BFH Beschluss v. - VI B 26/01

Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) arbeitete bei der X-GmbH als sog. Prozentlohnbedienung in einem Z-Restaurant und erhielt dort freiwillige Trinkgelder. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) schätzte die Höhe der Trinkgelder bei der Festsetzung der Einkommensteuer für die Streitjahre 1994 bis 1998 auf jeweils 2,5 v.H. des Kellnerumsatzes. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) begründet seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, die Trinkgeldschätzung des FA nach § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) sei im Streitfall notwendig und nicht überzogen. Es stehe mit der Lebenserfahrung nicht im Einklang, dass ein Kellner in einem Z-Restaurant im Allgemeinen geringere Trinkgelder erziele als in Gaststätten vergleichbaren Niveaus. Dafür, dass der Kläger im nennenswerten Umfang nur Reisegruppen bedient habe und in diesem Zusammenhang weniger Trinkgeld anfalle, bestünden keine Anhaltspunkte. Die Schätzung des FA sei auch nicht unverhältnismäßig hoch.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Er beantragt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Die Schätzung mit 2,5 v.H. des Kellnerumsatzes sei zu hoch. Die Rechtsfrage, welcher Prozentsatz für die Berechnung heranzuziehen sei, berühre das Interesse der Allgemeinheit, insbesondere das der Kellnerschaft, da diese ein Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts hätten. Insofern habe die Streitsache grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfrage sei auch klärungsbedürftig, weil die Rechtslage nicht eindeutig sei und unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen zur Höhe der Schätzung vorlägen.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist jedenfalls unbegründet.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO— i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze —2.FGOÄndG—, BGBl I 2000, 1757). Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift können nur Rechtsfragen, nicht Tatfragen haben. Wird die Unrichtigkeit der Schätzung und damit die fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts gerügt, kann dies —wie schon nach dem gleichlautenden § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.— regelmäßig nicht zur Revisionszulassung führen (vgl. Beschlüsse des , BFH/NV 2000, 333, und vom I B 37/99, BFH/NV 2000, 729). Auch im Streitfall hängt die Frage, in welcher Höhe der Kläger Trinkgelder bezogen hat, von einer Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls ab, die Sache des Tatrichters ist.

Eine Entscheidung ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO n.F.). Weil die Schätzung der Höhe der Trinkgelder von einer Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls abhängt, ist eine einheitliche Rechtsprechung insoweit weder möglich noch erforderlich. Die Höhe freiwillig gewährter Trinkgelder im Gaststättengewerbe hängt von vielen Umständen tatsächlicher Art ab, z.B. von der Lage, dem Kundenkreis, dem Niveau, dem Warenangebot der Gaststätte, aber auch dem Verhalten des einzelnen Kellners gegenüber seinen Gästen u.Ä. Eine einheitliche Rechtsprechung lässt sich bei der Vielfalt der maßgebenden Faktoren nicht herbeiführen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1386 Nr. 11
XAAAA-67252