BGH Beschluss v. - 3 StR 546/16

Revision im Strafverfahren: Prüfung der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Adhäsionsantrages bei Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch

Gesetze: § 352 StPO, § 404 Abs 1 StPO

Instanzenzug: LG Wuppertal Az: 24 KLs 11/16

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen zu Jugendstrafe verurteilt. Außerdem hat es beiden Nebenklägerinnen im Adhäsionsverfahren ein Schmerzensgeld zugesprochen. Mit seiner auf den Strafausspruch beschränkten Revision beanstandet der Angeklagte, gestützt auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts, die Bemessung der Jugendstrafe. Die Überprüfung des Strafausspruchs hat aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

21. Entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts hat auch die Adhäsionsentscheidung Bestand.

3Zwar führt er zutreffend aus, dass es hier an von den Nebenklägerinnen wirksam gestellten Adhäsionsanträgen mangelt. Der Adhäsionsantrag des Verletzten ist eine von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung für den Ausspruch über die Entschädigung (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 426/07, StV 2008, 127; vom - 4 StR 542/08, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 6; LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 404 Rn. 1 mwN). Nach dem eindeutigen Wortlaut seines - auf die Aufhebung des Strafausspruches gerichteten - Revisionsantrags hat der Angeklagte die Adhäsionsentscheidung jedoch nicht angefochten (s. auch § 406a Abs. 3 Satz 2 StPO), so dass diese gemäß § 352 StPO nicht der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegt. Die Beschränkung des Rechtsmittels hat dazu geführt, dass die Adhäsionsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. - für die Anfechtung des Schuld- und Strafausspruchs durch die Staatsanwaltschaft - , BGHSt 52, 96, 98; so auch Radtke/Hohmann/Merz, StPO, § 406a Rn. 3; enger - nur bei Rechtskraft auch des Schuldspruchs - OLG Celle, Beschluss vom - 32 Ss 184/14, StraFo 2015, 327 f.; LR/Hilger aaO, § 406a Rn. 9; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 406 Rn. 6 mwN).

4Eine Fallgestaltung, in der trotz Teilrechtskraft das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen zu berücksichtigen ist, ist hier nicht gegeben. Insoweit ist von Folgendem auszugehen:

5Wenn im Verfahren wegen einer oder mehrerer Taten nur einzelne Bestandteile des Urteils, etwa der Strafausspruch, angefochten werden (sog. horizontale Teilrechtskraft), sind Verfahrensvoraussetzungen stets zu prüfen; denn sie betreffen unmittelbar auch die angefochtenen Bestandteile. Wenn im Verfahren wegen mehrerer Taten das Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen einzelner Taten beschränkt wird (sog. vertikale Teilrechtskraft), ist danach zu differenzieren, ob die Einzelstrafen, gegen die sich die Revision wendet, mit den rechtskräftigen Einzelstrafen auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen waren. In diesem (Regel-)Fall ist durch die Beschränkung des Rechtsmittels auch hinsichtlich der von ihm ausgenommenen Taten insoweit keine Rechtskraft eingetreten, als die Gesamtstrafe in Frage steht, so dass Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen sind. Hatte das Tatgericht eine solche Gesamtstrafe indes nicht zu bilden, wirkt sich das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung, soweit Rechtskraft eingetreten ist, nicht mehr aus (so , BGHSt 8, 269, 270 f.; vgl. zum Ganzen - weitergehend gegen die Beachtlichkeit von Verfahrenshindernissen in den Fällen vertikaler Teilrechtskraft - LR/Franke aaO, § 337 Rn. 26, § 344 Rn. 66; Meyer-Goßner/Schmitt aaO, Einl Rn. 151 ff., jew. mwN).

6Übertragen auf die hier zu beurteilende Verfahrenskonstellation bedeuten diese Grundsätze, dass das Fehlen der Verfahrensvoraussetzung der wirksamen Antragstellung nicht mehr zu prüfen ist, wenn die Adhäsionsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist. Bei dem teilangefochtenen strafrechtlichen Teil des Urteils einerseits und seinem nicht angefochtenen bürgerlich-rechtlichen Teil andererseits handelt es sich um voneinander verschiedene Prozessgegenstände, wobei die Verfahrensvoraussetzung ausschließlich den Adhäsionsausspruch betrifft, für den Strafausspruch indes keine Bedeutung gewinnen kann.

72. Dass der Generalbundesanwalt gemäß § 349 Abs. 4 StPO beantragt hat, das teilangefochtene Urteil im Adhäsionsausspruch aufzuheben und von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abzusehen, hindert den Senat nicht, die Revision insgesamt gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen; denn der Aufhebungsantrag bezieht sich allein auf den von der Revision nicht angefochtenen Teil des Urteils. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung des Senats.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:230217B3STR546.16.0

Fundstelle(n):
DAAAG-53614