger Gesellschafter für die Steuerschuld richtet sich vielmehr nach den Grundsätzen des (BGHZ 74, 240). Danach ist kein gegenwärtiger oder früherer Gesellschafter in seiner Rechtsverteidigung gegen eine mögliche Inanspruchnahme als Haftungsschuldner dadurch gehindert oder begünstigt, dass er im Rubrum der Vorentscheidung als Gesellschafter der Klägerin aufgeführt ist oder nicht.

Weiter folgt daraus ungeachtet dessen, ob überhaupt eine i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a.F. schlüssige Divergenz- bzw. Verfahrensrüge vorliegt, dass die Vorentscheidung nicht von dem zitierten Urteil des BFH abweicht und das Recht auf Gehör der Gesellschafter der Klägerin als mögliche Haftungsschuldner nicht verletzt sein kann.

2. Auch die weitere Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung, nämlich die Frage, ob die Rechtsprechung zum einheitlichen Erwerbsgegenstand auf solche Fälle anwendbar ist, bei denen wegen der Inanspruchnahme der Wohnbauförderung die Bauleistungen im öffentlichen Wettbewerb auszuschreiben und nach den Bestimmungen der VOB zu vergeben sind, ist nicht klärungsbedürftig. Mit Urteil vom II R 122/89 (BFH/NV 1993, 688) hat der BFH entschieden, für die Höhe der Gegenleistung komme es —wie beim rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Anspruchs auf Eigentumsübertragung— auch beim Erwerb der Verwertungsbefugnis an einem Grundstück entscheidend auf den vertraglich vereinbarten, und damit ggf. zukünftigen Zustand des Grundstücks an. Die zum einheitlichen Erwerbsgegenstand entwickelten Grundsätze (vgl. dazu , BFHE 189, 550, BStBl II 2000, 34) gelten unabhängig davon, weshalb die danach erforderlichen Voraussetzungen für den Erwerb eines bebauten Grundstücks geschaffen werden. Soweit die Voraussetzungen des Erwerbs eines bebauten Grundstücks vorliegen, sind die Kosten für die Errichtung des Gebäudes auch dann in die Bemessungsgrundlage gemäß den §§ 8 und 9 GrEStG 1983 einzubeziehen, wenn die gewählte Vertragsgestaltung auf die Inanspruchnahme der Wohnbauförderung zurückzuführen ist.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 812 Nr. 6
EAAAA-68171