BGH Urteil v. - 1 StR 658/16

Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Vorliegen eines länger andauernden Defekts

Gesetze: § 20 StGB, § 21 StGB, § 63 StGB

Instanzenzug: LG Kempten Az: 13 Ss 617/16

Gründe

1Das Landgericht hat die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB abgelehnt. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision.

2Das Rechtmittel hat weitgehend Erfolg.

I.

3Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

41. Der Beschuldigte leidet jedenfalls seit 2013 an einer wahnhaften Störung (ICD-10 F 22.0) mit Verfolgungs-, Vergiftungs- und Größenwahn. Krankheitsbedingt zog er sich weitgehend sozial isoliert in seine damalige Wohnung zurück. Dort entwickelte der Beschuldigte „Konzepte“, u.a. für eine „vertikale Windenergieanlage“, die er an Investoren veräußern wollte. Als Ausfluss seines Verfolgungswahns bildete sich bei ihm die Überzeugung, dass Mitglieder einer von ihm als „Organisation“ bezeichneten Gruppe seine „Konzepte“ ausspionieren wollten.

5Am Tattag im Juli 2015 befand der Beschuldigte sich in einer akuten wahnhaften Phase. Es hatte sich bei ihm die Überzeugung gebildet, dass er nunmehr von Mitgliedern der „Organisation“ nicht lediglich über das Internet ausspioniert, sondern tatsächlich verfolgt würde. Um sich dieser Verfolgung und Bedrohung zu entziehen, wandte sich der Beschuldigte zweimal in kurzem zeitlichen Abstand an die Beamten einer Polizeidienststelle mit dem Wunsch, ihn in „Schutzhaft“ zu nehmen. Dies wurde abgelehnt, weil die Beamten die vom Beschuldigten angegebene Bedrohung durch Personen, die ihn von einem gegenüber der Dienststelle gelegenen Café aus beobachten würden, nicht ausmachen konnten.

6Da der Beschuldigte sich krankheitsbedingt weiterhin durch Mitglieder der „Organisation“ verfolgt wähnte, verschaffte er sich Einlass in ein teils gewerblich und teils zu Wohnzwecken genutztes Haus. Er hatte den Entschluss gefasst, dieses in Brand zu setzen, damit die deshalb eintreffenden Einsatzkräfte ihn retten und so dem Zugriff der „Organisation“ entziehen würden. In Umsetzung dieses Plans beschädigte er im Keller des Anwesens zunächst einen Gaszähler so, dass Gas ausströmte. Dieses entzündete er mittels eines Feuerzeugs. Es entstand jedoch erwartungswidrig lediglich eine Stichflamme. Ein Übergreifen auf Gegenstände im Keller oder das Gebäude selbst blieb aus.

7Anschließend ließ der Beschuldigte aus einem vorgefundenen Kanister Benzin im Keller auslaufen und entzündete das Benzin wiederum mit dem Feuerzeug. Wie von ihm beabsichtigt, breitete sich das Feuer im Keller des Hauses rasch aus; u.a. wurden eine dort befindliche Holztür vom Feuer erfasst und elektrische Versorgungsleitungen zerstört. Der Brand weitete sich auch über den Kellerbereich hinaus aus und erreichte u.a. das hölzerne Treppengeländer der zum ersten Obergeschoss führenden Treppe. Sogar der Dachstuhl wurde derart stark verrußt, dass Sanierungsbedarf entstand. Hätte der Brand nicht durch die Feuerwehr gelöscht werden können, wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Übergreifen des Feuers sowohl auf das gesamte Treppenhaus als auch den Dachstuhl gekommen. Es entstand ein Sachschaden von insgesamt rund 180.000 Euro.

8Während des Brandgeschehens hielt sich der Beschuldigte im Keller versteckt. Dabei erlitt er eine schwere Rauchvergiftung. Aufgrund der vom Landgericht als krankhafte seelische Störung i.S.v. § 20 StGB gewerteten wahnhaften Störung war die Fähigkeit des Beschuldigten, das Unrecht seines Handelns einzusehen, nicht ausschließbar vollständig aufgehoben. Nach der Wertung des Tatgerichts ist der Beschuldigte krankheitsbedingt davon ausgegangen, sich in einem rechtfertigenden oder entschuldigenden Notstand zu befinden. Deshalb habe ihm die Unrechtseinsichtsfähigkeit - nicht ausschließbar - gefehlt.

92. Das Landgericht hat die Anlasstat als schwere Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB in Tateinheit mit Sachbeschädigung (§ 303 StGB) gewertet. Die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus ist nicht angeordnet worden. Es fehle bereits an dem von § 63 StGB vorausgesetzten „länger andauernden Zustand“. Darüber hinaus hat das Landgericht auch die erforderliche Wahrscheinlichkeit höheren Grades, dass der Beschuldigte in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, nicht anzunehmen vermocht. Es bestehe lediglich die Möglichkeit zukünftiger Verwirklichung solcher Delikte.

II.

10Das Urteil hält materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

11Die Ablehnung der Maßregelanordnung gemäß § 63 StGB weist durchgreifende Bedenken auf. Auf der Grundlage der getroffenen tatgerichtlichen Feststellungen erweisen sich die zur Verneinung der Unterbringungsvoraussetzungen angeführten Gründe als rechtsfehlerhaft.

121. Das Landgericht ist zwar im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass eine Unterbringung gemäß § 63 StGB lediglich dann in Frage kommt, wenn eine länger andauernde Beeinträchtigung der geistigen oder seelischen Gesundheit vorliegt, vorübergehende Defekte dagegen nicht ausreichen (, NJW 2016, 341; Beschluss vom - 4 StR 205/12, NStZ-RR 2012, 367; MükoStGB/van Gemmeren, 3. Aufl., § 63 Rn. 31 mwN). Die Erwägungen, mit denen es einen länger andauernden Zustand verneint hat, gehen jedoch von einem fehlerhaften Verständnis dessen aus und halten rechtlicher Überprüfung schon deshalb nicht stand.

13a) Für einen länger andauernden Defekt als solchen kommt es nicht darauf an, ob die Anlasstat in einer „Ausnahmesituation“ (UA S. 13) des über einen längeren Zeitraum an einer für die Schuldfähigkeit bedeutsamen psychischen Störung leidenden Täters erfolgt. Ein länger dauernder Zustand verlangt keine ununterbrochene Befindlichkeit. Entscheidend und für die Maßregelanordnung ausreichend ist vielmehr, dass der Zustand der Grunderkrankung länger andauert, sofern er dazu führt, dass schon alltägliche Ereignisse die akute erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können (vgl. , BGHSt 44, 369, 375 f., juris Rn. 32; vom - 2 StR 209/05, BGHR StGB § 63 Ablehnung 2, juris Rn. 17 und vom - 4 StR 387/15, juris Rn. 25; Beschlüsse vom - 2 StR 565/08, NStZ-RR 2009, 136, juris Rn. 9; vom - 4 StR 257/12, juris Rn. 7 und vom - 4 StR 161/16, juris Rn. 10 [NStZ-RR 2017, 108 nur redaktioneller Leitsatz] jeweils mwN). Das Erfordernis des länger andauernden Defekts resultiert aus dem Zweck der Maßregel des § 63 StGB, den an einer andauernden Störung leidenden Straftäter zu heilen oder ihn zumindest bei diesem Zustand zu pflegen, selbst wenn die Behandlung mit dem Ziel der Heilung nicht möglich ist (vgl. , BGHR StGB § 63 Zustand 1). Ist der Defektzustand lediglich vorübergehender Natur, ist der mit der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verbundene erhebliche Eingriff in das Freiheitsrecht dagegen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

14b) Die getroffenen Feststellungen belegen das Bestehen eines länger andauernden Defekts im vorgenannten Sinne bei dem Beschuldigten. Dieser litt bereits ab dem Jahr 2013, mithin rund zwei Jahre vor der Anlasstat, an einer wahnhaften Störung. Diese zeigte sich sowohl in Verfolgungs- und Vergiftungswahn als auch in Größenwahn (UA S. 4). Letzterer drückte sich ausweislich des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe in der Überzeugung des Beschuldigten aus, wirtschaftlich erfolgreich zu vermarktende „Konzepte“ wie etwa eine „vertikale Windenergieanlage“ entwickeln zu können. Der Verfolgungswahn bezog sich zunächst auf das Ausspionieren seiner Pläne durch die „Organisation“ über das Internet und spitzte sich im Tatzeitraum in der Vorstellung konkreter persönlicher Verfolgung durch Mitglieder der „Organisation“ zu (vgl. UA S. 4 und 5). Wie das Landgericht festgestellt hat, ist der Beschuldigte nach wie vor sowohl von der Existenz der „Organisation“ als auch davon überzeugt, dass diese weiterhin hinter seinen „brillanten Ideen her wären“ (UA S. 14). Damit beschreibt das Tatgericht das Bestehen eines über einen Zeitraum von wenigstens drei Jahren bestehenden Wahnsystems, das als wahnhafte Störung gemäß ICD-10 F 22.0 klassifiziert ist.

15Bei dem Beschuldigten ist aus den dargelegten Gründen eine bereits seit mehreren Jahren bestehende wahnhafte Störung gegeben, die behandlungsbedürftig ist (UA S. 14). Auch wenn das Landgericht einen konkreten Anlass für die (angebliche) „Ausnahmesituation“ nicht hat aufzuklären vermocht, legen die getroffenen Feststellungen einen Zustand des Beschuldigten nahe, bei dem in dem vorgenannten Sinne alltägliche Ereignisse, etwa die Wahrnehmung von Besuchern eines Cafés als vermeintliche Verfolger, eine Anlasstat auslösen können, bei der die Schuldfähigkeit wenigstens erheblich eingeschränkt ist.

162. Sollte das Landgericht - entgegen dem Wortlaut der Urteilsgründe - nicht das Vorliegen einer länger andauernden Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit, sondern den ebenfalls erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Zustand und der Anlasstat verneint haben, wäre dies ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei. Dieser symptomatische Zusammenhang besteht, wenn der festgestellte, für die Schuldfähigkeit bedeutsame Zustand des Täters kausal für die Anlasstat geworden ist (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 654/10, WuM 2011, 295 f. und vom - 4 StR 277/15, StV 2016, 725 f.), wobei Mitursächlichkeit genügt (van Gemmeren aaO § 63 Rn. 47 mwN).

17Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen konnte eine solche kausale Verknüpfung zwischen der wahnhaften Störung des Beschuldigten in ihrer konkreten Ausprägung und der Begehung der Brandstiftungstat nicht verneint werden. Denn das Verursachen des Feuers diente gerade dazu, Rettungskräfte zum Einsatz zu veranlassen, weil der Beschuldigte von diesen erwartete, gerettet zu werden, um dadurch der vermeintlichen Verfolgung durch Mitglieder der „Organisation“ zu entkommen (UA S. 5).

183. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades für die Begehung weiterer erheblicher Straftaten des Beschuldigten - entgegen der Einschätzung der psychiatrischen Sachverständigen - verneint hat, halten revisionsrechtlicher Prüfung ebenfalls nicht stand.

19a) Zwar hat das Landgericht, im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, angenommen, eine Unterbringung gemäß § 63 StGB dürfe nur erfolgen, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass der Täter infolge seines Zustands in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird, also solche, die eine schwere Störung des Rechtsfriedens zur Folge haben (st. Rspr.; vgl. nur , juris Rn. 9 mwN). Die zur Beurteilung dieser Voraussetzung erforderliche Gefährlichkeitsprognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstat(en) zu entwickeln (BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 520/12, NStZ-RR 2013, 141; vom - 3 StR 311/13, NStZ-RR 2014, 42; vom - 2 StR 239/15 und vom - 4 StR 167/15, StV 2016, 724; Urteile vom - 1 StR 445/16, juris Rn. 15 und vom - 1 StR 618/16, juris Rn. 10) und hat sich darauf zu erstrecken, ob und welche Taten von dem Beschuldigten infolge seines Zustands drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt (, RuP 2014, 31; , NStZ-RR 2016, 306; , juris Rn. 10). Dabei hat der Tatrichter die für die Entscheidung über die Unterbringung maßgeblichen Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzulegen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. De-zember 2016 - 1 StR 594/16, juris Rn. 3 aE; vom - 4 StR 78/16, juris Rn. 9 und vom - 4 StR 419/14, NStZ 2015, 394, 395; , juris Rn. 10; siehe auch Beschluss vom - 1 StR 265/15, NStZ-RR 2016, 76 f. mwN).

20b) Dem genügt das angefochtene Urteil nicht.

21Das Landgericht hat nicht sämtliche von ihm festgestellten prognoserelevanten Umstände in die Gefährlichkeitsprognose eingestellt. Es hat eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades der zukünftigen Begehung erheblicher Straftaten vor allem deshalb verneint, weil nicht festzustellen gewesen sei, aus welchem Grund der Beschuldigte in die zur Begehung der Anlasstat führende „Ausnahmesituation“ geraten war (UA S. 15). Angesichts dessen spreche gegen die zukünftige Gefährlichkeit, dass der Beschuldigte bereits seit wenigstens zwei Jahren vor der Anlasstat an der wahnhaften Störung gelitten und sozial isoliert in L.    gelebt habe, ohne dass es zur Begehung einer Straftat gekommen sei. Damit knüpft das Landgericht insoweit zwar im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend an die indizielle Bedeutung längerer Phasen trotz vorhandenen psychischen Defekts ausgebliebener Straftatbegehung an (siehe nur , NStZ-RR 2012, 337 f.; Urteil vom - 2 StR 170/14, NStZ 2015, 387, 388). Im Rahmen der gebotenen umfassenden Würdigung der prognoserelevanten Umstände nimmt es aber nicht erkennbar in den Blick, dass sich ausweislich der Urteilsgründe die konkrete Erscheinungsform jedenfalls des Verfolgungswahns des Beschuldigten im Verlaufe der Zeit erheblich verändert hat. Umfasste der Wahn zunächst lediglich die Vorstellung, die „Organisation“ würde seine „Konzepte“ über das Internet ausspionieren, glaubte er sich (spätestens) ab dem der Tat vorausgehenden Tag von Mitgliedern der „Organisation“ unmittelbar persönlich verfolgt und bedroht (UA S. 4). Von der Existenz der „Organisation“ und Zugehörigkeit sehr vieler Personen zu ihr, ist der Beschuldigte weiterhin ebenso überzeugt wie davon, die Mitglieder der „Organisation“ wollten weiterhin an seine „brillanten Ideen“ gelangen (UA S. 14). Ob der Beschuldigte auch zukünftig, jedenfalls für den Fall der geplanten Rückkehr in seine L.    er Wohnung (UA S. 15), seine Verfolgung fürchtet, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Die Gefährlichkeitsprognose ist daher nicht aus einer umfassenden Gesamtwürdigung entwickelt worden.

22c) Eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Begehung zukünftiger erheblicher Straftaten durch den Beschuldigten ist auch nicht aus anderen Gründen von vornherein ausgeschlossen. Abgesehen von dem Fortbestehen der Wahnvorstellungen fehlt es bei ihm an jeglicher Krankheitseinsicht. Er verweigert zudem die Einnahme der ärztlicherseits für erforderlich gehaltenen Medikamente (UA S. 14). Die psychiatrische Sachverständige ist von einer „hohen Rückfallgeschwindigkeit“ für die Begehung der Anlasstat gleichartiger Taten ausgegangen, wenn der Beschuldigte wieder in eine soziale Isolation gerate, wie in den Jahren vor der Anlasstat. Wie sich aus der Beweiswürdigung des Landgerichts ergibt, plant der Beschuldigte, in die Wohnsituation zurückzukehren, aus der heraus es zu der Zuspitzung seiner Wahnvorstellungen, insbesondere seines Verfolgungswahns, gekommen ist.

234. Angesichts des Gewichts der möglichen zukünftigen Straftaten (schwere Brandstiftung) wäre die Anordnung der Maßregel des § 63 StGB auch nicht von vornherein unverhältnismäßig. Das angefochtene Urteil beruht damit auf den dargelegten Rechtsfehlern.

245. Diese führen zur Aufhebung der getroffenen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Geschehen der Anlasstat.

25a) Von der Aufhebung nicht betroffen (vgl. § 353 Abs. 2 StPO) sind die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum äußeren Geschehen der Anlasstat. Diese können ausnahmsweise bestehen bleiben, weil sie auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten beruhen. Die teilweise Aufrechterhaltung bedingt die Verwerfung der weitergehenden Revision der Staatsanwaltschaft.

26b) Der neue Tatrichter wird sorgfältig zu prüfen haben, ob - wovon die psychiatrische Sachverständige ausgegangen ist - krankheitsbedingt die Steuerungsfähigkeit sicher (zumindest) erheblich eingeschränkt war oder die Einsichtsfähigkeit vollständig aufgehoben war, was das Landgericht nicht auszuschließen vermocht hat. Der Senat weist darauf hin, dass eine Unterbringung gemäß § 63 StGB lediglich dann rechtlich zulässig ist, wenn die Anlasstat im Zustand sicher wenigstens erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen worden ist (st. Rspr.; vgl. nur , juris Rn. 10 [NStZ-RR 2017, 108 nur redaktioneller Leitsatz]) und es für die Gefährlichkeitsprognose regelmäßig der Klärung bedarf, ob die Einsichtsfähigkeit oder die Steuerungsfähigkeit in relevanter Weise beeinträchtigt war (, juris Rn. 6).

27Im Rahmen der jeweils auf den Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung zu beziehenden Gefährlichkeitsprognose (, NStZ-RR 2011, 41, 42; van Gemmeren aaO § 63 Rn. 61 mwN) wird die bis dahin eingetretene Entwicklung bei dem Beschuldigten, vor allem hinsichtlich der wahnhaften Störung und ihrer eventuellen Behandlung sowie der sonstigen prognoserelevanten Lebensumstände, ebenso in den Blick zu nehmen sein wie bei Vorliegen der dafür gemäß § 67b Abs. 1 Satz 1 StGB auch erforderlichen „besonderen Umstände“ eine Aussetzung des Vollzugs der Maßregel.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:090517U1STR658.16.0

Fundstelle(n):
KAAAG-56098